Hallux valgus – Operative Therapie
Beim Hallux valgus gibt es eine Vielzahl von Operationsverfahren, die je nach genauer Symptomatik eingesetzt werden können. Therapieziel ist die Schmerzreduktion.
Indikation
- Eine Operation des Hallux valgus ist nur bei Symptomatik indiziert.
Kontraindikation (Gegenanzeige)
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
Die Operationsverfahren
Es werden mehr als 100 Operationsverfahren beschrieben, wobei sich diese auf nachfolgende beschriebenen Verfahren reduzieren lassen:
- OP nach Akin (Korrekturosteotomie*; Synonym: Umstellungs-Osteotomie) – Dazu wird aus dem Grundglied der Großzehe ein knöcherner Keil entnommen, nach Korrektur der Fehlstellung um eben diesen Winkel (des Keils) wird die Osteotomie (Durchtrennung von Knochen) mit einer Knochennaht, einer Klammer oder einer Schraube fixiert.
- Arthrodese (Versteifung) des Grundgelenks oder Basisosteotomie bei schwerer Deformität (Korrekturosteotomie), d. h. höhergradigen Gelenkschäden (im Sinne eines Hallux rigidus/durch arthrotische Veränderungen steif gewordenes Großzehengrundgelenk)
- OP nach Austin (= Chevron-Osteotomie; Korrekturosteotomie) ‒ wird bei weniger ausgeprägter Deformität, d. h. bei leichter bis mittelschwerer Fehlstellungen eingesetzt
- OP nach Hohmann (Korrekturostetomie)
- OP nach Hueter (Resektionsarthroplastik/Formänderung durch Entfernung von Gewebe)
- OP nach Keller-Brandes (Resektionsarthroplastik) ‒ wird meist beim älteren Patienten eingesetzt
- OP nach Lapidus ‒ Lapidus-Arthrodese (Versteifung) des ersten Tarsometatarsalgelenks, dem Gelenk zwischen erstem Mittelfußknochen (lat. Ossa metatarsalia (Mehrzahl) bzw. Os metatarsale (Einzahl) und Mittelfuß; wird bei Arthrose oder instabilem Gelenk durchgeführt
- OP nach McBride (Weichteilbalanzierung mit Verlagerung der Adduktorensehne)
- OP nach Scarf (Korrekturosteotomie; Scarf-Osteotomie) ‒ wird bei mittelschweren Formen des Hallux valgus, d. h. bei weniger ausgeprägter Deformität, eingesetzt
- Minimal-invasive retrokapitale Osteotomie MT I
- Weichteileingriff (Weichteilbalanzierung – meist in Kombination mit Basisosteotomie)
*Ob der Intermetatarsalwinkel zu korrigieren ist, oder ob z. B. die Adduktorensehne zu durchtrennen ist, muss jeweils anhand der Deformität entschieden werden.
Welche der genannten Operationsverfahren am geeignetsten ist, lässt sich aufgrund randomisierter kontrollierter Studien nicht sagen, da diese keine hinreichenden Fallzahlen und eine zu geringe Nachbeobachtungszeit haben.
Folgende Empfehlungen können in Abhängigkeit von der Schwere der Deformität ausgesprochen werden:
- Milde Deformitäten: Osteotomie distal am Metatarsale I (insbesondere die Chevron-Osteotomie)
- Schwere Deformitäten: Weichteileingriff am Großzehengrundgelenk sowie in aller Regel auch eine Osteotomie an der Basis des Metatarsale I.
- Arthrose: Bei Vorliegen einer Arthrose des Gr0ßzehengrundgelenkes sowie bei alten Patienten führen eine Arthrodese des Großzehengrundgelenkes oder eine Resektionsarthroplastik zum besten Ergebnis.
- Hallux valgus et rigidus (Hallus rgidus: arthrotische Veränderungen des steif gewordenen Großzehengrundgelenk): Rekonstruktive Verfahren sind hier nicht mehr angezeigt, da sich die Gelenkbeweglichkeit meist nicht mehr ausreichend erholt. Häufig bleiben auch die Schmerzen erhalten.
Mögliche Komplikationen
- Wundheilungsstörungen (2-4 %)
- Osteonekrose (Knochennekrose)
- MT-I-Köpfchens bei distaler Osteotomie
- Sesambeine bei lateralem Release (Freigabe)
- Verkürzung des ersten Strahls
- Funktionsbehinderung im Großzehengrundgelenk
- Hallux varus (Überkorrektur)
- Pseudarthrose (gestörte Knochenbruchheilung mit der Entstehung eines Falschgelenks)
- Fehlstellungsrezidiv
- Funktionseinschränkungen bei Streck- und Beugesehnenläsionen
- Chronisches regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
Nachbehandlung
- Volle Belastung des Fußes in einem flachen Verbandsschuh oder Vorfußentlastungsschuh für 6 Wochen. Der Verbandsschuh stellt im Regelfall einen Halbschuh mit flacher und steifer Sohle dar.
- Bei rekonstruktiven Eingriffen wird das Operationsergebnis mit redressierenden Verbänden gesichert, bis die Weichteile in der angestrebten Position verheilt sind (Dauer: 6 Wochen; täglicher Verbandswechsel durch den Patienten)
- Wg. Ödemneigung regelmäßiges Hochlegen der Füße
- Osteosynthesematerial kann nach ca. 6-9 Monaten postoperativ entfernt werden (bei älteren Patienten kann dieses belassen werden, wenn es keine Beschwerden macht).
Weitere Hinweise
- Eine Metaanalyse [1] zeigt, dass die üblichen OP-Verfahren zur Korrektur des Hallux valgus nicht ausreichend empirisch abgesichert sind.
Als Ausgangslage für alle Verfahren wurde der initiale intermetatarsale Winkel mit 14 bis 15° genommen; postoperativ lag eine Korrektur des Winkels auf 7 bis 8° vor. Weder der Hallux-vallgus-Winkel noch der Foot and Ankle Outcome Score (FAOS) hatten einen nachweisbaren Einfluss auf das OP-Verfahren.
Die Arthrodese (Versteifung durch absichtlich herbeigeführtes Zusammenwachsen zweier vorher gelenkig verbundener Knochen) zeigte tendenziell ungünstigere Ergebnisse, allerdings war aufgrund der geringen Fallzahl der Befund nicht aussagekräftig.
Fazit: Alle Verfahren zeigten nahezu identische Resultate, was sowohl das gemessene als auch das klinische Outcome betrifft. Es stellt sich nun die Frage, ob die Ausprägung der Fehlstellung überhaupt relevant für die Indikationsstellung ist?!
Literatur
- Ettinger S et al.: Systematische Meta-Analyse der vorliegenden Literatur zu Hallux-Valgus-Chirurgie 08.11.2022 | DKOU 2022 | Nachrichten