Sterilität des Mannes – Weitere Therapie

Die nachfolgenden Empfehlungen – im Sinne einer ganzheitlichen Fortpflanzungsmedizin – sollten vor Beginn der fortpflanzungsmedizinischen Therapie umgesetzt werden.

Allgemeine Maßnahmen

  • Regelmäßiger Sex (alle 2 Tage) während der fruchtbaren Tage der Frau erhöht die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit. Nach dem Eisprung ist eine Eizelle für ca. 12-18 Stunden befruchtbar. Spermien können bis zu 5 Tage in der Gebärmutter überleben.
  • Hinweise zum optimalen Konzeptionszeitpunkt (Empfängnis):
    • Geschlechtsverkehr am Tag der Ovulation (Eisprung): Schwangerschaftsrate 33 %
    • Geschlechtsverkehr sechs Tage vor Ovulation: Schwangerschaftsrate 5-10 %
    • Befruchtungsfähigkeit der Spermien (Samenzellen) im Körper der Frau: - 2 Tage
  • Beachte: Bei einer Karenzzeit von:
    • < 2-3 Tage: Spermienkonzentration und Motilität (Beweglichkeit) der Spermien nehmen ab und die Spermien haben weniger DNA-Schäden (DNA-Fragmentierung) [1]
    • > 5-6 Tage: Abnahme der Spermienmotilität und vermehrte DNA-Schäden [1]
    Nach den Ergebnissen einer Studie hat täglicher Sex keinen negativen Einfluss auf die Qualität des Spermas, wohingegen lange Intervalle wichtige Qualitätsparameter  (insb. die DNA-Fragmentierung) beeinflussten [1].
  • Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum)
  • Begrenzter Alkoholkonsum (Männer: max. 25 g Alkohol pro Tag; Frauen: max. 12 g Alkohol pro Tag)
  • Begrenzter Koffeinkonsum (max. 240 mg Koffein pro Tag; das entspricht 2 bis 3 Tassen Kaffee bzw. 4 bis 6 Tassen grünen/schwarzen Tee)
  • Bevorzugtes Tragen von Boxershorts: Männer, die häufiger Boxershorts tragen, hatten im Vergleich zu Männern die andere Unterhosen bevorzugten, hatten eine 25 % höhere Spermatozoenkonzentration (95 % CI = 7, 31 %), 17 % höhere Gesamtspermatozoenzahl (95 % CI = 0, 28 %) und 14 % niedrigere FSH-Serumspiegel (95 % CI = -27, -1 %) [3].
  • Normalgewicht anstreben!
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse
    • BMI ≥ 25 → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm
    • Unterschreitung der BMI-Untergrenze (ab dem 19. Lebensjahr: 19; ab dem 25. Lebensjahr: 20; ab dem 35. Lebensjahr: 21; ab dem 45. Lebensjahr: 22; ab dem 55. Lebensjahr: 23; ab dem 65. Lebensjahr: 24) → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Programm für Untergewichtige
    • BMI-Rechner – ermitteln Sie unter Berücksichtigung von Geschlecht und Alter Ihren gesunden Gewichtsbereich! (Anzeige)
  • Überprüfung der Dauermedikation wg. möglicher Auswirkung auf die vorhandene Krankheit
  • Ausreichender und erholsamer Schlaf erhöht die Spermienanzahl und -konzentration. Die ideale Schlafdauer ist vom Alter abhängig. Erwachsene sollten zwischen 7 und 9 Stunden schlafen.
  • Vermeidung psychosozialer Belastungen:
    • Stress kann die Spermienkonzentration und die Anzahl beweglicher Spermien reduzieren.
  • Vermeidung von exzessivem Sport
  • Vermeidung von Umweltbelastungen:
    • Hyperthermie der Hoden – Arbeit am Hochofen, Bäckerei, häufige Saunagänge; Sitzheizung im Auto: langes und häufiges Fahren mit beheizten Autositzen kann die männliche Fertilität mindern. Dieses kann zu einer Oligozoospermie (< 15 Millionen Spermien pro Milliliter), Asthenozoospermie (reduzierte Motilität/Beweglichkeit (< 32 % motile Spermatozoen)) und zu einer Teratozoospermie (verminderter Anteil morphologisch normaler Spermatozoen: < 4 % normale Formen) führen. Wenn alle drei Störungen gemeinsam vorliegen spricht man von einem OAT-Syndrom.
      Auch Laptop auf dem Schoß oder Handy in der Hose können die Hoden überwärmen, was einen negativen Einfluss auf die Spermatogenese hat.
    • Umweltgifte (Berufsstoffe, Umweltchemikalien) wie polychlorierte Biphenyle (PCB; halogenierte Kohlenwasserstoffe/giftige Chlorverbindungen) beeinträchtigen ebenfalls die Fertilität des Mannes – PCB nimmt der Mensch überwiegend über tierische Lebensmittel auf.

Konventionelle nicht-operative Therapieverfahren

  • Medikamentöse Therapie:
    • Hyperprolaktinämie
    • Prostatitis (Prostataentzündung)

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankung. Das bedeutet u. a.:
    • täglich insgesamt 5 Portionen frisches Gemüse und Obst (≥ 400 g; 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst)
    • ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte, Gemüse)
  • Beachtung folgender spezieller Ernährungsempfehlungen:
    • Ernährung reich an:
      • Vitaminen (Vitamin A, Cobalamin (Vitamin B12), Folsäure, Pyridoxin (Vitamin B6), Vitamin C (Ascorbinsäure), Vitamin E (Tocopherole))
      • Mineralstoffen (Magnesium)
      • Spurenelementen (Eisen, Selen, Zink)
      • Omega-3-Fettsäuren (ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. fette Meeresfische wie Lachs, Hering, Makrele)
      • Sekundären Pflanzenstoffen (Beta-Carotin; Lycopin)
      • Weitere Vitalstoffe (L-Carnitin, Coenzym Q10)
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
    Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
    Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns.  

Sportmedizin

  • Ausdauertraining (Cardiotraining); moderates kontinuierliches Training (MICT) verbesserte am deutlichsten die Spermienqualität im Vergleich zur Kontrollgruppe [2]:
    • 8,3 % höheres Ejakulatvolumen (Volumen der Spermienflüssigkeit)
    • 12,4 % höhere Spermienmotilität (Spermienbeweglichkeit)
    • 17,1 % bessere Morphologie
    • 14,1 % höhere Spermienkonzentration pro Milliliter
    Beachte: Eine Woche nachdem das regelmäßige Training eingestellt wurde, sank die Spermienkonzentration wieder auf den Ausgangswert. Die höhere Motilität blieb 30 Tage erhalten.
  • Geeignet sind Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Joggen
  • Erstellung eines Fitness- bzw. Trainingsplans mit geeigneten Sportdisziplinen auf der Grundlage eines medizinischen Checks (Gesundheitscheck bzw. Sportlercheck)
  • Detaillierte Informationen zur Sportmedizin erhalten Sie von uns.

Psychotherapie

  • Entspannungstechniken wie z. B. Yoga oder Meditation
  • Ggf. Psychotherapie
  • Detaillierte Informationen zur Psychosomatik (inkl. Stressmanagement) erhalten Sie von uns.

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300 E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • Wunschkind e. V.
    Ansprechpartner: Gabriele Ziegler
    Telefon: 01805 0021 66, E-Mail: g.ziegler@wunschkind.de, Internet: www.wunschkind.de

Literatur

  1. Agarwal A et al.: Abstinence time and its impact on basic and advanced semen parameters. Urology 2016, online 16. Mai; doi: 10.1016/j.urology.2016.03.059
  2. Maleki BH et al.: The effects of three different exercise modalities on markers of male reproduction in healthy subjects: a randomized controlled trial. Reproduction February 1, 2017 153 157-174 doi: 10.1530/REP-16-0318
  3. Mínguez-Alarcón L et al.: Type of underwear worn and markers of testicular function among men attending a fertility center. Human Reproduction, dey259, https://doi.org/10.1093/humrep/dey259 Published: 08 August 2018

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Psychosomatisch orientierte Diagnostik und Therapie bei Fertilitätsstörungen. (AWMF-Registernummer: 016-003), Dezember 2019 Langfassung