Tularämie (Hasenpest) – Einleitung

Bei der Tularämie – umgangssprachlich Hasenpest genannt – handelt es sich um eine Infektionserkrankung, die durch das gramnegative, kokkoide (kugelförmige), sporenlose Bakterium Francisella tularensis verursacht wird.

Thesaurus-Synonyme und ICD-10: Abdominale Tularämie; Augentularämie; Chrysops-Fieber; Francis-Krankheit; Gastrointestinale Tularämie; generalisierte Tularämie; Hasenfieber; Hirschfliegen-Fieber; Infektion durch Francisella tularensis; Infektion durch Pasteurella tularensis; Ingestion bei Tularämie; Konjunktivitis durch Tularämie; Lemming-Fieber; Lungentularämie; Ohara-Krankheit; Okuloglanduläre Tularämie; Palvant-Tal-Krankheit; Parinaud-Krankheit; Francis-Krankheit; Nagerpest; Lemming-Fieber; Pneumonie bei Tularämie; Pulmonale Tularämie; Sepsis bei Tularämie; septische Tularämie; Tracheobronchitis durch Francisella tularensis; Tularämie; Typhöse Tularämie; Ulzeroglanduläre Tularämie; Wildkaninchen-Krankheit; ICD-10-GM A21.-: Tularämie

Die Erkrankung gehört zu den bakteriellen Zoonosen (Tierseuchen).

Man kann zwei Biovare des hochkontagiösen Erregers unterscheiden:

  • Francisella tularensis biovar tularensis (Jellison Typ A)
  • Francisella tularensis biovar holarctica (Jellison Typ B)

Charakteristische Laborbefunde

  • Leukozytose: Erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen (Leukozyten) im Blut, was auf eine Infektion hinweist.
  • Erhöhte C-reaktive Protein (CRP): Ein Marker für Entzündungen im Körper, der bei bakteriellen Infektionen häufig erhöht ist.
  • Erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG): Ein unspezifischer Marker für Entzündungen.
  • Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper gegen Francisella tularensis durch Agglutinationstest oder ELISA.
  • Erregernachweis: Francisella tularensis kann in bestimmten Fällen durch Kulturen aus Blut, Lymphknoten oder infizierten Gewebeproben nachgewiesen werden, wobei die Kultivierung aufgrund der Pathogenität des Erregers nur in speziellen Labors erfolgt.
  • Molekularbiologische Methoden: PCR (Polymerase-Kettenreaktion) zum Nachweis von Francisella tularensis in Blut oder Gewebeproben.
  • Transaminasen: Erhöhung von Leberenzymen (Transaminasen) wie AST (Aspartat-Aminotransferase) und ALT (Alanin-Aminotransferase), was auf eine Beteiligung der Leber hinweisen kann.

Formen der Tularämie

Je nach der Eintrittspforte des Erregers und der Infektionsdosis 

  • Glandulär: Beteiligung der Lymphknoten
  • Intestinal: Beteiligung des Magen-Darm-Traktes
  • Oculoglandulär: Beteiligung der Augen und der lokalen Lymphknoten
  • Oropharyngeal: Beteiligung des Mund-/Rachenraums und der lokalen Lymphknoten
  • Pulmonal: Beteiligung der Lunge
  • Typhoidal: Typhusartig mit Sepsis (Blutvergiftung); Letalität bis 60 %
  • Ulzeroglandulär: Beteiligung von Haut und Lymphknoten

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Die Infektion kann Menschen jeden Alters betreffen, insbesondere jedoch Jäger, Waldarbeiter und Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Die Krankheit tritt selten auf. In Deutschland werden jährlich zwischen 3 und 15 Fälle gemeldet. In Europa sind es 20-50 Erkrankungen pro Jahr.

Inzidenz
: Die Häufigkeit von Neuerkrankungen ist gering, jedoch kann es zu regionalen Ausbrüchen kommen.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Francisella tularensis, ein gramnegatives, kokkoides Stäbchenbakterium.

Erregerreservoir: Verschiedene kleine Säugetiere wie Hasen, Kaninchen, Mäuse, Ratten, Eichhörnchen sowie einige Vogelarten und Insekten.

Vorkommen: Der Erreger tritt auf der gesamten Nordhalbkugel auf. In Deutschland und anderen Teilen Europas kommt die Infektion selten vor, ist jedoch endemisch in bestimmten Gebieten.

Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Die Kontagiosität ist hoch. Der Erreger wird durch Wärme und Desinfektionsmittel zerstört, ist jedoch gegenüber Kälte resistent.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist nicht bekannt, wird aber in bestimmten Situationen für möglich gehalten [1].

Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Die Inkubationszeit beträgt 1-14 Tage, typischerweise 3-5 Tage.

Übertragungsweg

  • Direkte Übertragung: Durch blutsaugende Parasiten wie Zecken, Mücken und Bremsen, die den Erreger auf den Menschen übertragen können.
  • Indirekte Übertragung:
    • Durch Haut- oder Schleimhautkontakt mit infektiösem Tiermaterial.
    • Verzehr von nicht ausreichend erhitzten, kontaminierten Lebensmitteln (z. B. Fleisch von infizierten Hasen).
    • Aufnahme von kontaminiertem Wasser.
    • Inhalation von infiziertem Staub, insbesondere in Gebieten mit infizierten Tieren.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Die Infektion manifestiert sich von asymptomatischen (ohne Symptome) oder subklinischen ("leichten") Verläufen bis zu schwerwiegenden Krankheitsbildern mit verschiedenen Organmanifestationen.
  • Typische Symptome sind Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Lymphknotenschwellungen.
  • Die Dauer der Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) besteht, bis das Exanthem (Hautausschlag) sichtbar wird und wahrscheinlich auch noch einige Tage danach. 5 Tage nach Exanthembeginn kann man Kinder wieder in Gemeinschaftseinrichtungen zulassen.
  • Die Erkrankung hinterlässt lebenslange Immunität.

Prognose

  • Die Erkrankung verläuft häufig letal (tödlich). Die Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) liegt ohne antibiotische Therapie bei über 30 %. Auch bei Behandlung liegt die Letalität noch bei ca. 5 %.
  • Bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung mit Antibiotika ist die Prognose gut. Unbehandelt kann die Erkrankung jedoch tödlich verlaufen.

 

In Deutschland ist der Erregernachweis nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig.

Literatur

  1. Robert Koch Institut (RKI): Tularämie. RKI-Ratgeber für Ärzte. 23. Februar 2016