Virale Hirnhautentzündung (virale Meningitis) – Einleitung

Bei der viralen Meningitis handelt es sich um eine Form der Hirnhautentzündung (Meningitis), die durch verschiedene Viren, meist Enteroviren, verursacht wird. Sie betrifft die Meningen, die schützenden Hüllen des Gehirns und Rückenmarks, und führt zu Symptomen wie Kopfschmerzen, Fieber, Nackensteifigkeit und Lichtempfindlichkeit.

Synonyme und ICD-10: akute Chorioenzephalitis; akute Choriomeningitis; akute lymphozytäre Meningitis; akute seröse lymphozytäre Chorioenzephalitis; akute seröse lymphozytäre Choriomeningitis; Chorioenzephalitis; Choriomeningitis; Lymphozytäre Chorioenzephalitis; lymphozytäre Choriomeningitis; lymphozytäre Enzephalitis; lymphozytäre Meningitis; lymphozytäre Meningoenzephalitis; Meningitis bei Viruskrankheit; Meningitis durch Adenoviren; Meningitis durch Arboviren; Meningitis durch Coxsackieviren; Meningitis durch ECHO-Virus; Meningitis durch Enteroviren; seröse Chorioenzephalitis; seröse Choriomeningitis; seröse epidemische Meningitis; Virusmeningitis; ICD-10-GM A87.-: Virusmeningitis

Häufige Auslöser

  • Enteroviren
    • Coxsackieviren
    • Echoviren
  • Herpesviren
    • Herpes-simplex-Virus (HSV)
    • Varizella-Zoster-Virus (VZV)
  • Mumpsvirus
  • Arboviren
    • Flaviviren (z. B. West-Nil-Virus)
  • Masernvirus (seltener, insbesondere bei ungeimpften Personen)
  • Lymphozytäres Choriomeningitisvirus (LCMV)

Oft wird eine virale Meningitis in Verbindung mit einer anderen Viruserkrankung beobachtet.

Charakteristische Laborbefunde

Die Diagnose der viralen Meningitis basiert auf einer Kombination klinischer Symptome und charakteristischer Laborbefunde, insbesondere der Analyse des Liquors (Hirn-Rückenmark-Flüssigkeit). Hier sind die typischen Laborbefunde:

  • Liquoruntersuchung (Lumbalpunktion)
    • Liquorzytose: Erhöhung der Zellzahl im Liquor (Pleozytose), meist zwischen 10-500 Zellen/µl, mit einem Überwiegen von Lymphozyten (lymphozytäre Pleozytose). Dies ist ein charakteristisches Merkmal der viralen Meningitis.
    • Proteinerhöhung: Ein leicht bis moderat erhöhter Eiweißgehalt (Proteingehalt) im Liquor, typischerweise zwischen 50-100 mg/dl.
    • Normale Glukosekonzentration: Im Gegensatz zur bakteriellen Meningitis bleibt die Glukosekonzentration im Liquor meistens normal (50-80 mg/dl). Das Verhältnis zwischen Blut- und Liquorglukose bleibt im Normbereich (> 0,6).
    • Liquor klar: Der Liquor bleibt im Vergleich zur trüben Liquorfärbung bei bakterieller Meningitis normalerweise klar.
  • Virusnachweis
    • PCR (Polymerase-Kettenreaktion): Die PCR ist die Methode der Wahl, um virale Nukleinsäuren im Liquor nachzuweisen. Besonders nützlich für den Nachweis von:
      • Enteroviren
      • Herpesviren (HSV-1, HSV-2, VZV)
      • Mumpsvirus (besonders in ungeimpften Bevölkerungen)
      • West-Nil-Virus (bei Verdacht auf Arboviren)
  • Serologische Tests: Antikörpernachweis im Liquor oder Serum, z. B. bei Verdacht auf eine Infektion mit dem West-Nil-Virus oder FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis).
  • Blutuntersuchung
    • Leukopenie oder leicht erhöhte Leukozytenzahl (Anzahl der weißen Blutkörperchen) im Blut, abhängig vom Virus und dem Verlauf der Infektion.
    • Erhöhte C-reaktive Protein (CRP)-Werte, aber weniger stark ausgeprägt als bei bakteriellen Infektionen.

Formen der viralen Meningitis

  • Akute Chorioenzephalitis
  • Akute Choriomeningitis
  • Akute lymphozytäre Meningitis
  • Akute seröse lymphozytäre Chorioenzephalitis
  • Akute seröse lymphozytäre Choriomeningitis
  • Lymphozytäre Enzephalitis
  • Lymphozytäre Meningoenzephalitis
  • Meningitis bei Viruskrankheit

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Vorwiegend bei Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Inzidenz der viralen Meningitis ist höher als die der bakteriellen Meningitis.

Saisonalität
: Die Erkrankung tritt gehäuft in den Sommermonaten auf.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Die häufigsten Erreger der viralen Meningitis sind Enteroviren, insbesondere Coxsackie- und Echoviren. Weitere Erreger können Mumpsvirus, Herpesviren (HSV, VZV), und Arboviren sein.

Erregerreservoir: Menschen sind das Hauptreservoir für Enteroviren und viele andere virale Erreger der Meningitis.

Übertragungswege:

  • Aerogen (Tröpfcheninfektion): Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion beim Niesen oder Husten von infizierten Personen.
  • Schmierinfektion (fäkal-oral): Die Übertragung kann auch durch Kontakt mit infiziertem Stuhl und anschließende orale Aufnahme erfolgen, insbesondere bei Enteroviren.

Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Die Inkubationszeit variiert je nach Erreger, beträgt jedoch typischerweise 3 bis 7 Tage.

Krankheitsdauer: Die Krankheitsdauer beträgt in der Regel 7 bis 10 Tage, kann jedoch bei geschwächten Personen länger andauern.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Ja, insbesondere durch engen Kontakt oder in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen.

Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Virale Meningitiserreger sind hoch kontagiös, insbesondere Enteroviren, die leicht über Schmierinfektion oder Tröpfcheninfektion verbreitet werden können.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Harmloser Verlauf: In mehr als 90 % der Fälle heilt die virale Meningitis auch ohne Therapie innerhalb von 10-14 Tagen folgenlos ab.
  • Komplikationen: In seltenen Fällen kann eine Meningoenzephalitis auftreten, was eine kombinierte Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) und der Hirnhäute (Meningitis) bedeutet.
  • Risikofaktoren für Komplikationen: Die Prognose hängt stark von der Art des Erregers, dem Allgemeinzustand und dem Alter des Patienten ab.

Prognose

  • Günstige Prognose: Die meisten Fälle verlaufen mild und folgenlos.
  • Schwere Verläufe: Bei bestimmten Viren wie dem Herpes-simplex-Virus (HSV) kann ein schwerer, potenziell letaler Verlauf auftreten. Die Letalität liegt ohne Therapie bei 70-100 %, kann aber durch virostatische Therapie auf 20-30 % reduziert werden.
  • Impfung: Schutzimpfungen gegen einige der auslösenden Viren (Mumps, Masern, Röteln, Polio, FSME) sind verfügbar und bieten effektiven Schutz.
  • Meldepflicht: In Deutschland ist die virale Meningitis nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig, was eine systematische Erfassung und Überwachung ermöglicht.

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Virale Meningoenzephalitis. (AWMF-Registernummer: 030-100), Januar 2018 Langfassung