Deformitäten der Hüfte – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Hüftgelenks(sub)luxation ist eine Deformität des Hüftgelenks, die häufig auf eine Hüftdysplasie (angeborene Fehlbildung des Hüftgelenks) zurückzuführen ist. Dabei ist die Hüftpfanne (Acetabulum) unzureichend entwickelt, sodass der Femurkopf (Oberschenkelkopf) nicht stabil in der Pfanne gehalten werden kann. Dies führt zu einer Subluxation (teilweises Herausrutschen des Femurkopfes) oder Luxation (vollständiges Herausrutschen) des Gelenks. Diese mechanische Instabilität verursacht langfristige Schäden am Hüftgelenk und kann degenerative Veränderungen hervorrufen.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Initialer Pathomechanismus:

  • Hüftdysplasie (Fehlbildung der Hüftpfanne): Die Hauptursache der Hüftgelenks(sub)luxation ist die Hüftdysplasie. Die Pfanne ist flach und kann den Femurkopf nicht ausreichend stabilisieren.
    • Genetische Faktoren: Skelettfehlbildungen, die genetisch bedingt sind, beeinflussen die normale Entwicklung des Hüftgelenks und führen zu einer unzureichend geformten Pfanne.
    • Intrauterine Fehlstellungen: Lageanomalien während der Schwangerschaft, wie z. B. Beckenendlagen (BEL), führen zu mechanischem Druck auf das Hüftgelenk und können das Wachstum der Pfanne beeinträchtigen.

Molekulare und zelluläre Veränderungen:

  • Verzögerte Knochenentwicklung: Bei angeborenen Hüftdysplasien kommt es zu einer verzögerten Entwicklung der knöchernen Strukturen der Hüftpfanne.
    • Folge: Der Femurkopf wird nicht ausreichend stabilisiert, was das Risiko für Subluxation oder Luxation erhöht.
  • Fehlende Stimulation der Gelenkentwicklung: Durch die mechanische Instabilität fehlt der normale Druck auf den Femurkopf und die Pfanne, der zur Reifung der Gelenkstrukturen beiträgt.
    • Folge: Dies kann zu weiteren Verzögerungen in der Entwicklung des Hüftgelenks führen.

Entwicklung struktureller Veränderungen:

  • Abflachung der Hüftpfanne: Eine unterentwickelte Hüftpfanne kann den Femurkopf nicht stabil in der Gelenkhöhle halten.
    • Folge: Mechanische Instabilität, die zu wiederholten Subluxationen oder Luxationen führt.
  • Degenerative Veränderungen: Durch die wiederholte mechanische Instabilität kommt es zu einer ungleichmäßigen Belastung des Hüftgelenks, was degenerative Prozesse wie Knorpelschäden und Arthrose (Gelenkverschleiß) begünstigt.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Veränderungen in der Gewebsarchitektur:

  • Hypermobilität des Hüftgelenks: Die Instabilität der Hüftpfanne führt zu einer übermäßigen Beweglichkeit des Femurkopfes innerhalb des Gelenks.
    • Folge: Mechanische Reibung und Druck auf den Knorpel, was zu Knorpelabbau und entzündlichen Reaktionen führen kann.
  • Veränderungen in den Weichteilen: Durch die wiederholte Subluxation oder Luxation des Gelenks kommt es zu Veränderungen der umliegenden Muskeln, Sehnen und Bänder.
    • Folge: Muskuläre Dysbalancen, die die Gelenkfehlstellung weiter verstärken.

Beteiligung des umgebenden Gewebes:

  • Entzündungsprozesse: Die mechanische Instabilität führt zu Entzündungen in der Gelenkkapsel und den umgebenden Weichteilen, was Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursacht.
    • Folge: Die chronische Entzündung trägt zur Zerstörung der Gelenkstrukturen bei und verstärkt den degenerativen Prozess.

Vaskuläre Veränderungen:

  • Minderdurchblutung: Bei fortgeschrittenen Hüftdeformitäten kann die Durchblutung des Femurkopfes beeinträchtigt werden.
    • Folge: Eine verminderte Blutversorgung kann zu einer Hüftkopfnekrose (Absterben des Knochens) führen, was die Degeneration beschleunigt.

Klinische Manifestation

Leitsymptome:

  • Schmerzen: Die mechanische Instabilität führt zu Schmerzen im Hüftbereich, besonders bei Belastung des Gelenks.
    • Lokalisation: Typisch sind Schmerzen in der Leiste und im vorderen Hüftbereich.
  • Bewegungseinschränkungen: Durch die Instabilität des Hüftgelenks kommt es zu Einschränkungen in der Beweglichkeit, insbesondere bei Bewegungen wie Beugen oder Abspreizen des Beins.
    • Symptome: Patienten berichten oft von einem „Weggleiten“ oder „Einknicken“ der Hüfte bei Belastung.

Fortgeschrittene Symptome:

  • Gelenkfehlstellung: Wiederholte Subluxationen oder Luxationen führen langfristig zu einer sichtbaren Fehlstellung des Hüftgelenks.
    • Folge: Erhebliche Beeinträchtigungen der Gehfähigkeit und Schmerzen bei alltäglichen Aktivitäten.
  • Degenerative Veränderungen: Durch die mechanische Reibung und Instabilität treten fortgeschrittene degenerative Veränderungen wie Arthrose auf.
    • Symptome: Patienten leiden unter anhaltenden Schmerzen, Steifheit und einer erheblichen Einschränkung der Beweglichkeit.

Progression und Organbeteiligung

Lokale Gewebeveränderungen:

  • Knorpelabbau: Die anhaltende mechanische Reibung führt zu einem fortschreitenden Abbau des Gelenkknorpels.
    • Folge: Der Gelenkspalt verringert sich, und es kommt zu direkten Knochen-Knochen-Kontakten, was die Schmerzen verstärkt.
  • Osteophytenbildung: Knochenanbauten entstehen als Reaktion auf die Instabilität und die degenerativen Prozesse.
    • Folge: Diese Knochenanbauten verschlechtern die Beweglichkeit des Gelenks weiter.

Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen:

  • Chronische Schmerzsyndrome: Bei fortgeschrittener Degeneration der Hüfte kommt es zu chronischen Schmerzen, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
    • Folge: Chronische Schmerzsyndrome können mit einer Einschränkung der Mobilität und einer Verringerung der körperlichen Aktivität einhergehen.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften:

  • Instabilität des Hüftgelenks: Die mechanische Instabilität verschlechtert die Funktionalität des Gelenks erheblich und führt zu unsicheren Bewegungen.
    • Folge: Patienten können das Bein nicht mehr richtig belasten, was die Gehfähigkeit einschränkt.
  • Bewegungseinschränkungen: Aufgrund der Gelenkfehlstellung und der degenerativen Veränderungen kommt es zu einer erheblichen Einschränkung der Beweglichkeit.
    • Folge: Alltägliche Aktivitäten wie Gehen, Stehen und Sitzen werden zunehmend erschwert.

Schmerzentstehung:

  • Mechanischer Schmerz: Der Abbau des Knorpels und die Reibung der Knochen gegeneinander führen zu anhaltenden Schmerzen bei Belastung.
    • Chronische Schmerzen: Die wiederholten Subluxationen und die Instabilität verursachen chronische Schmerzen, die auch in Ruhephasen bestehen.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

Versuche der Geweberegeneration:

  • Fehlgeschlagene Knorpelreparatur: Der Körper versucht, den beschädigten Knorpel zu reparieren, jedoch entstehen minderwertige Faserknorpelstrukturen, die nicht die gleichen mechanischen Eigenschaften wie der ursprüngliche Knorpel haben.
    • Folge: Die Funktion des Gelenks wird dadurch nicht vollständig wiederhergestellt.

Kompensatorische Anpassungsmechanismen:

  • Überlastung der umliegenden Gelenke und Muskeln: Die Instabilität der Hüfte führt zu einer verstärkten Beanspruchung der umliegenden Muskeln und Gelenke.
    • Folge: Muskuläre Dysbalancen und Überlastung benachbarter Gelenke, wie des Knies und der Wirbelsäule, führen zu weiteren Beschwerden.

Limitierende Faktoren für Regeneration und Heilung:

  • Schwere der Fehlstellung: Bei ausgeprägten Fehlstellungen ist die Regeneration des Knorpels und der Gelenkstrukturen stark eingeschränkt.
  • Chronische Entzündungen: Anhaltende Entzündungsprozesse im Gelenk verhindern eine vollständige Heilung und fördern den weiteren Knorpelabbau.

Zusammenfassung

Hüftdeformitäten, insbesondere die Hüftgelenks(sub)luxation, entstehen meist aufgrund einer Hüftdysplasie, bei der die Hüftpfanne nicht ausreichend entwickelt ist. Dies führt zu einer mechanischen Instabilität des Gelenks, was zu Subluxationen oder Luxationen führen kann. Der dadurch verursachte ungleichmäßige Druck auf das Gelenk führt langfristig zu degenerativen Veränderungen, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Ohne frühzeitige Behandlung kann es zu chronischen Schmerzen und einer erheblichen Einschränkung der Beweglichkeit kommen.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern

Verhaltensbedingte Ursachen

  • „swaddling“ (Pucken) von Säuglingen (Wickeltechnik: Wickeln des Kindes mit Decken, Schlafsäcken und anderen Umhüllungen) –  3,5-fachung der spät diagnostizierten Hüftdysplasie-Fälle nach dem dritten Lebens­monat (trotz frühen klinischen Screenings) [1]

Literatur

  1. Studer K et al.: Increase in late diagnosed developmental dysplasia of the hip in South Australia: risk factors, proposed solutions. Med J Aust 2016; 204 (6): 240. doi: 10.5694/mja15.01082