Sterilität der Frau – Prävention

Zur Prävention der Sterilität der Frau muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Fehlernährung* – nicht vollwertige, mikronährstoffarme Ernährung (Vitalstoffe)
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol**
      • ≥ 14 alkoholische Getränke/Woche sank die Empfängniswahrscheinlichkeit um 18 % [5]
      • Während der Lutealphase (Gelbkörperphase) führt schon gemäßigter Alkoholgenuss (bis zu 3 Gläser Wein oder 3 Dosen Bier pro Woche) zu einer Reduktion der Empfängniswahrscheinlichkeit um 40 % [12].
      • Zum Zeitpunkt der Ovulation (Eisprung) reduzieren hoher Alkoholkonsum und auch Binge-Drinking (4 oder mehr alkoholische Getränke pro Tag) die Empfängniswahrscheinlichkeit um 54 % [12].
    • Kaffee***, Schwarzer Tee
    • Tabak (Rauchen) [3, 4]
      • Die Konzeptionsrate lag bei den nicht oder nur gelegentlich rauchenden Patientinnen signifikant höher als bei den stark rauchenden Eizell-Empfängerinnen (52,2 % versus 34,1 %), das heißt hoher Tabakkonsum verringert die Rezeptivität des Endometriums. Des Weiteren traten vermehrt Mehrlingsgraviditäten bei den stark rauchenden Teilnehmerinnen auf (60 % versus 31 %) [1].
      • Es wurde eine verringerte Konzeptions- und Implantationsrate beim Transfer von subjektiv als morphologisch einwandfrei beurteilten Embryonen bei Raucherinnen gegenüber Nichtraucherinnen festgestellt [2].
  • Drogenkonsum
    • Cannabis (Haschisch und Marihuana) – 41 % geringere Chance auf eine Schwangerschaft als die Nichtkonsumentinnen (Odds-Ratio 0,59; 95-%-Konfidenz­intervall 0,38 bis 0,92) [10]
    • u. a. 
  • Körperliche Aktivität
    • Exzessiver Sport
  • Psycho-soziale Situation
    • Stress
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas*)
    • BMI > 25 kg/m2 reduziert  sich die Chance einer Konzeption innerhalb eines Jahres (89,4 % bei einem BMI von 20-25 kg/m2 versus 82,7 % bei einem BMI > 25 kg/m2; n = 10 903) [7]
  • Untergewicht
  • Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs: Frauen, die während des Corona-Lockdowns ihre reproduktionsmedizinische Behandlung unterbrechen mussten, wurden innerhalb von zwei Monaten in 8 % der Fälle schwanger. Im Vergleich zu den Paaren, die nicht spontan schwanger geworden waren, waren die schwanger gewordenen Frauen jünger (35,7 vs. 37,7 Jahre) und hatten sich bisher nicht so lange mit der Erfüllung ihres Kinderwunsches beschäftigt (2,4 vs. 3,6 Jahre). Die schwanger gewordenen Frauen waren sexuell aktiver gewesen als ihre Geschlechtsgenossinnen, die nicht schwanger geworden sind (3,6 vs. 1,9 x Geschlechtsverkehr/per Woche; der Unterschied war statistisch signifikant) [11].

Achtung!
*Wissenschaftliche Studien zeigen, dass circa 12 % der primären Sterilität auf starke Abweichungen vom Normalgewicht, das heißt durch Über- oder Untergewicht, zurückzuführen sind: 

  • Adipositas (BMI > 35) → 4-fach verlängerte TTP („time to pregnancy“; Zeit bis zum Schwangerschaftseintritt) [9]
  • Untergewicht (BMI < 19) → 2-fach verlängerte TTP [9]

Diese Gewichtsprobleme reduzieren auch die Aussichten auf eine erfolgreiche Sterilitätstherapie.
Ursache dafür ist, dass das Körperfett die Bildung von Gonadotropin Releasing Hormone (GnRH) beeinflusst. Dieses löst die Freisetzung von luteinisierendem Hormon (LH) und von follikelstimulierendem Hormon (FSH) aus, die beide für die Entwicklung der Follikelreifung (Eizellreifung) und damit für die Ovulation (Eisprung) von großer Bedeutung sind.

**Der Genuss von Alkohol (> 2 Getränke pro Tag) führt zu einer 60%igen Risikosteigerung für Infertilität [9].
***Der Genuss von > 2-3 Tassen Kaffee (160-240 mg Koffein) täglich führt zu einer 45%igen Abnahme der Fertilität [9].

Röntgenstrahlen  

  • Strahlentherapie (Radiotherapie, Radiatio) der Fortpflanzungsorgane oder des Hypothalamus/Hypophyse (Hirnanhangsdrüse)

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Beruflicher Kontakt mit Narkosegasen
  • Triclosan (polychloriertes Phenoxyphenol; durch die Einwirkung von Sonnenstrahlung, Ozon, Chlor und Mikroorganismen können aus Triclosan chlorierte Dioxine entstehen); Triclosan ist enthalten in Desinfektionsmitteln, Zahnpasta, Deodorants, Mundwasser, Seifen, Kosmetika, Händedesinfektionsmitteln, Haushaltsreiniger oder Waschmittel sowie in Textilien, Schuhen und Spielzeug.

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Jüngere nicht adipöse Frauen (BMI < 30), die in den sechs Monaten vor einer assistierten Reproduktion eine "mediterrane" Diät einhielten, hatten in einer prospektiven Kohor­ten­studie deutlich bessere Chancen auf eine ausgetragene Schwangerschaft.
    Das Drittel der Frauen mit der stärkeren Einhaltung der Mittelmeerdiät erreichte zu 50 % eine Schwangerschaft/48,8 % eine ausgetragene Schwangerschaft, während die Schwangerschaftsrate im Drittel der Frauen mit der niedrigsten Einhaltung der Mittelmeerdiät nur bei 29 %/ausgetragene Schwangerschaft 26,6 % lag [6].
    Die mediterrane Ernährung verbessert ebenso bei Männern die Samenqualität [8].
  • Sport: moderates Ausdauertraining

Fertilitätserhaltende Maßnahmen für onkologische Patientinnen

  • Radiatio (Strahlentherapie) des Beckens
    • Kryokonservierung von Ovargewebe und/oder ovarielle Stimulation und Kryokonservierung von fertilisierten (befruchteten) und/oder unfertilisierten Oozyten (Eizellen)
    • Ovarielle Transposition/Ovaropexie (Verfahren, welches die Ovarien (Eierstöcke) operativ aus dem Bestrahlungsfeld verlegt)
  • Chemotherapie (Zeitfenster ≥ 2 Wochen)
    • Tumor nicht östrogenabhängig: Kryokonservierung von Ovargewebe und/oder ovarielle Stimulation und Kryokonservierung von fertilisierten (befruchteten) und/oder unfertilisierten Oozyten (Eizellen) und/oder GnRH-Agonisten
    • Tumor östrogenabhängig: Kryokonservierung von Ovargewebe; individuelle Risiko-Nutzenabwägung: ggf. ovarielle Stimulation zur Kryokonserverierung von Oozyten und GnRH-Agonisten
  • Chemotherapie (Zeitfenster < 2 Wochen)
    • Kryokonservierung von Ovargewebe und/oder GnRH-Agonisten

Literatur

  1. Soares SR, Simon C, Remohi J, Pellicer A: Cigarette smoking affects uterine receptiveness. Hum Reprod 2007;22:543-547.
  2. Neal MS, Hughes EG, Holloway AC, Foster WG: Sidestream smoking is equally as damaging as mainstream smoking on IVF outcomes. Hum Reprod 2005;20:2531-2535.
  3. Deutsches Krebsforschungszentrum. Tabakatlas Deutschland 2015. Heidelberg
  4. Secretan B, Straif K, Baan R et al.: A review of human carcinogens – Part E: tobacco, areca nut, alcohol, coal smoke, and salted fish. Lancet Oncol. 2009 Nov;10(11):1033-4.
  5. Mikkelsen EM et al.: Alcohol consumption and fecundability: prospective Danish cohort study. BMJ 2016; 354 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.i4262 (Published 31 August 2016)
  6. Karayiannis D et al.: Adherence to the Mediterranean diet and IVF success rate among non-obese women attempting fertility. Human Reproduction ,https://doi.org/10.1093/humrep/dey003 (Published 30 January 2018)
  7. Jensen TK, Scheike T, Keiding N, Schaumburg I, Grandjean P: Fecundability in relation to body mass and menstrual cycle patterns. Epidemiology 1999; 10: 422-8
  8. Karayiannis D et al.: Association between adherence to the Mediterranean diet and semen quality parameters in male partners of couples attempting fertility. Hum Reprod. 2017 Jan;32(1):215-222. Epub 2016 Nov 14. 1
  9. Practice Committee of the American Society for Reproductive Medicine. Optimizing natural fertility: a committee opinion. Fertil Steril 2017;107:52-58 doi: https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2016.09.029
  10. Mumford SL et al.: Cannabis use while trying to conceive: a prospective cohort study evaluating associations with fecundability, live birth and pregnancy loss. Human Reproduction, deaa355, 11 January 2021 https://doi.org/10.1093/humrep/deaa355
  11. Villani MT et al.: Spontaneous pregnancies among infertile couples during assisted reproduction lockdown for COVID-19 pandemic. Andrology 2021 https://doi.org/10.1111/andr.12973

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Fertilitätserhaltung bei onkologischen Therapien. (AWMF-Registernummer: 015 - 082), November 2017 Langfassung