Natürliche Fertilität – Natürliche Fruchtbarkeit
15-20 Prozent aller Paare haben Probleme, sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen.
Die höchste natürliche Fertilität (Fruchtbarkeit) der Frau liegt zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr und nimmt danach kontinuierlich ab. Mit dem Eintritt in die Wechseljahre endet die natürliche Fruchtbarkeit.
Die natürliche Fruchtbarkeit des Mannes nimmt ab dem 40. Lebensjahr langsam beginnend ab – sie kann jedoch in Einzelfällen bis ins hohe Alter bestehen bleiben.
Auf der Grundlage einer Analyse von 100 Studien zeigte sich, dass die männliche Fruchtbarkeit mit dem Alter abnimmt, wenn auch langsamer als bei Frauen, und die Morbidität des Säuglings zunimmt [5].
- Die Spermienparameter veränderten sich mit dem zunehmenden väterlichen Alter wie folgt:
- Ab 45 Jahren nahm das Samenvolumen geschätzt um 0,22 ml pro fünf Jahre ab.
- Die Spermienmotilität (Beweglichkeit der Spermien) sank ab dem 40. Lebensjahr signifikant um 0,5-0,6 % pro Jahr.
- Die Häufigkeit der Morbidität (Krankheitshäufigkeit) des Säuglings nimmt zu:
- Neurologische Entwicklungsstörungen (Autismus; Schizophrenie) und einige autosomal-dominante Erbkrankheiten (z. B. Achondroplasie) kamen erhöht vor. Die Achondroplasie trat bei Säuglingen zwölfmal häufiger bei Vätern zwischen 50 und 54 Jahren auf, als im Vergleich zu solchen unter 20 Jahren.
- Die Inzidenz von Autismus und Schizophrenie war moderat erhöht.
- Das Alter des Vaters hatte keinen Einfluss auf das Risiko für Spontanaborte.
Beachte: Von Sterilität ist jedoch erst die Rede, wenn bei regelmäßigem Geschlechtsverkehr zweimal wöchentlich innerhalb von ein bis zwei Jahren keine Schwangerschaft eintritt.
Natürliche Fruchtbarkeitsminderung
Die natürliche Fruchtbarkeit eines Paares bzw. der Frau wirkt sich unmittelbar auf die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit aus. Die sogenannte Schwangerschaftserwartung ist primär abhängig vom Alter der Oozyten (Eizellen) und nicht von der endokrinen (hormonellen) Funktionsfähigkeit des Ovars (Eierstock)). Auch die männliche Fruchtbarkeit kann mit Zunahme des Alters, durch Verringerung der Spermienqualität und durch Absinken der Testosteronkonzentration im Blut abnehmen. Die natürliche Fruchtbarkeitsminderung wird in erster Linie durch das Lebensalter der Frau und den damit verbundenen Veränderungen im weiblichen Organismus bestimmt.
Schwangerschaftserwartung
Die normale Schwangerschaftserwartung für ein gesundes junges Paar (zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr) beträgt 0,3 pro weiblichen Zyklus. Das bedeutet, dass im Verlauf von drei Zyklen im Durchschnitt eine Schwangerschaft eintritt, vorausgesetzt das Paar hat regelmäßigen Geschlechtsverkehr.
Die höchste Konzeptionswahrscheinlichkeit (Wahrscheinlichkeit der Empfängnis) von 25,5 % besteht am Tag vor der Ovulation (Eisprung). Des Weiteren ist zu beachten, dass nur jeder vierte Zyklus mit Blick auf den Eintritt einer Schwangerschaft erfolgreich ist.
Allerdings nimmt die natürliche Fruchtbarkeit der Frau bereits ab dem 2. Lebensjahrzehnt ab. Die Chance auf den Eintritt einer Schwangerschaft einer Frau im Alter von 35-39 Jahren ist nur halb so groß wie die einer 19-26-jährigen Frau. Dies ist auf zwei wesentliche Aspekte zurückzuführen:
- Abnahme der Menge an verfügbaren Oozyten (Eizellen) – Die Anzahl der verfügbaren Eizellen der Frau wird während der frühen embryonalen Entwicklung festgelegt. Dabei handelt es sich um etwa eine Million Eizellen, von denen in jedem Zyklus eine Eizelle heranreift und durch die Ovulation (Eisprung) eine Schwangerschaft ermöglicht. Allerdings gehen während der Follikelreifung (Eizellreifung) mehrere Eizellen zugrunde, sodass sich die Anzahl der verfügbaren Zellen mit jedem Zyklus verringert. Dadurch vermindert sich mit zunehmendem Alter auch die Schwangerschaftserwartung.
- Alterungsprozess der Oozyten (Eizellen) – Wie jede Körperzelle altern auch die Oozyten. Dies kann unter Umständen zu einer Veränderung bzw. Schädigung der Chromosomen (Erbgut) führen. Somit müssen mehr Eizellen heranreifen, bis sich eine gesunde Zelle in den Uterus (Gebärmutter) einnisten kann. Allerdings kann es auch zur Schwangerschaft kommen, obwohl das Erbgut geschädigt ist.
Die Spontandefekte im Rahmen des Alterungsprozesses können die folgenden Chromosomenaberrationen verursachen, die sich als komplexe Fehlbildungssyndrome äußern:
- Trisomie 21 – Down-Syndrom bzw. Mongolismus
- Trisomie 18 – Edwards-Syndrom
- Trisomie 13 – Pätau-Syndrom (Synonyme: Patau-Syndrom, Bartholin-Patau-Syndrom und D1-Trisomie)
Somit verringert sich mit steigendem Alter der Frau nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft, sondern auch die Häufigkeit einer Fehlbildung oder eines Aborts (Fehlgeburt) erhöht sich.
Die Häufigkeit von Subfertilität (eingeschränkte Fruchtbarkeit) und Infertilität (aufgehobene Fruchtbarkeit) ist abhängig von der Anzahl der erfolglosen Zyklen [3, 4]:
Anzahl erfolgloser Zyklen | Häufigkeit Subfertilität bzw. Infertilität | Interpretation |
Nach 6 | ca. 20 % zumeist leicht subfertile Paare | Ca. 50 % dieser Paare werden in den nächsten sechs Zyklen schwanger; die andere Hälfte ist erheblich subfertil oder infertil. |
Nach 12 | ca. 10 % erheblich subfertile Paare |
Ca. 50 % dieser Paare haben noch in den nächsten 36 Monaten eine Aussicht auf eine spontane Schwangerschaft (Spontankonzeption). |
Nach 48 | ca. 5 % definitiv infertile Paare | Auf natürlichem Wege tritt nur noch sporadisch eine Schwangerschaft ein |
Beachte: Verfahren der assistierten Reproduktion („assisted reproductive techniques“, ART) können im Regelfall eine niedrige Aussicht auf eine Spontankonzeption ("spontane Empfängnis") deutlich verbessern, erreichen jedoch nicht das Niveau einer spontanen Konzeption bei Paaren ohne Fertilitätsprobleme.
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Literatur
- Feige A: Frauenheilkunde: Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2006
- Raith-Paula E, Frank-Hermann P, Strowitzki T: Natürliche Familienplanung heute: Modernes Zykluswissen für Beratung und Anwendung. Springer Verlag 2008
- Gnoth C, Godehardt D, Godehardt E et al.: Time to pregnancy: results of the German prospective study and impact on the management of infertility. Hum Reprod 2003;18:1959-1966. https://doi.org/10.1093/humrep/deg366
- Gnoth C, Godehardt E, Frank-Herrmann P et al.: Definition and prevalence of subfertility and infertility. Hum Reprod 2005;20:1144-1147. https://doi.org/10.1093/humrep/deh870
- Gourinat A et al.: Impact of paternal age on assisted reproductive technology outcomes and offspring health: a systematic review. Andrology 2023; https://doi.org/10.1111/andr.13385