Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) – Einleitung
Als Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) – früher als Wegenersche Granulomatose bezeichnet – versteht man eine nekrotisierende Vaskulitis (entzündliche Gefäßveränderung) der kleinen bis mittelgroßen Gefäße, die mit einer Granulombildung (Knötchenbildung) einhergeht. Diese Granulome treten vor allem in den oberen Atemwegen (Nase, Nasennebenhöhlen, Mittelohr, Oropharynx) sowie in den unteren Atemwegen (Lunge) auf. Die Entzündung der Blutgefäße wird durch immunologische Reaktionen ausgelöst.
Thesaurus-Synonyme und ICD-10: Allergische Angiitis und Granulomatose; glomeruläre Krankheit bei Wegener-Granulomatose; glomeruläre Störung bei Wegener-Granulomatose; Glomerulonephritis bei Wegener-Granulomatose; Granuloma gangraenescens; granulomatöse Polyangiitis; Granulomatosis Wegener; Klinger-Wegener-Churg-Syndrom; Lungengranulomatose; McBride-Stewart-Syndrom [Granuloma gangraenescens]; Morbus Wegener; Nekrotisierende Granulomatose im Bereich der Atemwege; rhinogene Granulomatose; Riesenzellengranuloarteriitis; Riesenzellgranuloarteriitis Wegener-Klinger-Churg; Wegener-Granulomatose; Wegener-Klinger-Churg-Syndrom; Wegener-Klinger-Churg-Syndrom mit Lungenbeteiligung; Wegener-Krankheit; Wegener-Krankheit mit Lungenbeteiligung; Wegenersche Granulomatose (oder in anderer Reihenfolge Wegener-Klinger-Churg-Syndrom); Wegener-Syndrom
Die Granulomatose mit Polyangiitis gehört zur Gruppe der ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV). ANCA steht für anti-neutrophile cytoplasmatische Antikörper. ANCA-assoziierte Vaskulitiden sind Systemerkrankungen, das heißt, sie können annähernd alle Organsysteme befallen.
Im Rahmen der Granulomatose mit Polyangiitis liegt in ca. 80 % der Fälle eine Nierenbeteiligung wie eine Glomerulonephritis (Entzündung der Glomeruli (Nierenkörperchen)) oder Mikroaneurysmen (Ausbuchtungen in der Gefäßwand der Kapillaren) vor.
Charakteristische Laborbefunde
- Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA)
- cANCA (zytoplasmatisches ANCA): cANCA, speziell gegen Proteinase-3 (PR3), ist ein hochsensitiver und spezifischer Marker für GPA. Ein positiver cANCA-Test unterstützt stark die Diagnose.
- pANCA (perinukleäres ANCA): pANCA kann auch bei GPA vorkommen, ist jedoch häufiger bei anderen Vaskulitiden wie der mikroskopischen Polyangiitis.
- Entzündungsparameter
- C-reaktives Protein (CRP): Erhöhte CRP-Werte weisen auf eine systemische Entzündungsreaktion hin.
- Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG): Erhöhte Werte deuten ebenfalls auf eine aktive Entzündung hin.
- Nierenfunktionsparameter (bei Nierenbeteiligung)
- Kreatinin und Harnstoff: Erhöhte Werte können auf eine Nierenbeteiligung hinweisen, die häufig bei GPA auftritt.
- Urinteststreifen: Nachweis von Proteinurie und Hämaturie als Zeichen einer Glomerulonephritis.
- Vollblutbild
- Leukozytose: Häufig findet sich eine erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen als Reaktion auf die systemische Entzündung.
- Anämie: Eine normozytäre, normochrome Anämie (Blutarmut) kann als Zeichen der chronischen Erkrankung auftreten.
- Immunologische Parameter
- Komplementfaktoren: Normalerweise sind die Komplementfaktoren bei GPA nicht signifikant erniedrigt, was sie von anderen Formen der Vaskulitis unterscheidet, wie z. B. der Lupusnephritis.
Formen der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA)
- Klassische Granulomatose mit Polyangiitis (GPA): Diese Form betrifft hauptsächlich die Atemwege und Nieren. Sie ist gekennzeichnet durch nekrotisierende Granulome und Vaskulitis in den oberen und unteren Atemwegen sowie Glomerulonephritis.
- Lokalisierte GPA: Betroffen sind hauptsächlich die oberen Atemwege und die Lunge. Es liegt keine Nierenbeteiligung vor. Diese Form kann später in die klassische Form übergehen.
- Generalisiert GPA: Diese Form betrifft multiple Organsysteme, einschließlich der Nieren, der oberen und unteren Atemwege, der Haut, der Augen und des Nervensystems. Sie ist durch systemische Symptome wie Fieber, Gewichtsverlust und allgemeines Unwohlsein gekennzeichnet.
- Renal-limitierte GPA: Diese Form manifestiert sich hauptsächlich in den Nieren und führt zu einer schnell fortschreitenden Glomerulonephritis. Die Atemwege sind in der Regel nicht betroffen.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen.
Häufigkeitsgipfel: Die Granulomatose mit Polyangiitis kann in jedem Lebensalter auftreten.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) der Granulomatose mit Polyangiitis liegt bei circa 5 Erkrankungen pro 100.000 Personen.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) der Granulomatose mit Polyangiitis beträgt ca. 0,9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Immunsuppressive Therapie: Durch den Einsatz von immunsuppressiven Therapien hat sich die Lebenserwartung der Betroffenen deutlich verbessert.
- Rezidive: Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) sind häufig, sodass die Patienten engmaschig kontrolliert werden sollten. Risikofaktoren für ein Rezidiv sind unter anderem:
- PR3-ANCA, die zu einer Verdopplung der Rezidivrate führen.
- Ein frühes Ende der Glucocorticoidtherapie.
- Geringere Cyclophosphamid-Gesamtdosis/Therapiedauer.
- Gute Nierenfunktion erhöht ebenfalls das Rezidivrisiko.
- Infekte, insbesondere durch Staphylococcus aureus, können Rezidive triggern und erhöhen die Rezidivrate im HNO-Bereich.
Prognose
- Ohne Therapie: Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei der Granulomatose mit Polyangiitis ohne adäquate Therapie bei wenigen Monaten (< 6 Monate).
- Mit Therapie: Mit einer adäquaten Therapie liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei > 85 %.
- Organschäden: Treten im Laufe der Erkrankung Organschäden, insbesondere Nierenschäden, auf, verschlechtert sich die Prognose.
- Infektionen: Infektionen können sich unter einer Immunsuppressionstherapie leichter entwickeln und die Prognose negativ beeinflussen.
Leitlinien
- Schirmer JH, Aries P, De Groot K et al.: S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie der ANCA-assoziierten Vaskulitiden. Z Rheumatol Dez 2017, Volume 76, Supplement 3, pp 77–104
- Annals of the Rheumatic Diseases: EULAR recommendations for the management of ANCA-associated vasculitis: 2022 update. BMJ Journals Februar 2023.