Fibromyalgie – Symptome – Beschwerden
Folgende Symptome und Beschwerden können auf eine Fibromyalgie hinweisen:
Folgende Kernsymptome werden für die Diagnose eines FMS gefordert – Symptomtrias von [1, 2]:
- Chronischen Schmerzen in mehreren Körperregionen (Häufigkeit > 80 %)
- Müdigkeit bzw. Erschöpfungsneigung (körperlich und/oder geistig) (Häufigkeit > 70 %)
- Insomnie bzw. nicht erholsamer Schlaf (Häufigkeit 60-70 %)
Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf eine Fibromyalgie und werden oft zuerst bemerkt:
- Brennende oder nagende Schmerzen: Anhaltende Schmerzen, die durch spezifische Reize wie Kälte, feuchtes Wetter, Stress, körperliche Überanstrengung, Angst oder Schlafmangel verstärkt werden (Häufigkeit > 80 %)
- Tender Points (druckschmerzhafte Punkte): Besonders schmerzempfindliche Stellen, vor allem an den Muskelansätzen am Hinterkopf, am Ellenbogen und an der Innenseite des Knies (Häufigkeit 70-80 %)
Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:
- Angst (Angststörungen): Können mit Fibromyalgie einhergehen (Häufigkeit 50-60 %)
- Depressive Stimmungslage: Treten oft bei Fibromyalgie-Patienten auf (Häufigkeit 50-60 %)
- Dysmenorrhoe (Regelschmerzen): Kann bei Frauen mit Fibromyalgie verstärkt auftreten (Häufigkeit 30-40 %)
- Kognitive Störungen: Probleme mit der Konzentration und dem Kurzzeitgedächtnis, häufig als "Fibro-Fog" bezeichnet (Häufigkeit 40-50 %)
- Lichtempfindlichkeit (Photophobie): Wird bei vielen Patienten beobachtet (Häufigkeit 30-40 %)
- Morgensteifigkeit: Steifheit im Bereich des Körperstamms, der Hüften und des Schultergürtels, besonders morgens nach dem Aufstehen (Häufigkeit 60-70 %)
- Parästhesien (Sensibilitätsstörungen): Kribbeln oder Taubheitsgefühl, besonders in den Händen und Füßen (Häufigkeit 30-40 %)
- Reizdarm: Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen, Durchfall oder Verstopfung, die oft mit Fibromyalgie einhergehen (Häufigkeit 40-50 %)
Beachte: Eine Untergruppe von Fibromyalgie-Patienten kann eine subklinische Zöliakie (gluteninduzierte Enteropathie) oder eine nicht zöliakiebezogene Glutenempfindlichkeit aufweisen [3]. - Schwellungsgefühl an den Händen: Gefühl von Schwellungen in den Händen, obwohl keine tatsächliche Schwellung vorliegt (Häufigkeit 30-40 %)
- Spannungskopfschmerz: Häufigkeit 40-50 %
- Schwindel (Vertigo): Kann durch Veränderungen der Körperhaltung oder Stress ausgelöst werden (Häufigkeit 30-40 %)
- Vegetative Störungen: Symptome wie kalte Hände und Füße, übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrose) und Mundtrockenheit (Xerostomie) (Häufigkeit 40-50 %)
Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:
- Allgemeine Müdigkeit: Kann bei vielen chronischen Erkrankungen auftreten und ist nicht spezifisch für Fibromyalgie (Häufigkeit 50-60 %)
Kriterien für die klinische Diagnose des FMS (AWMF-Leitlinie FMS)
Symptom |
Kriterien |
Obligates Hauptsymptom | Definition des chronischen Schmerzes nach ACR |
Obligate weitere Symptome |
Müdigkeit (körperlich und/oder geistig) und Schlafstörungen und/oder nicht erholsamer Schlaf und Schwellungs- und/oder Steifigkeitsgefühl der Hände und/oder der Füße und/oder des Gesichts |
Ausschlussdiagnostik | Ausschluss einer körperlichen Erkrankung, welche das typische Symptommuster nicht ausreichend erklärt |
Überschneidungen zwischen den FMS-typischen Symptomen und gynäkologischen bzw. endokrinologischen Krankheitsbildern:
- Chronischen Unterbauchschmerzen („chronic pelvic pain“) der Frau; betrifft ca. 15 % aller Frauen
- Dysmenorrhoe (Regelschmerzen); Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei bis zu 80 % der Frauen in Deutschland
- Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr); Prävalenz liegt bei ca. 10 % aller Frauen in Deutschland
- Klimakterische Syndrom
- Libidostörungen; Prävalenz einer reduzierten Libido bei prämenopausalen Frauen im Alter von 20 bis 49 Jahren wird auf 22-43 % geschätzt
- Vaginismus (Scheidenkrampf); Angaben zur Prävalenz schwanken zwischen 4 und 42 % aller Frauen
- Vulvodynie – Missempfindungen und Schmerzen der äußeren primären Geschlechtsorgane, die länger als drei Monate ohne identifizierbarer Ursache andauern; Beschwerden sind lokalisiert bzw. generalisiert über den gesamten Perinealbereich (Gewebebezirk zwischen dem Anus und den äußeren Geschlechtsorganen); ggf auch als gemischte Form vorliegend; Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) der essenziellen Vulvodynie: 1-3 %
- Unspezifische Symptome: Antriebsstörungen, depressive Episode, Leistungsabfall, Stimmungsschwankungen
Die genannten Überschneidungen stellen eine Herausforderung für den Frauenarzt da!
Siehe ggf. auch unter Differentialdiagnosen der genannten Symptome bzw. Erkrankungen.
Weitere Hinweise
- In einer retrospektiven Erhebung bei 1.111 Fibromyalgie-Patienten zeigte sich [4]:
- 89 % chronische Gelenkschmerzen, zusätzlich zur muskulären Symptomatik
- 75 % Depression
- 62 % Migräne
Literatur
- Wolfe F et al.: The American College of Rheumatology preliminary diagnostic criteria for fibromyalgia and measurement of symptom severity. Arthritis Care Res (Hoboken) 2010; 62:600-610
- Wolfe F et al.: Fibromyalgia criteria and severity scales for clinical and epidemiological studies: a modification of the ACR preliminary diagnostic criteria for fibromyalgia. J Rheumatol 2011 Jun;38(6):1113-22. doi: 10.3899/jrheum.100594. Epub 2011 Feb 1.
- Garcia-Leiva JM et al.: Celiac symptoms in patients with fibromyalgia: a cross-sectional study. Rheumatol Int. 2014 Aug 15.
- Vincent A et al.: A cross-sectional assessment of the prevalence of multiple chronic conditions and medication use in a sample of community-dwelling adults with fibromyalgia in Olmsted County, Minnesota. BMJ Open 2015;5:e006681 doi:10.1136/bmjopen-2014-006681
Leitlinien
- DGS-PraxisLeitlfaden: Fibromyalgie (Teil1: DIagnsose). August 2022 DGS Praxisleitfaden Teil 1