Fersensporn – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Entstehung des Fersensporns wird als multifaktoriell angesehen. Es handelt sich dabei in den meisten Fällen um eine mechanische Überlastungsreaktion, die zu wiederholten Mikrotraumata im Bereich des Fersenbeins führt. Diese Mikrotraumata verursachen eine Reizung und letztendlich die Ansammlung von Knochenmaterial an den Sehnenansätzen, was zur Bildung dornartiger Knochenauswüchse (Osteophyten) führt. Je nach Lokalisation unterscheidet man zwischen dem unteren Fersensporn (plantarer Kalkaneussporn) und dem oberen oder hinteren Fersensporn (Haglund-Ferse bzw. Haglund-Exostose).

Untere Fersensporn (plantarer Kalkaneussporn)

Der untere Fersensporn ist die häufigste Form und entsteht durch eine Überlastung der Plantaraponeurose (derben Sehnenplatte der Fußsohle), die sich an der Unterseite des Fersenbeins befindet.

Initialer Pathomechanismus:

  • Mechanische Überlastung: Wiederholte Belastungen der Fußsohle, wie sie bei Stehen, Gehen oder Laufen auftreten, führen zu einer chronischen Überbeanspruchung der Plantaraponeurose.
  • Repetitive Mikrotraumata: Die mechanische Belastung verursacht kleine Verletzungen im Bereich der Plantaraponeurose, die durch eine mangelnde Regeneration zu Entzündungsreaktionen und zur Ablagerung von Knochenmaterial führen.

Molekulare und zelluläre Veränderungen:

  • Knochenneubildung: Die repetitive Überlastung und Mikrotraumata regen die Knochenzellen zur Bildung von neuem Knochengewebe an, das sich am Fersenbein anlagert.
  • Entzündungsreaktion: Die dauerhafte Reizung der Plantaraponeurose führt zu einer Entzündungsreaktion, die als Plantarfasziitis bezeichnet wird. Diese Entzündung fördert die Ablagerung von Knochenmaterial und verschlimmert die Beschwerden.

Entwicklung struktureller Veränderungen:

  • Kalkaneussporn: Im Bereich des Sehnenansatzes am Fersenbein bildet sich ein dornartiger Knochenauswuchs, der bei Belastung schmerzhaft werden kann. Diese Form des Fersensporns tritt typischerweise bei Personen mit Plattfuß oder Knick-Senkfuß auf, da die Fußlängsgewölbe abgeflacht sind und die Belastung auf die Plantaraponeurose erhöht ist.

Obere bzw. hintere Fersensporn (Haglund-Exostose)

Der obere oder hintere Fersensporn entsteht am Ansatz der Achillessehne am Fersenbein und wird auch als Haglund-Exostose bezeichnet. Diese Form des Fersensporns ist entweder anlagebedingt oder erworben und betrifft häufig sportlich aktive Menschen.

Initialer Pathomechanismus:

  • Verkürzte Wadenmuskulatur: Bei einer verkürzten Wadenmuskulatur kommt es beim Abrollen des Fußes zu einer unzureichenden Dehnung der Muskulatur, was die Belastung auf den Ansatz der Achillessehne und die Plantarfaszie erhöht.
  • Überlastung der Achillessehne: Wiederholte mechanische Belastung und Zugkräfte an der Achillessehne verursachen eine Reizung und führen zur Knochenneubildung an deren Ansatz.

Molekulare und zelluläre Veränderungen:

  • Knochenanlagerung: Ähnlich wie beim unteren Fersensporn wird durch die chronische Überlastung und die Reizung der Achillessehne neues Knochengewebe am Fersenbein angelagert.
  • Entzündungsreaktion: Die fortlaufende Reizung des Sehnenansatzes führt zu einer Entzündungsreaktion, die schließlich zur Bildung der Haglund-Exostose führt.

Entwicklung struktureller Veränderungen:

  • Haglund-Exostose: Die Verknöcherung am hinteren Fersenbein (Fersenbeinhöcker) verursacht eine Verdickung und Verhärtung der betroffenen Region, die besonders beim Tragen von Schuhen zu Schmerzen führen kann.
  • Retrokalkaneare Bursitis: Im Verlauf der Erkrankung kann es zu einer Entzündung des Schleimbeutels (Bursa) hinter dem Fersenbein kommen, was als retrokalkaneare Bursitis bezeichnet wird. Diese Entzündung verschlimmert die Beschwerden und führt zu einer weiteren Einschränkung der Beweglichkeit.

Beteiligung des umgebenden Gewebes:

  • Sehnen und Schleimbeutel: Die chronische Reizung der Achillessehne und die mechanische Belastung des Schleimbeutels hinter dem Fersenbein führen zu einer dauerhaften Entzündungsreaktion und einer Verdickung des Gewebes.
  • Muskuläre Dysbalance: Eine verkürzte oder überbeanspruchte Wadenmuskulatur trägt zur Entstehung und Verschlimmerung der Haglund-Exostose bei.

Klinische Manifestation

Leitsymptome:

  • Schmerzen beim Gehen: Patienten mit einem unteren Fersensporn klagen über stechende Schmerzen an der Fußsohle, insbesondere nach dem Aufstehen oder bei längeren Gehstrecken.
  • Schmerzen im Bereich der Ferse: Bei einem oberen Fersensporn treten Schmerzen im Bereich des Achillessehnenansatzes auf, insbesondere bei Druck durch Schuhe oder sportliche Aktivitäten.

Fortgeschrittene Symptome:

  • Bewegungseinschränkungen: Die Patienten haben oft Schwierigkeiten beim Gehen und Stehen, was durch die fortschreitende Entzündung und die Bildung des Knochenauswuchses verstärkt wird.
  • Schwellung und Entzündung: In fortgeschrittenen Fällen treten Schwellungen und eine ausgeprägte Entzündung im Bereich des Fersenbeins auf, die die Beschwerden weiter verschlimmern.

Zusammenfassung

Der Fersensporn, der sowohl in der unteren als auch in der oberen bzw. hinteren Ferse auftreten kann, ist eine Folge von mechanischer Überlastung, die zu Mikrotraumata und Knochenneubildungen führt. Während der untere Fersensporn durch eine Überbeanspruchung der Plantaraponeurose verursacht wird, entsteht der obere Fersensporn durch eine Reizung der Achillessehne. Beide Formen führen zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, wobei die Haglund-Exostose zusätzlich durch eine Entzündung des Schleimbeutels verschlimmert werden kann.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Übermäßige Kalorienzufuhr – Fördert Übergewicht, was die Belastung der Füße erhöht und das Risiko für einen Fersensporn steigert.
    • Mikronährstoffmangel – Ein Mangel an Calcium und Vitamin D kann die Knochenstabilität beeinträchtigen.
  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen) – Beeinträchtigt die Durchblutung der unteren Extremitäten und kann die Heilung von Mikrotraumen im Fersenbereich verzögern.
  • Körperliche Aktivität
    • Fehlbelastung und Überbelastung des Fußes – Insbesondere durch unsachgemäße Sportausführung oder exzessive körperliche Belastungen.
    • Laufsportarten – Langstreckenläufer sind aufgrund der wiederholten Stoßbelastungen besonders gefährdet.
    • Plötzliche Belastungswechsel – Ein abruptes Training nach einer längeren Sportpause erhöht das Risiko eines Fersensporns.
  • Körperliche Inaktivität
    • Bewegungsmangel führt zu einer Schwächung der Fußmuskulatur, was die Belastung der Sehnenansätze verstärken kann.
  • Schuhwerk
    • Wechsel von gut gepolsterten Schuhen zu solchen mit dünnen Sohlen erhöht die Druckbelastung auf die Ferse.
    • Ungeeignetes Schuhwerk ohne ausreichende Dämpfung oder Stütze fördert Fehlbelastungen.
  • Arbeitsbedingungen
    • Überwiegend stehende Tätigkeiten führen zu einer kontinuierlichen Belastung der Ferse.
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)
    • Erhöht den mechanischen Druck auf die Plantarfaszie und fördert Mikroverletzungen im Bereich des Fersenbeins.

Krankheitsbedingte Ursachen

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Adipositas (Fettsucht)

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Fehlstellungen des Fußes wie der Knick-Senk-Fuß und Hohlfuß (lat. Pes cavus oder Pes excavatus))
  • Insertionstendopathie der Plantarfaszie (Weichteil-Komponenten des Bindegewebes der Fußsohle) am Calcaneus (Fersenbein) ‒ Reizungen am Übergang zwischen Sehnen und Knochen (= Insertion), die in der Regel durch Überbelastung bedingt sind
  • Verkürzung der Achillessehne
  • Verkürzte Wadenmuskulatur (83 % der Fälle) [1]
  • Verminderte Beweglichkeit des Sprungelenks

Literatur

  1. Patel A, DiGiovanni B: Association between plantar fasciitis and isolated contracture of the gastrocnemius. Foot Ankle Int. 2011 Jan;32(1):5-8. doi: 10.3113/FAI.2011.0005.