Hüftarthrose (Coxarthrose) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Hüftarthrose (Coxarthrose) ist eine degenerative Gelenkerkrankung, bei der es zu einem fortschreitenden Abbau des Gelenkknorpels im Hüftgelenk kommt. Der altersbedingte Verschleiß allein ist nicht die Hauptursache der Coxarthrose. Vielmehr beginnt die Gelenkzerstörung häufig mit einer akuten Schädigung des Gelenkknorpels, beispielsweise durch ein Trauma oder seltener durch Infektionen. Als pathogenetische Mechanismen werden eine insuffiziente Matrixsynthese und/oder ein vermehrter Zelltod der Chondrozyten (Knorpelzellen) diskutiert.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Initialer Pathomechanismus:

  • Übermäßige Belastung des Gelenks: Wiederholte Mikrotraumata durch mechanische Überlastung, wie bei sportlichen Aktivitäten oder schwerer Arbeit, können den Knorpelabbau beschleunigen.
  • Minderwertiger Knochen und Knorpel: Eine genetisch bedingte oder erworbene Schwäche des Knorpels kann die Gelenkstabilität beeinträchtigen und zur Entwicklung einer primären Coxarthrose beitragen.
  • Primäre Coxarthrose: Die Ursachen der primären Form sind weitgehend unbekannt, man vermutet jedoch anlagebedingte Minderwertigkeit des Gelenkknorpels. Diese Form der Arthrose tritt häufig in Verbindung mit Arthrosen in anderen Gelenken oder der Lendenwirbelsäule auf.

Molekulare und zelluläre Veränderungen:

  • Insuffiziente Matrixsynthese: Die Synthese der extrazellulären Matrix wird gestört, was die Stabilität des Knorpelgewebes schwächt und den Abbauprozessen Vorschub leistet.
  • Vermehrte Apoptose der Chondrozyten: Der Zelltod der Knorpelzellen (Chondrozyten) führt zu einer verminderten Knorpelregeneration, was den Abbau weiter beschleunigt.

Entwicklung struktureller Veränderungen:

  • Knorpelabbau: Der fortschreitende Verlust der Knorpelsubstanz führt zu einer zunehmenden Exposition des subchondralen Knochens und verstärkten mechanischen Reibungen im Gelenk.
  • Gelenkverformung: Die fortschreitende Knorpeldegeneration führt zu einer Verengung des Gelenkspalts, was schließlich zu Deformierungen des Hüftgelenks führt.

Sekundäre pathophysiologische Mechanismen

Veränderungen in der Gewebsarchitektur:

  • Entwicklung einer sekundären Coxarthrose: Diese Form der Arthrose entwickelt sich in der Regel früher als die primäre Form und kann durch verschiedene Faktoren begünstigt werden, wie z. B. Gelenktraumata, Vorerkrankungen des Gelenks, Stoffwechselstörungen (z. B. Diabetes mellitus) und Adipositas.
  • Gelenkdeformierung und Instabilität: Fortgeschrittene degenerative Veränderungen können zu einer Instabilität und Fehlstellung des Hüftgelenks führen, was die Symptomatik weiter verschlechtert.

Beteiligung des umgebenden Gewebes:

  • Synovitis: Im Zuge der fortschreitenden Arthrose kann es zu einer Entzündung der Gelenkinnenhaut (Synovitis) kommen, die mit Schmerzen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen einhergeht.
  • Degeneration der periartikulären Strukturen: Die umliegenden Bänder und Muskeln werden durch die ständige mechanische Überlastung geschwächt, was zu weiteren Funktionsstörungen führt.

Klinische Manifestation

Leitsymptome:

  • Schmerzen: Schmerzen im Hüftbereich, die bei Belastung zunehmen und in Ruhe nachlassen. Diese treten typischerweise in der Leiste oder im Oberschenkel auf und strahlen bis in das Kniegelenk aus.
  • Bewegungseinschränkung: Eingeschränkte Beweglichkeit des Hüftgelenks, insbesondere bei Drehbewegungen und beim Gehen. Es kommt zu einem steifen Gefühl, besonders nach Ruhephasen.

Fortgeschrittene Symptome:

  • Gelenkverformung: Mit fortschreitender Erkrankung verformt sich das Hüftgelenk zunehmend, was zu einer sichtbaren Veränderung der Körperhaltung und einer Verkürzung der betroffenen Extremität führen kann.
  • Funktionsverlust: Der zunehmende Knorpelabbau und die Gelenkveränderungen führen zu einer deutlich eingeschränkten Belastbarkeit und Mobilität, was die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigt.

Progression und Organbeteiligung

Lokale Gewebeveränderungen:

  • Osteophytenbildung: Als Reaktion auf die Knorpeldegeneration bildet der Körper knöcherne Anbauten (Osteophyten) im Bereich des Hüftgelenks, die zu zusätzlichen Bewegungseinschränkungen führen.
  • Subchondrale Sklerose: Der subchondrale Knochen verdickt sich als Reaktion auf den fortschreitenden Knorpelverlust und die mechanische Belastung, was zu einer weiteren Beeinträchtigung der Gelenkfunktion führt.

Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen:

  • Beeinträchtigung der Mobilität: Die fortschreitende Arthrose führt zu einer zunehmenden Einschränkung der Gehfähigkeit, was letztlich zu einer Immobilität und zur Abhängigkeit von Gehhilfen oder Rollstühlen führen kann.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften:

  • Verlust der Gelenkfunktion: Der fortschreitende Knorpelabbau und die Gelenkverformungen führen zu einer deutlichen Beeinträchtigung der mechanischen Stabilität und Belastbarkeit des Hüftgelenks.

Reduzierte Funktionalität:

  • Bewegungseinschränkung und Funktionsverlust: Mit dem Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu einer zunehmenden Reduktion der Hüftbeweglichkeit, was alltägliche Aktivitäten wie Gehen, Treppensteigen oder Bücken erheblich erschwert.
  • Schmerzentstehung: Der Kontakt zwischen den Knochen im Gelenk verursacht starke Schmerzen, insbesondere bei Belastung, aber auch im Ruhezustand.

Arthrose und Inflammation (Entzündung)

Eine niedriggradige Inflammation (Entzündung) scheint bei der Arthrose (Osteoarthritis) eine größere Rolle zu spielen als radiologische Veränderungen, die als Zeichen einer Degeneration sichtbar sind. Dies wurde bei der Bestimmung der hs-CRP-Serumspiegel (high sensitivity C-reaktives Protein; Entzündungsparameter) festgestellt, die im Vergleich zur Kontrollgruppe leicht, aber statistisch signifikant erhöht waren [3].

Klinisch zeigen etwa 50 % der Arthrosepatienten Anzeichen einer synovialen Entzündung. Diese Synovitis (Entzündung der Gelenkinnenhaut) kann bereits bei geringen Beschwerden auftreten, selbst wenn strukturelle Veränderungen nur geringfügig sind. Typisch ist eine Infiltration von Immunzellen wie Monozyten/Makrophagen und T-Lymphozyten (CD4-T-Zellen). Ferner sind bei diesem Prozess verschiedene proinflammatorische Zytokine (z. B. Tumor-Nekrose-Faktor-alpha [TNF-α], Interferon-gamma [IFN-γ]), Wachstumsfaktoren und Neuropeptide beteiligt, die die Entzündungsreaktion verstärken und den Knorpelabbau fördern.

Zusammenfassung

Die Hüftarthrose (Coxarthrose) ist eine degenerative Gelenkerkrankung, die durch strukturelle und funktionelle Veränderungen im Gelenk charakterisiert ist. Neben mechanischen Überbelastungen und genetischen Faktoren spielen entzündliche Prozesse eine wesentliche Rolle bei der Pathogenese. Die fortschreitende Knorpeldegeneration führt zu Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und einer deutlichen Reduktion der Lebensqualität.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern: z. B. durch Vitamin-D-Rezeptor (VDR)-Genpolymorphismen
    • In der asiatischen Population gab es signifikante Zusammenhänge zwischen VDR-Apal-Polymorphismen und Arthrose, nicht jedoch in der Gesamtpopulation [1]
    • Es bestand ebenfalls ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen FokI-Polymorphismen und Arthrose; allerdings wurde dieses Ergebnis nur aus zwei Studien abgeleitet [1]
  • Lebensalter – altersbedingte Knorpeldegeneration durch verminderte Stoffwechselaktivität
  • Berufe – Berufe mit lang andauernden schweren körperlichen Belastungen (z. B. Bauarbeiter); insb. Heben und Tragen schwerer Lasten über längere Zeit (2-2,5-fache Risiko) [4]

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – ≥ 20 Gläser Bier/Woche führen zu einem signifikanten Anstieg des Risikos für Coxarthrose und Gonarthrose; Personen, die 4 bis 6 Gläser Wein pro Woche tranken, hatten ein geringeres Risiko für Gonarthrose [2].
  • Körperliche Aktivität
    • Unterbelastung des Knorpels
      • Mangelnde körperliche Bewegung – Der Knorpel bezieht seine Mikronährstoffe aus der Gelenkflüssigkeit und ist auf Bewegung zur „Knorpeldurchwalkung“ angewiesen.
      • Nutritive Schädigung – Z. B. durch längere Ruhestellung im Gipsverband.
    • Überbelastung des Knorpels
      • Leistungs- und Hochleistungssport – Kann zu einer erhöhten Gelenkbelastung führen.
      • Berufliche Belastungen – Lang andauernde, schwere körperliche Belastungen, insbesondere Heben und Tragen schwerer Lasten über längere Zeit, steigern das Risiko (2-2,5-faches Risiko) [4].
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)
    • Führt zu einer Überbeanspruchung der Gelenke.
    • Hinweis: Sport ist nur dann gesund, wenn die Gelenke dabei nicht beschädigt werden oder keine Vorerkrankungen vorliegen.

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Chronische Arthropathie – eine Reihe von Erkrankungen kann zu einer sekundären Gelenkerkrankung führen. Dabei können sowohl entzündliche als auch nicht entzündliche Vorgänge eine Rolle spielen. Beispiele sind Gelenkveränderungen bei Hyperurikämie (Gicht) – Harnsäure-bedingt, Diabetes mellitus – Glucose-bedingt, Hämophilie (Bluterkrankheit) oder Lepra.
  • Durchblutungsstörung des Hüftkopfes
  • Entzündliche Gelenkerkrankungen
  • Fehlstellung (Varus – Valgus)
    • Coxa plana (Hüftgelenksdeformität durch Abflachung des Femurkopfes (Oberschenkelknochenkopf))
    • Coxa valga luxans – flache Pfannenbildung
    • Coxa vara ("auswärtsgebogene" Hüfte)
    • Subluxation – unvollständige Verrenkung
  • Kongenitale Hüftgelenksdysplasie – angeborene Fehlentwicklung des Hüftgelenks
  • Perthes-Krankheit – idiopathische (ohne erkennbare Ursache) kindliche Hüftkopfnekrose
  • Posttraumatische Ereignisse – nach Gelenktrauma/Gelenkverletzung; Luxation (Verrenkung/Auskugelung)
  • Rheumatische Gelenkerkrankungen
  • Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus, Hyperurikämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut)/Gicht
  • Subluxation – unvollständige Verrenkung der Hüfte

Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten

  • Hyperurikämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut)

Weiteres

  • Beckenschiefstand (= Beinlängendifferenz < 2 cm)?

Literatur

  1. Zhu ZH, Jin XZ, Zhang W, Chen M, Ye DQ, Zhai Y, Dong FL, Shen CL, Ding C: Associations between vitamin D receptor gene polymorphisms and osteoarthritis: an updated meta-analysis. Rheumatology (Oxford). 2014 Feb 4.
  2. Muthuri SG, Zhang W, Maciewicz RA, Muir K, Doherty M: Beer and wine consumption and risk of knee or hip osteoarthritis: a case control study. Arthritis Res Ther. 2015 Feb 5;17(1):23.
  3. Jin X, Beguerie JR, Zhang W, Blizzard L, Otahal P, Jones G, Ding C: Circulating C reactive protein in osteoarthritis: a systematic review and meta-analysis. Ann Rheum Dis. 2015 Apr;74(4):703-10. doi: 10.1136/annrheumdis-2013-204494
  4. Bergmann A et al.: Hüftgelenksarthrose: Körperliche Belastung im Beruf als Risiko. Ein systematisches Review zur Risikoabschätzung. Dtsch Arztebl Int 2017; 114(35-36): 581-8; doi: 10.3238/arztebl.2017.0581