Fibromyalgie – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Fibromyalgie dar.
Familienanamnese
- Wie ist der allgemeine Gesundheitszustand Ihrer Angehörigen?
- Gibt es in Ihrer Familie Erkrankungen, die häufig vorkommen? (z. B. rheumatische Erkrankungen (rheumatoide Arthritis), Autoimmunerkrankungen (Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom) oder Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus))
Soziale Anamnese
- Welchen Beruf üben Sie aus?
- Sind Sie in Ihrem Beruf körperlichen Belastungen ausgesetzt?
- Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen oder Belastungen aufgrund Ihrer familiären Situation?
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Leiden Sie unter chronischen Schmerzen an mehreren Körperstellen?
- Welche Körperregionen sind betroffen?
- Wie lange bestehen die Beschwerden bereits?
- Wie würden Sie den Schmerz beschreiben? (z. B. dumpf, brennend, stechend)
- Wie stark sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10?
- 0-2: kein/kaum Schmerz
- 3-4: bei Ablenkung ist der Schmerz nicht mehr im Mittelpunkt
- 5-6: Schmerz behindert Gehen, Ein- und Durchschlafen
- 7-8: Bedürfnis sich hinzulegen, Ablenkung nicht mehr möglich, gesamtes Denken kreist um den Schmerz*
- 9-10: unaushaltbare, fürchterliche Schmerzen, der Patient "möchte schreien" oder schreit tatsächlich*
- Sind die Schmerzen abhängig von:
- Kälte oder Wetterveränderungen?
- Körperlicher Belastung?
- Ruhephasen oder Schlaf?
- Haben Sie zusätzliche Beschwerden bemerkt, wie:
- Schlafstörungen (Einschlaf- und Durchschlafstörungen)?
- Morgensteifigkeit der Gelenke?
- Müdigkeit und Erschöpfung?
- Konzentrationsstörungen oder Gedächtnisprobleme?
- Depressive Verstimmung oder Angst?
- Sensibilitätsstörungen (z. B. Kribbeln in den Händen oder Füßen)?
- Reizdarmsymptome wie Bauchschmerzen oder Durchfall?
- Kopfschmerzen oder Spannungskopfschmerzen?
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Sind Sie übergewichtig? Bitte nennen Sie Ihr aktuelles Gewicht (kg) und Ihre Körpergröße (cm).
- Hat sich Ihr Gewicht in letzter Zeit ungewollt verändert?
- Haben Sie Ihren Appetit als verändert wahrgenommen?
- Treiben Sie regelmäßig Sport? Wenn ja, wie oft und welche Sportart?
- Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten pro Tag?
- Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welche Getränke und in welcher Menge?
Eigenanamnese
- Vorerkrankungen:
- Rheumatische Erkrankungen?
- Chronische Infektionen (z. B. Epstein-Barr-Virus)?
- Erkrankungen des Nervensystems (z. B. Polyneuropathie)?
- Schilddrüsenerkrankungen (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis, Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion))?
- Depression oder Angststörungen?
- Haben Sie größere Operationen durchlaufen?
- Bestehen bekannte Allergien?
- Schwangerschaften: Gab es Auffälligkeiten in der Vergangenheit?
Medikamentenanamnese
- Arthralgie (Gelenkschmerzen) und Myalgie (Muskelschmerzen) unter Aromatasehemmern und Interferonen
- Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren (PPI) Säureblocker)
- Statine (Statintherapie mit oder ohne CK-Erhöhung)
- Weitere Medikamente siehe unter "Arzneimittelnebenwirkungen" unter "Schmerzhafte Myopathien durch Medikamente.
Diagnostische Kriterien der Fibromyalgie nach ACR (American College of Rheumatology)
Zur Diagnose der Fibromyalgie sind die ACR-Kriterien hilfreich. Sie beinhalten folgende Anforderungen:
- Ausgedehnte Schmerzen in der Anamnese. Schmerzen werden als ausgedehnt angesehen, wenn alle der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Schmerzen in der linken Körperhälfte
- Schmerzen in der rechten Körperhälfte
- Schmerzen oberhalb der Taille
- Schmerzen unterhalb der Taille
- Schmerzen des Achselskelettes (Halswirbelsäule, Brustkorb, thorakale Wirbelsäule, Kreuzschmerzen)
- Mindestens 11 der folgenden 18 Punkte (Tender Points** bzw. Triggerpunkte) sind druckschmerzhaft:
- Okziput (Hinterkopfregion – Ansatz der subokzipitalen Muskeln an der Schädelbasis)
- Unterer Zervikalbereich (Nackenregion – Querfortsätze der Halswirbel C5-C7)
- Muskulus trapezius (Trapeziusmuskel – Ursprung des Trapezmuskels im oberen Rückenbereich)
- Muskulus supraspinatus (Obergrätenmuskel – ein Skelettmuskel, dieser verläuft nahezu horizontal oberhalb der Schulter)
- 2. Rippe (Ansatzpunkte an der Rippe, nahe dem Brustbein)
- Lateraler Epicondylus (Ellenbogenaußenseite – Knochenvorwölbung auf der seitlich gelegenen Stelle des Oberarmknochens (Humerus))
- Glutealbereich (Gesäßbereich – oberer äußerer Quadrant des Gesäßmuskels)
- Trochanter major (seitliche Hüfte – Ansatzpunkt des Trochanter major (Oberschenkelknochen))
- Knie (Innenseite der Kniegelenke – mediale Fettpolster der Knie)
**Die 18 Tenderpoints bei Fibromyalgie sind symmetrisch am Körper verteilt, wobei es insgesamt 9 Paare gibt, also jeweils links und rechts, die zusammen die 18 Tenderpoints ergeben.
Die Palpation (Betasten) im Rahmen der körperlichen Untersuchung sollte unter Verwendung mittelmäßigen Drucks ausgeführt werden. Ein druckschmerzhafter Punkt kann als positiv angesehen werden, wenn der Patient den Druck als schmerzhaft empfindet. "Empfindlichkeit" (Tender) ist nicht gleichbedeutend mit "schmerzhaft".
Die Diagnose einer Fibromyalgie lässt sich aufgrund der typischen Schmerzanamnese von mindestens dreimonatiger Dauer stellen, wobei mindestens 11 der 18 Tender Points (druckschmerzhafte Punkte) bei der körperlichen Untersuchung nachweisbar sein müssen.
* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.