Wundrose (Erysipel) – Einleitung
Beim Erysipel (Wundrose) handelt es sich um eine akute, nicht eitrige, bakterielle Infektion der Haut und des subkutanen Gewebes (Unterhaut), die durch ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) verursacht wird. Das Erysipel breitet sich typischerweise entlang der Lymphbahnen aus und manifestiert sich als scharf begrenzte, flächige Rötung der Haut, oft begleitet von Fieber und allgemeinen Krankheitszeichen.
Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM A46: Erysipel [Wundrose]
Sie geht von einem Hautdefekt aus und breitet sich unter der Epidermis (Oberhaut) in den Lymphgefäßen sowie im Bindegewebe aus. Das Erysipel zeigt sich als scharf begrenzte, starke Rötung.
Charakteristische Laborbefunde
- Erhöhte Entzündungsparameter: C-reaktives Protein (CRP), Leukozytose (Vermehrung von Leukozyten im Blut)
- Erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
- Nachweis ß-hämolysierender Streptokokken in der Blutkultur bei schwereren Verläufen
Formen des Erysipels
- Gesichts-Erysipel: Befällt hauptsächlich das Gesicht, häufig um Nase und Wangen.
- Bein-Erysipel: Tritt häufig an den unteren Extremitäten auf, besonders bei Patienten mit chronischen Hauterkrankungen oder Lymphstauungen.
- Rumpf-Erysipel: Seltener, kann jedoch bei Wunden oder nach Operationen im Rumpfbereich auftreten.
- Chronisch rezidivierendes Erysipel: Wiederkehrende Episoden, oft an derselben Stelle.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Frauen sind häufiger betroffen als Männer (58,2 % vs. 41,8 %).
Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt am häufigsten in der Altersgruppe von 0-49 Jahren auf, wobei die Inzidenz bei Frauen ab 65 Jahren höher ist als bei Männern.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Inzidenzrate etwa 100 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
Saisonale Häufung (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Erkrankung tritt vermehrt in den Sommermonaten auf.
Infektionsepidemiologie
Erreger: ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) sind die häufigsten Erreger.
Erregerreservoir: Mensch, insbesondere Patienten mit asymptomatischen Hautläsionen.
Übertragungsweg: Die Bakterien dringen parenteral durch Hautrisse, Ekzeme oder Pilzinfektionen in den Körper ein (perkutane Infektion).
Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Ja, durch direkten Kontakt mit infizierter Haut oder kontaminierten Gegenständen.
Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Mäßig ansteckend, vor allem bei engem Hautkontakt.
Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Üblicherweise wenige Stunden bis zu 2 Tage.
Krankheitsdauer: Bei rechtzeitiger Behandlung in der Regel innerhalb von 7-14 Tagen ausheilend.
Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Keine spezifischen serologischen Tests im Routineeinsatz für Streptokokken-induzierte Erysipele.
Erregerspezifische Immunität: Keine dauerhafte Immunität; erneute Infektionen sind möglich.
Verlauf und Prognose
Verlauf
Das Erysipel beginnt oft plötzlich mit Fieber, Schüttelfrost und einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Die betroffene Hautpartie zeigt eine scharf begrenzte, flammende Rötung, die sich schnell ausbreitet. Typischerweise sind Beine und Gesicht betroffen, aber auch andere Körperstellen können befallen sein. Die Rötung kann mit Schwellungen, Schmerzen und einem Spannungsgefühl einhergehen.
Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich die Haut warm und teigig geschwollen. Es können auch Blasen (Erysipelas vesiculosum et bullosum) oder Einblutungen (bullös-hämorrhagisches Erysipel) auftreten, was auf einen schwereren Verlauf hinweist. In schweren Fällen können Lymphadenopathie (geschwollene Lymphknoten) und eine Beteiligung der Lymphbahnen beobachtet werden.
Eine rasche Behandlung mit Antibiotika, meist Penicillin, ist entscheidend für den Verlauf der Erkrankung. Bei komplikationslosen Fällen zeigt sich innerhalb weniger Tage eine deutliche Besserung.
Prognose
Die Prognose des Erysipels ist bei rechtzeitiger und angemessener Behandlung in der Regel gut. Die meisten Infektionen heilen bei intaktem Immunsystem innerhalb weniger Tage bis Wochen folgenlos aus. Bei schweren Verlaufsformen oder bei Personen mit Risikofaktoren kann jedoch eine stationäre Behandlung erforderlich sein.
Risikofaktoren für einen schweren Verlauf oder Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) sind unter anderem:
- Diabetes mellitus
- Adipositas mit chronisch-venöser Insuffizienz (Erkrankung der Beinvenen, die mit Durchblutungsstörung als Folge einer venösen Abflussbehinderung im Bereich der Unterschenkel und Füße einhergeht)
- Chronisches Lymphödem (Vermehrung von Gewebeflüssigkeit, die durch eine Schädigung des Lymphsystems bedingt ist)
- Immunsuppression (Vorgang, der immunologische Prozesse unterdrückt)
- Stauungsekzeme
Das Erysipel kann sich mit chronisch-rezidivierenden (wiederkehrenden) Verläufen etablieren. Es ist mit einer Rezidivrate (Rate des Wiederauftretens der Erkrankung) von circa 30 % in einer Zeit von zwei bis vier Jahren zu rechnen [2]. Von einem rezidivierenden Erysipel spricht man, wenn ≥ 2 Episoden in drei Jahren auftreten.
Beachte: Eine Krankenhauseinweisung ist indiziert bei:
- Blasenbildung (Erysipelas vesiculosum et bullosum)
- Bullös-hämorrhagischem Erysipel (blasenbildend-blutendem Erysipel)
- Schweren Verläufen oder Komplikationen
Die Langzeitprognose ist im Allgemeinen gut, wenn die Infektion frühzeitig erkannt und behandelt wird. Schwere Verläufe und Komplikationen treten vor allem bei ausbleibender oder unzureichender Behandlung auf.
Literatur
- Sočan K et al.: Trends in the epidemiology of erysipelas in Slovenia. Acta Dermatovenerologica Alpina Pannonica Adriat 2018;27:1-4
- Brishkoska-Boshkovski V et al.: Comorbidities as risk factors for acute and recurrent erysipelas. Open Access Maced J Med Sci 2019;7:937-42
Leitlinien
- Stevens DL, Bisno AL, Chambers HF et al.: Practice guidelines for the diagnosis and management of skin and soft tissue infections: 2014 update by the Infectious Diseases Society of America. Clin Infect Dis 2014 Jul 15;59(2):e10-52. doi: 10.1093/cid/ciu444.
- S2k-Leitlinie: Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2018. (AWMF-Registernummer: 082 - 006). Dezember 2017 Langfassung