Sterilität der Frau – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild
  • Nüchternglucose (Nüchternblutzucker) – und ggf. Glukosetoleranztest (oGTT)
  • Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin
  • Triglyceride
  • HIV
  • Anti-Müller-Hormon (AMH)  zur Bestimmung der ovariellen Funktionsreserve; wg. hormoneller Stimulationstherapie; Einschätzung der ovariellen Reaktion bei Fettleibigkeit und PCO-Syndrom

Des Weiteren Laboruntersuchungen, die der Diagnostik bzw. dem Ausschluss von hormonellen Störungen dienen:

  • Follikelreifungsstörungen (Eizellreifungsstörungen) – Ursachen: siehe unten
  • Corpus-luteum-Insuffizienz (Gelbkörperschwäche) im Regelfall infolge einer Follikelreifungsstörung Ursachen: siehe unten
  • Ovarialinsuffizienz es gibt folgende Formen der Ovarialinsuffizienz:
    • Hyperprolaktinämische Ovarialinsuffizienz auf der Ebene der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) erhöhter Prolaktin-Serumspiegel (Hyperprolaktinämie), ggf. röntgenologisch nachzuweisender Tumor (Prolaktinom) der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) oder des Hypothalamus (ein kleiner Bereich im Zwischenhirn)
    • Hypothalamische Ovarialinsuffizienz Störung auf der Ebene des Hypothalamus (Bereich im Zwischenhirn)
    • Hyperandrogenämische Ovarialinsuffizienz auf der Ebene des Ovars (Eierstock) erhöhter Testosteron-Serumspiegel und ggf. weiterer androgener Hormone (Hyperandrogenämie)
    Folgen der Ovarialinsuffizienz
    • leichte bis schwere Störungen der Ovarfunktion (Funktion der Eierstöcke)
    • Corpus luteum-Insuffizienz (Gelbkörperschwäche)
    • Anovulation (Ausbleiben des Eisprungs)
    • Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung)
  • Polyzystisches-Ovar-Syndrom (PCO-Syndrom)
  • Funktionsstörungen der: Schilddrüse, Nebennierenrinde – dadurch bedingt Störungen der Follikelreifung, das heißt der Eizellreifung und Zyklusstörungen

Folgende Hormone werden bestimmt:

Basisdiagnostik

  • LH (Luteinisierendes Hormon)*
  • FSH (Follikel-stimulierendes Hormon)*
  • TSH (Thyroidea stimulierendes Hormon)
  • 17-Beta-Östradiol (2. Zyklusphase, 6. - 7. Tag postovulatorisch/nach dem Eisprung)*
  • Prolaktin
  • Testosteron
  • Androstendion
  • Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS)

*Profil bei Kinderwunschpatienten ohne Zyklusstörungen (= Eumenorrhö)

Hinweis!
Beim Polyzystischen Ovar-Syndrom (PCO-Syndrom) findet sich im Regelfall ein erhöhter LH-Serumspiegel bei normwertigen FSH-Serumspiegel – entsprechend ist der LH/FSH Quotient häufig größer als 2.

Follikelreifungsstörung/Corpus-luteum-Insuffizienz:

  • 17-Beta-Östradiol
  • Progesteron

Achtung!
Zur Feststellung der Ursache einer Follikelreifungsstörung muss in jedem Fall eine Hyperprolaktinämie, eine Hyperandrogenämie (bspw. wegen PCO-Syndrom) sowie eine Schilddrüsenfunktionsstörung (bspw. eine latente Hypothyreose, das ist eine klinisch nicht auffällige Form der Schilddrüsenunterfunktion, häufig gemeinsam mit einer Galaktorrhoe (krankhafter Brustmilchausfluss)
auftretend), ausgeschlossen werden.

Hyperprolaktinämie/Prolaktinom

  • Prolaktin

Androgenbildende Ovarialtumoren

  • Testosteron

Primäre Ovarialinsuffizienz

  • LH
  • FSH
  • 17-Beta-Östradiol

Adrenogenitales Syndrom (AGS)

  • 17-Alpha-OH-Progesteron

Androgenbildende Nebennierentumoren

  • DHEA-S
  • DHEA
  • Testosteron

Morbus Cushing (Cushing-Syndrom)

  • Cortisol
  • Dexa-Test (Dexamethason-Test)

(Latente/manifeste) Hypothyreose/Hyperthyreose

  • TSH
  • ggf. fT4
  • ggf. TRH-Test

Anhand des Hormonstatus erkennt der Arzt mögliche Ursachen einer hormonell bedingten Sterilität.

Immunologische Störungen

Folgende Antikörper werden bestimmt:

  • Spermien-Antikörper
  • Ovar-Antikörper
  • ggf. TPO-Ak (TPO-Antikörper) – bei Verdacht auf Autoimmunthyreoditis (AIT); PCO-Patienten haben ein dreifach erhöhte Risiko für eine AIT

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung:

  • GnRH-Test
  • TRH-Test
  • Glucose
  • HbA1C
  • Oraler Glukosetoleranztest (oGTT)
  • Insulin

Aktive Kinderwunschtherapie geplant bzw. notwendig 

  • Anti-Müller-Hormon (AMH) 

Präventive Gendiagnostik – Carrier-Screening

Carrier-Screening ist ein genetischer Test, der verwendet wird, um zu bestimmen, ob eine Person ein Träger für eine bestimmte autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung ist.

Dieses Screening wird am häufigsten von Paaren in Anspruch genommen, die eine Schwangerschaft erwägen und vorher feststellen möchten, ob das Kind genetische Erkrankungen erben würde.

Der American Congress of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) empfiehlt für Paare europäischer Herkunft nur ein Screening auf eine Mukoviszidose und das American College of Medical Genetics and Genomics (ACMG) zusätzlich die Früherkennung der Spinalen Muskelatrophie.
In dieser Bevölkerungsgruppe erkennen die derzeitigen beiden Carrier-Screenings nur 55,2 Erkrankungen auf 100.000 Kinder; erkennen die derzeitigen beiden Carrier-Screenings nur 55,2 Erkrankungen auf 100.000 Kinder; per gesamten Panel wären es 159,2 Erkrankungen auf 100.000 Kinder [1].

Für aschkenasische Juden, bei denen genetische Erkrankungen weiter verbreitet sind, empfiehlt der ACOG Paaren mit Kinderwunsch zusätzlich zum Screening auf Tay-Sachs-Syndrom und Familiäre Dysautonomie. Die ACMG schlägt ein Panel von zehn Gentests vor (z. B. Morbus Niemann-Pick Typ A, Morbus Gaucher und Fanconi-Anämie Typ C).
In dieser Bevölkerungsgruppe erkranken 392,2 von 100.000 Kindern an einer schweren rezessiven Erkrankung [1].

Hinweis: Carrier (Träger) zu sein, bedeutet nicht, dass eine rezessive Krankheit ausgelöst wird. Der doppelte Chromosomensatz schützt in der Regel davor.

Literatur
  1. Haque IS et al.: Modeled Fetal Risk of Genetic Diseases Identified by Expanded Carrier Screening. JAMA. 2016;316(7):734-742. doi:10.1001/jama.2016.11139