Sterilität der Frau – Medikamentöse Therapie

Therapieziel

  • Wiederherstellung der Fertilität (Fruchtbarkeit)

Therapieempfehlungen

  • Follikelstimulation (Stimulation der Eizellreifung) und Ovulationsauslösung (Eisprungauslösung) bei Anovulation (Ausbleiben des Eisprungs), Oligomenorrhoe (Regeltempostörung: Intervall zwischen den Blutungen ist > 35 Tage und 90 Tage), Ovarialinsuffizienz (Eierstockunterfunktion):
    • Clomifen (Antiöstrogene) (s. u. "Weitere Hinweise"); Letrozol (Aromatase) (Off-Label-Use)
    • Gonadotropine – Follikelstimulierendes Hormon (FSH) rekombinant; Humanes Menopausen-Gonadotropin (HMG); Choriongonadotropin Beachte: Das Alter zur Festlegung der Gonadotropindosis gilt als äußerst unzuverlässiger prädiktiver Marker.
      Anti-Müller-Hormons (AMH) empfohlen: zur Bestimmung der ovariellen Funktionsreserve; wg. hormoneller Stimulationstherapie; Einschätzung der ovariellen Reaktion bei Fettleibigkeit und PCO-Syndrom
    • Gonadotropin-Releasing-Hormon-Analoga
      • GnRH-Agonisten
        • „Langprotokoll *: Blockade der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse; Downregulation) vor Gonadotropingabe  im Rahmen der In-vitro-Fertilisation (künstliche Befruchtung im Reagenzglas)
        • „Kurzprotokoll **: nach zweitägiger Applikation, Kombination mit Gonadotropinen im Rahmen der In-vitro-Fertilisation 
      • GnRH-Antagonisten –„Antagonisten-Protokoll ***: nach Gabe von Gonadotropinen Verhinderung einer vorzeitigen Ovulation (Eisprung) durch Applikationen von Antagonisten ("Gegenspieler") im Rahmen der In-vitro-Fertilisation
    • Timing der Ovulation (Eisprung), d. h. Auslösung des Eisprung smit s.c. appliziertem humanem Choriongonadotropin (HCG)
  • Bei schlechter ovarieller Response (poor ovarian response, POR), d. h. Frauen mit einer nachgewiesenen schwachen ovariellen Stimulierbarkeit („Low Response“): DHEA-Supplementierung (in Erwägung zu ziehen) [1]
  • Therapie anderer zugrundeliegender Störungen werden hier nicht dargestellt.
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Legende

  • *„Langprotokoll“ (Klassiker): Am 21. - 23. Zyklustag wird ein langwirkender GnRH Agonist zu Downregulation gespritzt. Die Stimulation mit Gonadotropinen beginnt erst nach Wirkungseintritt.
  • **„Kurzprotokoll“ : Beginn am 2. Zyklustag mit kurz wirkenden GnRH Agonisten (tägliche Gabe, Nasenspray, Spritzen). Einen oder zwei Tage später beginnt simultan die Stimulationstherapie. Beides wird bis zur HCG-Gabe (Ovulationsinduktion) fortgeführt. 
  • ***„Antagonisten-Protokoll“ : Ab dem 2.- 4. Zyklustag werden Gonadotropine zur Stimulation gespritzt (FSH, HMG). Ab dem 6./7. Zyklustag wird zur Verhinderung eines vorzeitigen Eisprungs ein GnRH-Antagonist (hohe Einmaldosis oder niedrige Dosis an mehreren Tagen) gespritzt. Wenn die entsprechende Follikelgröße sonographisch (per Ultraschall) erreicht ist wird die endgültige Eireifung über HCG induziert (ausgelöst), 34-36 Stunden später erfolgt die Follikelpunktion (Eizellgewinnung).

Weitere Hinweise

  • Die Ergebnisse einer holländischen Studie zur modifizierten Ovulationinduktion (M-OVIN) bei Frauen mit normogonadotroper Anovulation/fehlender Eisprung bei normalen Gonadotropin-Werten (d. h. bei hypothalamisch-hypophysärer Dysfunktion) und Clomifen-Versagen zeigte, dass eine Ausweitung der medikamentösen Ovulationsinduktion auf 12 Zyklen Clomifen statt der vom NIC empfohlenen maximal 6 Zyklen Clomifen. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die intrauterine Insemination (IUI; Samenzellübertragung in die Gebärmutterhöhle) im Vergleich mit "Verkehr zum richtigen Zeitpunkt" (VZO) nicht signifikant die Rate der Lebendgeburten erhöhen konnte [2].
    Fazit:
     Bei Frauen mit normogonadotroper Anovulation sollte erst nach 12 Zyklen unter Clomifen eine assistierte Reproduktion erfolgen. Dabei ist eine intrauterine Insemination nicht erforderlich da "Verkehr zum richtigen Zeitpunkt" gleichermaßen wirkungsvoll ist.
  • Clomifen: Leicht erhöhtes Risiko (10 %) für Epilepsie im Kindesalter: Das Risiko für eine idiopathische generalisierte Epilepsie war um 41 % und das für eine fokale Epilepsie um 26 % gesteigert, wenn die Mütter mit Clomifen behandelt worden waren [5].
  • Letrozol
    • Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom (PCO), die Letrozol erhielten,
      • erreichten eine signifikant (P = 0,022; absolute Differenz [95 % Konfidenzintervall] 18 % [3–33 %]) höhere Schwangerschaftsrate (61, %) als diejenigen unter Clomifen (43 %) [3].
      • hatten mehr kumulative Lebendgeburten als diejenigen, die Clomifen erhielten (103 von 374 [27,5%] vs. 72 von 376 [19,1%], p = 0,007; ohne signifikante Unterschiede bei den gesamten angeborenen Anomalien [4].

Im Folgenden Begriffe, die Sie im Zusammenhang mit der medikamentösen Therapie häufiger hören werden:

Clomifen Der vollständige Name lautet Clomifencitrat. Der Wirkstoff gehört zu den Antiöstrogene. Clomifen ist ein Medikament in Tablettenform zur hormonellen Stimulation der Ovarien (Eierstöcke).
Letrozol Der Wirkstoff gehört zu den Aromatasehemmern. Er hemmt die Umwandlung von Androgenen zu Östrogen, die durch die Aromatase induziert wird. Letrozol ist ein Medikament in Tablettenform zur hormonellen Stimulation der Ovarien.
Danazol Ein gelbkörperhormonähnliches synthetisches Hormon. Ein Medikament das vornehmlich zur Therapie der Endometriose eingesetzt wird.
Dexamethason Dexamethason ist ein Cortison-Präparat. Es wird in sehr niedrigen Dosierungen zur Behandlung des Adrenogenitalen-Syndroms (AGS) von erhöhten Androgenen (männlichen Hormonen) eingesetzt.
Downregulation Das Wort "Downregulation" direkt übersetzt heißt "Runterregulierung". Mit einer andauernden Gabe von GnRH wird die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) außer Funktion gesetzt und die Patientin wird dadurch in die "künstlichen Wechseljahre" versetzt. Die Downregulation wird bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) eingesetzt
FSH FSH ist ein follikelstimulierendes Hormon (Gonadotropin). Es ist ein Hormon der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), welches als Medikament zur Stimulation der Ovarien (Eierstöcke) gespritzt werden kann.
GnRH GnRH ist die Abkürzung für "Gonadotropin releasing hormone". Hormon des Hypothalamus, welches die Ausschüttung des LH und FSH in der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) steuert. Diese wiederum steuern die Funktion der Ovarien (Eierstöcke), das heißt die Eizellreifung (Follikelreifungs-Phase), den Eisprung (Ovulation) und die Gelbkörperphase (Corpus-luteum-Phase).
GnRH-Antagonisten GNRH-Antagonisten bewirken das Gegenteil des "Gonadotropin releasing hormone" (GnRH) und werden zur Unterdrückung des Eisprungs (Ovulation) gegeben. Diese bewirken eine Form der Downregulation (siehe oben).
Gonadotropine Gonadotropine (LH und FSH) sind Hormone der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), die die Funktion der Ovarien (Eierstöcke) regulieren. Sie dienen der Eizellreifung (Follikelreifung) und der Auslösung der Ovulation (Eisprung).
HCG HCG ist die Abkürzung für Human Chorion Gonadotropin. Es wird auch als Schwangerschaftshormon bezeichnet, da es in hohen Konzentrationen in der Schwangerschaft von der Plazenta (Mutterkuchen) gebildet wird. Es wird bei der Hormontherapie zum Auslösen der Ovulation (Eisprung) als Spritze intramuskulär verabreicht.
Hyperstimulationssyndrom
(Überstimulationssyndrom)
Eine Komplikation der Hormonbehandlung. Dabei entstehen stark vergrößerte Ovarien (Eierstöcke) mit Aszites (Bauchwassersucht/pathologische (krankhafte) Flüssigkeitsansammlung in der freien Bauchhöhle) und Thrombosegefahr.
LH LH ist die Abkürzung für luteinisierendes Hormon (Gonadotropin). Es ist ein Hormon der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), welches die Ovulation (Eisprung) bei einem reifen Follikel (Eibläschen) bewirkt.
Oestrogene (Östrogene) Oestroge gehören zur Gruppe der weiblichen Hormone.
Es gibt zwar keine "weiblichen" und "männlichen" Hormone, aber Östrogene werden im Gegensatz zu den "männlichen" Hormonen bei der Frau in sehr viel höheren Konzentrationen gebildet, das heißt sie liegen in höheren Serumspiegeln vor.
Das bekannteste Oestrogen ist das Östradiol, das ausschließlich von den Granulosazellen in reifenden Follikeln (Eibläschen) gebildet werden.
Progesteron Progesteron wird auch als Gelbkörperhormon. Es wird vom Corpus-luteum (Gelbkörper) in der zweiten Zyklushälfte gebildet.
Es bereitet die Gebärmutter auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Findet keine Befruchtung statt, bildet sich der Corpus-luteum (Gelbkörper) zurück. Dabei fällt der Progesteron-Serumspiegel ab und es kommt zur Ablösung der aufgebauten Gebärmutterschleimhaut mit anschließender Menstruation (Regelblutung).
Kommt es zu einer Schwangerschaft bereitet Progesteron die Brustdrüsen auf die Milchproduktion und -abgabe vor. Außerdem sorgt es während der zweiten Zyklushälfte
in der Schwangerschaft dauerhaft für einen Anstieg der Basaltemperatur (BT). Die Basaltemperatur bezeichnet die Morgentemperatur, das heißt die Temperatur, die morgens beim Aufwachen gemessen wird.
Prolaktin Das Hormon Prolaktin wird im Hypophyse-Vorderlappen (Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse) gebildet. Es hat zahlreiche Funktion, wie beispielsweise Steuerung des Milcheinschuss nach der Geburt. Stimuliert wird die Ausschüttung von Prolaktin durch das Saugen des Kindes an der Brustwarze.

Prolaktin ist auch ein Stresshormon
der Prolaktin-Serumspiegel steigt unter Stress an.

Auch Störungen der Schilddrüse
wie beispielsweise eine latente Hypothyreose (eine klinisch nicht auffällige Form der Schilddrüsenunterfunktion, häufig gemeinsam auftretend mit einer Galaktorrhoe, das heißt krankhafter Brustmilchausfluss) können zu einer vermehrten Bildung von Prolaktin führen. Erhöhte Prolaktin-Serumspiegel stören die Follikelreifung (Eizellreifung).
Testosteron Testosteron ist das bekannteste "männliche" Hormon.
Es wird im Hoden, Ovar (Eierstock), der Haut und der Nebenniere gebildet und ist wird deshalb als "männlich" bezeichnet, weil es bei der Frau im Gegensatz zum Mann in sehr viel niedrigeren Konzentrationen, das heißt in wesentlich niedrigeren Serumspiegeln vorliegt.
Es steigert die Libido der Frau, führt aber bei einem Überschuss zu einer allgemeinen Virilisierung (Vermännlichung).

Bitte beachten Sie!

Die körperliche und psychische Gesundheit von Mann und Frau sowie eine gesunde Lebensweise sind wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kinderwunschbehandlung.

Vor dem Beginn therapeutischer Maßnahmen sollten Sie in jedem Fall soweit möglich Ihre individuellen Risikofaktoren reduzieren!

Lassen Sie deshalb vor Beginn einer fortpflanzungsmedizinischen Maßnahme (z. B. IUI, IVF etc.) einen Gesundheitscheck und eine Ernährungsanalyse zur Optimierung Ihrer persönlichen Fertilität (Fruchtbarkeit) durchführen.

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel bei Kinderwunsch sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (C, E, D3, K, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, aktivierte Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Calcium, Magnesium)
  • Spurenelemente (Chrom, Eisen, Jod, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Tsui KH et al.: Effects of dehydroepiandrosterone supplementation on women with poor ovarian response: A preliminary report and review. Effects of dehydroepiandrosterone supplementation on women with poor ovarian response: A preliminary report and review. Taiwan J Obstet Gynecol. 2015 Apr;54(2):131-6. doi: 10.1016/j.tjog.2014.07.007.
  2. Weiss NJ et al.: Gonadotrophins versus clomifene citrate with or without intrauterine insemination in women with normogonadotropic anovulation and clomifene failure (M-OVIN): a randomised, two-by-two factorial trial. Lancet. 2018 Feb 24;391(10122):758-765. doi: 10.1016/S0140-6736(17)33308-1. Epub 2017 Dec 19.
  3. Amer SA et al.: Double-blind randomized controlled trial of letrozole versus clomiphene citrate in subfertile women with polycystic ovarian syndrome. Human Reprod 2017: 1-8; doi:10.1093/humrep/dex227
  4. Legro RS et al.: Letrozole versus Clomiphene for Infertility in the Polycystic Ovary Syndrome N Engl J Med 2014; 371:119-129 July 10, 2014 doi: 10.1056/NEJMoa1313517
  5. Kettner LO et al.: Fertility treatment with clomiphene citrate and childhood epilepsy: a nationwide cohort study. Human Reproduction 2021; https://doi.org/10.1093/humrep/deab110