Hodenhochstand (Maldeszensus testis) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Der Maldeszensus testis, auch Kryptorchismus genannt, beschreibt den unvollständigen oder ausbleibenden Abstieg eines oder beider Hoden in den Hodensack während der fetalen Entwicklung. Die genaue Ursache des Kryptorchismus ist multifaktoriell und komplex, wobei mehrere Faktoren diskutiert werden, die den normalen Descensus ("Abstieg") des Hodens beeinflussen:
Anatomische Faktoren
- Nebenhoden: Ein fehlerhafter Abstieg des Nebenhodens kann den normalen Hodenabstieg behindern.
- Gubernaculum testis: Dieses embryonale Bandgewebe spielt eine zentrale Rolle beim Descensus des Hodens. Störungen in seiner Entwicklung können den Hodenabstieg beeinträchtigen.
- Ligamentum diaphragmaticum und Processus vaginalis: Anomalien dieser Strukturen können ebenfalls zu einem gestörten Descensus beitragen.
Nervale Faktoren
- Nervus genitofemoralis: Dieser Nerv ist für die Innervation der Genitalregion verantwortlich und beeinflusst den Hodenabstieg. Störungen in seiner Funktion können den Descensus beeinträchtigen.
Hormonelle Faktoren
- In den meisten Fällen ist der Kryptorchismus eine Folge einer intrauterinen Insuffizienz der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse, die die hormonelle Regulation der Hodenentwicklung beeinflusst. Diese Achse steuert die Produktion und Freisetzung der Hormone, die für den Hodenabstieg notwendig sind, insbesondere die gonadotropen Hormone FSH und LH.
- Hypogonadotroper Hypogonadismus: Der Kryptorchismus wird oft als passagerer (vorübergehender) pränataler und präpubertärer hypogonadotroper Hypogonadismus betrachtet. Hierbei kommt es zu einer verminderten Stimulation der Hoden durch FSH und LH, was zu einem gestörten Hodenabstieg führt.
Aufgrund dieser hormonellen Störungen wird der Maldeszensus testis zu den Endokrinopathien (Erkrankungen der Hormondrüsen) gezählt.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung, durch Genmutationen bedingt
- Geburtsgewicht < 2.500 g sowie Frühgeburt
- Hormonelle Faktoren – s. u. Pathogenese
Verhaltensbedingte Ursachen
-
Genussmittelkonsum
- Tabak (Rauchen) – Rauchen in der Schwangerschaft erhöht das Risiko für Hodenhochstand beim männlichen Fötus durch Schädigung der hormonellen Entwicklung.
Krankheitsbedingte Ursachen
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
Operationen
- Zustand nach vorangegangener Operation im Leistenbereich (z. B. Leistenhernien (Leistenbruch) oder Hydrozelen (Hydrocele testis, Wasserbruch; Flüssigkeitsansammlung im Hodensack)) → sekundäre Aszension (Aufsteigen) eines primär skrotal (im Hoden) tastbaren (Pendel-)Hodens durch Narbenbildung
Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)
- Diethylstilbestrol (DES)
- Mono-Ester der Phthalate
Hinweis: Phthalate gehören zu den endokrinen Disruptoren (Synonym: Xenohormone), die bereits in geringsten Mengen durch Veränderung des Hormonsystems die Gesundheit schädigen können. - Persistente chlororganische Verbindungen
- Polybromierte Diphenylether (PBDE)