Fibromyalgie – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Fibromyalgie ist eine chronische, weitverbreitete Schmerzerkrankung, deren genaue Ursache bislang nicht vollständig geklärt ist. Es wird jedoch angenommen, dass eine Kombination aus neurobiologischen, hormonellen und immunologischen Faktoren zur Entstehung der Erkrankung beiträgt. Die Symptome umfassen diffuse Schmerzen in Muskeln und Gelenken, Müdigkeit und Schlafstörungen. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen Störungen des zentralen Nervensystems und der hormonellen Achse Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren, die zu einer fehlerhaften Schmerzverarbeitung führen.
Primäre pathophysiologische Mechanismen
Initialer Pathomechanismus:
- Schlafstörungen: Studien zeigen, dass Schlafstörungen ein wichtiger Auslöser der Fibromyalgie sein könnten. Insbesondere ein nicht erholsamer Schlaf und eine Störung der Tiefschlafphasen (REM-Phase) werden mit der Krankheitsentstehung in Verbindung gebracht.
- Hormonelle Dysregulation: Ein Ungleichgewicht in der Konzentration verschiedener Hormone, insbesondere des Wachstumshormons (somatotropes Hormon, STH) und des Cortisols, spielt eine zentrale Rolle in der Pathogenese der Fibromyalgie.
- Wachstumshormon (STH): Eine verminderte Freisetzung von STH kann zu einer gestörten Muskelregeneration und einer verminderten Reparaturfähigkeit des Gewebes führen, was die Schmerzentstehung begünstigt.
- Cortisol: Bei Fibromyalgie-Patienten ist die Konzentration von Cortisol, einem Hormon, das katabole (abbauende) Stoffwechselvorgänge aktiviert, häufig dysreguliert. Ein zu niedriger Cortisolspiegel kann die Fähigkeit des Körpers beeinträchtigen, Stress zu bewältigen, und die Schmerzwahrnehmung verstärken.
Molekulare und zelluläre Veränderungen:
- Störung der Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse (HPA-Achse): Die HPA-Achse reguliert die Reaktion des Körpers auf Stress und steuert die Ausschüttung von Cortisol. Bei Patienten mit Fibromyalgie ist die Funktion dieser Achse gestört, was zu einer verminderten Stressresistenz und einer erhöhten Schmerzsensitivität führt.
- Folge: Eine anhaltende Dysregulation der HPA-Achse führt zu chronischem Stress, einer erhöhten Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen und einer Überaktivierung der Schmerzrezeptoren im Gehirn.
Neurobiologische Veränderungen:
- Zentrale Sensitivierung: Ein zentrales Element in der Pathogenese der Fibromyalgie ist die zentrale Sensitivierung. Hierbei kommt es zu einer verstärkten Reizwahrnehmung und Überempfindlichkeit im zentralen Nervensystem. Die Schmerzverarbeitung im Gehirn ist fehlerhaft, sodass harmlose Reize als schmerzhaft empfunden werden.
- Mechanismus: Eine Überaktivität der Nervenzellen im Rückenmark und Gehirn führt dazu, dass Schmerzsignale verstärkt werden und die Schmerzwahrnehmung chronisch erhöht ist.
Sekundäre pathophysiologische Veränderungen
Veränderungen in der Gewebsarchitektur:
- Muskelschmerzen und Muskelverspannungen: Die gestörte Hormonregulation und die zentrale Sensitivierung führen zu diffusen Muskelschmerzen und anhaltenden Muskelverspannungen.
- Folge: Chronische Muskelverspannungen und mangelnde Regeneration können zu einer weiteren Verschlechterung der Schmerzsymptome beitragen.
Beteiligung des autonomen Nervensystems:
- Dysfunktion des autonomen Nervensystems: Es wird diskutiert, ob zusätzlich eine Störung des autonomen Nervensystems bei der Fibromyalgie vorliegt. Dies könnte die Regulation von Herzfrequenz, Blutdruck und anderen vegetativen Funktionen beeinträchtigen.
- Folge: Symptome wie Herzrasen, Schwindel oder Magen-Darm-Beschwerden könnten ebenfalls durch die Fehlfunktion des autonomen Nervensystems ausgelöst werden.
Klinische Manifestation
Leitsymptome:
- Diffuse Schmerzen: Patienten berichten über weitverbreitete, unspezifische Schmerzen in Muskeln, Sehnen und Gelenken. Diese Schmerzen sind meist symmetrisch und chronisch.
- Verstärkung bei Belastung: Die Schmerzen verschlimmern sich typischerweise bei körperlicher Belastung, Stress oder Kälte.
- Müdigkeit und Erschöpfung: Ein weiteres Hauptsymptom der Fibromyalgie ist eine ausgeprägte Müdigkeit und Erschöpfung, die den Alltag stark einschränken kann.
- Schlafstörungen: Schlafprobleme, insbesondere ein nicht erholsamer Schlaf, verschärfen die Symptome und tragen zur Erschöpfung bei.
Fortgeschrittene Symptome:
- Kognitive Beeinträchtigungen: Viele Patienten berichten über Konzentrations- und Gedächtnisprobleme („Fibro-Fog“).
- Kognitive Symptome: Diese können durch die ständige Belastung durch Schmerzen und Schlafmangel verstärkt werden.
- Psychische Beschwerden: Depressive Verstimmungen, Angstzustände und Stimmungsschwankungen treten häufig im Zusammenhang mit der Fibromyalgie auf.
Progression und Organbeteiligung
Lokale Gewebeveränderungen:
- Muskel- und Sehnenveränderungen: Durch die chronischen Schmerzen und Verspannungen kommt es zu einer anhaltenden Überlastung der Muskulatur, die die Beweglichkeit weiter einschränkt.
- Folge: Die ständige Muskelanspannung kann zu Triggerpunkten und einer Verschlechterung der muskulären Funktion führen.
Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen:
- Chronische Erschöpfung: Die Kombination aus chronischen Schmerzen und Schlafstörungen führt zu einer erheblichen Erschöpfung und einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Alltag.
- Folge: Patienten haben häufig Schwierigkeiten, ihren normalen Tagesablauf zu bewältigen und sind in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt.
Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden
Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften:
- Bewegungseinschränkungen: Durch die ständigen Schmerzen und Muskelverspannungen sind die Patienten in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt.
- Folge: Betroffene vermeiden oft körperliche Aktivitäten, was die Muskelkraft weiter reduziert und zu einer Verschlechterung der Kondition führt.
Langfristige Folgen:
- Lebensqualität: Die chronischen Schmerzen, Müdigkeit und kognitiven Beeinträchtigungen haben einen erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten.
- Folge: Viele Patienten entwickeln psychische Begleiterkrankungen wie Depressionen, die die Symptome der Fibromyalgie weiter verstärken.
Regenerative und kompensatorische Prozesse
Versuche der Geweberegeneration:
- Gestörte Muskelregeneration: Eine verminderte Freisetzung von Wachstumshormonen und Cortisol beeinträchtigt die Regeneration von Muskel- und Bindegewebe, was zur Verschlimmerung der Symptome beiträgt.
Kompensatorische Anpassungsmechanismen:
- Vermeidung von körperlicher Belastung: Viele Patienten neigen dazu, körperliche Aktivitäten zu vermeiden, um die Schmerzen zu reduzieren. Dies führt jedoch zu einer weiteren Schwächung der Muskulatur und verstärkt den Schmerz.
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Folge: Ein Teufelskreis aus Schmerz, Bewegungsvermeidung und Muskelschwäche setzt ein, der die Erkrankung chronisch macht.
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Limitierende Faktoren für Regeneration und Heilung:
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Chronische Entzündungsreaktionen: Entzündungsfördernde Zytokine und die gestörte Funktion der HPA-Achse verhindern eine vollständige Heilung und führen zu einer dauerhaften Verschlechterung der Symptome.
Zusammenfassung
Die Fibromyalgie ist eine komplexe Erkrankung, die durch eine Kombination von Schlafstörungen, hormonellen Dysregulationen und zentralen Sensitivierungen verursacht wird. Die Störung der Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse und die fehlerhafte Schmerzverarbeitung im zentralen Nervensystem führen zu chronischen Schmerzen, Müdigkeit und kognitiven Beeinträchtigungen. Trotz der multifaktoriellen Pathogenese bleibt die genaue Ursache der Erkrankung unklar. Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen.
Ätiologie (Ursachen)
Folgende biologischen und psychosozialen Faktoren sind mit der Entwicklung eines FMS assoziiert (Risikoindikatoren).
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung – genetische Faktoren sind wahrscheinlich, da das FMS familiär gehäuft vorkommt; Kandidatengene im serotonergen, dopaminergen und katecholaminergen System
- Genpolymorphismen des 5HT2-Rezeptors
- Frühkindliche Traumata und Gewalterfahrungen
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
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- Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
- Genussmittelkonsum
- Tabak (Rauchen)
- Körperliche Aktivität
- Körperliche Inaktivität
- Psycho-soziale Situation
- Emotionaler Stress
- Stress am Arbeitsplatz
- Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)
Krankheitsbedingte Ursachen
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
- Infektionen
- Insomnie (Schlafstörungen) wie Durchschlafstörungen (insbesondere Schlafstörungen in den tiefen Schlafphasen)
- Lyme-Borreliose*
- Reizdarmsyndrom (RDS)
- Raynaud-Syndrom
- Rheumatologische Erkrankungen
- Traumata* (Verletzungen, Unfälle)
- Verschiedene Infektionen wie Hepatitis C oder eine HIV-Infektion*
*Daten sind widersprüchlich!