Wundrose (Erysipel) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Das Erysipel (Wundrose) wird in den meisten Fällen durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) verursacht. In selteneren Fällen können auch Streptokokken der Gruppe C oder G beteiligt sein. Bei Neugeborenen kann die Infektion gelegentlich durch Streptokokken der Gruppe B ausgelöst werden. Selten sind auch Staphylococcus aureus oder gramnegative Bakterien wie Klebsiella pneumoniae für die Infektion verantwortlich.
  • Genom: Streptokokken besitzen ein doppelsträngiges DNA-Genom, das Gene für Virulenzfaktoren enthält, die die Ausbreitung und Überlebensfähigkeit des Bakteriums in Geweben ermöglichen.
  • Virulenz (Infektionskraft): Die Virulenz der Streptokokken resultiert aus ihrer Fähigkeit, das Bindegewebe und die Lymphgefäße zu durchdringen und sich rasch auszubreiten. Die Freisetzung von Exotoxinen und die Zerstörung von Gewebe sind charakteristisch für die Infektion.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Das Erysipel tritt weltweit auf und betrifft besonders häufig ältere Personen, immungeschwächte Patienten und Menschen mit chronischen Hauterkrankungen oder Lymphödemen.
  • Hauptübertragungsweg:
    • Die Infektion erfolgt meist durch das Eindringen der Bakterien über kleinste Hautverletzungen, Wunden oder Mazerationen (Aufweichung der Haut) in den Zwischenzehenräumen (Interdigitalräume) der Füße.
  • Reservoir: Menschen sind das Hauptreservoir für Streptococcus pyogenes, das häufig auf der Haut und den Schleimhäuten vorhanden ist, ohne Symptome zu verursachen.
  • Infektiosität: Die Bakterien werden durch direkten Kontakt mit infizierten Hautstellen oder durch Schmierinfektion übertragen. Die Infektiosität ist hoch, besonders bei offenen Wunden.

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Die Erreger dringen durch Hautdefekte wie Wunden, Geschwüre (Ulkus), oder pilzbedingte Hautläsionen (Mazeration) in die Haut und das Subkutangewebe (Unterhaut) ein.
  • Nebeneintrittspforten: Kleinste Risse oder Hautabschürfungen können ebenfalls als Eintrittspforte dienen, insbesondere bei Menschen mit gestörter Hautbarriere.

Pathogenese des Erregers

  1. Eindringen in die Haut und Vermehrung:
    • Die Bakterien dringen durch Hautdefekte in die Epidermis (Oberhaut) und das Subkutangewebe ein, wo sie sich rasch vermehren und das Lymphsystem infizieren.
    • Die Bakterien nutzen ihre Exoenzyme und Toxine, um sich im Bindegewebe auszubreiten und das Gewebe zu schädigen.
  2. Ausbreitung über die Lymphgefäße:
    • Das Erysipel breitet sich bevorzugt über die Lymphgefäße unterhalb der Epidermis flächenhaft aus, wodurch die typischen scharf begrenzten, rötlichen Hautveränderungen entstehen.
    • Es kommt zu einer Entzündungsreaktion in den betroffenen Bereichen, die von Ödemen (Schwellungen) und einer erhöhten Durchlässigkeit der Gefäße begleitet wird.
  3. Entzündungsreaktion und Gewebeschäden:
    • Die Freisetzung von Entzündungsmediatoren und die Aktivierung von Immunzellen führt zur Rötung, Schwellung und Überwärmung der Haut. Der Entzündungsprozess kann auch zu Fieber, Schüttelfrost und allgemeinem Krankheitsgefühl führen.
    • Die Infektion kann bei unzureichender Behandlung zu schwerwiegenden Gewebeschäden und Komplikationen wie Lymphödemen oder Abszessen führen.

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort:
    • Nach dem Eindringen der Bakterien wird die angeborene Immunantwort aktiviert. Makrophagen, Neutrophile und andere Immunzellen greifen die Bakterien an und versuchen, die Infektion zu kontrollieren.
    • Die entzündliche Reaktion verursacht die typischen Hautveränderungen wie Rötung, Schwellung und Schmerzen.
  • Systemische Immunantwort:
    • Bei schwereren Verläufen kommt es zu einer systemischen Immunantwort mit Fieber und Schüttelfrost, die auf eine stärkere Verbreitung der Bakterien im Körper hinweist. Das Immunsystem bildet Antikörper, die helfen, die Bakterien zu neutralisieren.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane: Das Erysipel betrifft in erster Linie die Haut und das darunterliegende Bindegewebe sowie die Lymphgefäße.
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • Die bakterielle Infektion führt zu einer Entzündung des Bindegewebes, die in seltenen Fällen zu Nekrosen (Absterben von Gewebe) und Abszessbildung führen kann. Chronische Infektionen können zu Lymphödemen und bleibenden Hautveränderungen führen.

Klinische Manifestation

  • Symptomatologie:
    • Die Symptome des Erysipels umfassen eine scharf begrenzte, flächenhafte Rötung der Haut, die von Schwellungen, Überwärmung, Schmerzen und Spannungsgefühl begleitet wird.
    • Häufig tritt Fieber auf, begleitet von Schüttelfrost und einem allgemeinen Krankheitsgefühl.
    • In schweren Fällen kann sich die Infektion weiter ausbreiten und zu Komplikationen führen.
  • Komplikationen:
    • Mögliche Komplikationen umfassen die Entwicklung von Abszessen, Lymphödemen und in seltenen Fällen eine Sepsis (Blutvergiftung), insbesondere bei immungeschwächten Patienten.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Das Erysipel (Wundrose) ist eine akut auftretende bakterielle Hautinfektion, die durch β-hämolysierende Streptokokken verursacht wird und über kleine Hautdefekte wie Wunden oder pilzbedingte Läsionen in den Körper gelangt. Die Infektion breitet sich über das Lymphsystem und das Bindegewebe aus, was zu scharf begrenzten, entzündlichen Hautveränderungen, Fieber und Schwellungen führt. Eine frühzeitige Behandlung mit Antibiotika ist entscheidend, um die Infektion zu kontrollieren und schwerwiegende Komplikationen zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Geschlecht – Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen
  • Lebensalter – höheres Alter

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Frau: > 40 g/Tag; Mann: > 60 g/Tag)
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)

Krankheitsbedingte Ursachen

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)

  • Immunsuppression, nicht näher bezeichnet

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Adipositas (Fettsucht)
  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)

Haut und Unterhaut (L00-L99) 

  • Hautdefekte/-läsionen (z. B. Ulcus cruris/Beingeschwür)
  • Intertrigo (intertriginöses Ekzem; auch als Wundsein oder Hautwolf bezeichnet) – rote, nässende Entzündung der Haut, die durch Aufweichung derselben gefördert wird
  • Tinea pedis (Fußpilz)

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Chronisch venöse Insuffizienz (CVI) mit Stauung
  • Chronisches Lymphödem – Ödem (Flüssigkeitseinlagerung), mit dellbarer Schwellung der Haut und Unterhaut durch eine eingeschränkte Transportkapazität von Lymphgefäßen

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Alkoholabusus (Alkoholabhängigkeit)

Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Traumata (Verletzungen)

Operationen

  • Venenoperationen