Trichinen (Trichinellose) – Einleitung
Die Trichinellose, auch Trichinenkrankheit genannt, ist eine parasitäre Infektionskrankheit, die durch Fadenwürmer der Gattung Trichinella verursacht wird. Diese Erkrankung gehört zu den Zoonosen, da sie primär Tiere befällt und durch den Verzehr von kontaminiertem Fleisch auf den Menschen übertragen wird.
Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM B75: Trichinellose
Die Erkrankung gehört zu den parasitären Zoonosen (Tierseuchen).
Man kann die folgenden Arten von Trichinella unterscheiden:
- Trichinella spiralis ‒ häufigste Art
- Trichinella nelsoni
- Trichinella nativa
- Trichinella bitovi
- Trichinella pseudospiralis
Charakteristische Laborbefunde bei Trichinellose
- Eosinophilie: Deutlich erhöhte Eosinophilenzahl im Blutbild (häufig > 20 % der Leukozyten).
- Leukozytose: Erhöhte Anzahl von Leukozyten im Blut (Leukozytose).
- CK-Erhöhung: Erhöhte Creatinkinase (CK), insbesondere CK-MM, als Zeichen der Muskelschädigung.
- LDH-Erhöhung: Erhöhung der Laktatdehydrogenase (LDH) aufgrund von Muskelbeteiligung.
- Erhöhte Transaminasen: In einigen Fällen sind auch die Leberwerte (AST, ALT) erhöht.
- Erhöhtes IgE: Ein Zeichen der allergischen Reaktion und der Parasitose.
- Serologische Tests: Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen Trichinella (IgG) mittels ELISA oder Western Blot, frühestens 2-3 Wochen nach Infektion nachweisbar.
- Muskelbiopsie: In unklaren Fällen kann eine Muskelbiopsie durchgeführt werden, um eingekapselte Larven zu identifizieren.
Formen der Erkrankung (Stadien der Trichinellose)
- Enterale Phase ‒ in dieser Phase befinden sich die Larven in der Darmschleimhaut (ca. Tag 2-7); Symptome: schweres Krankheitsgefühl, Mattigkeit, Schlaflosigkeit, Diarrhöen (Durchfälle), abdominelle Beschwerden (Bauchschmerzen) u. a.
- Migrationsphase (1-3 Wochen) ‒ in dieser Phase wandern die Larven über den Blutweg in die Muskulatur
Tage 7-11: Symptome: subfebril bis hohes Fieber (40-41 °C, vorwiegend abends oder nachts), Schüttelfrost, Heiserkeit, Schwellung der Augenlider und des Gesichts, Konjunktivitis (Bindehautentzündung) u. a.
Tage 12-20: Myalgien (Muskelschmerzen): zunächst Augenmuskeln, dann Kaumuskulatur, Nackenmuskulatur, Zunge, dann Beugemuskeln der Extremitäten, der Atem- und Rückenmuskeln
3.-4. Woche: ohne Therapie klingen Fieber und Muskelschmerzen ab; in der Phase der Rekonvaleszenz: Muskelschwäche, Steifheit und Gelenkkontrakturen (Versteifung von Gelenken), Muskelschwäche, vermehrtes Schwitzen, Konjunktivitis, Parästhesien (Missempfindungen) bzw. Sensibilitätsstörungen können über Jahre persistieren - Parenterale Phase ‒ in dieser Phase kommt es zu Symptomen durch im zentralen Nervensystem eingekapselte Larven
Ursachen
- Verzehr von rohem oder unzureichend erhitztem Fleisch (v. a. Schwein, Wildschwein, Pferd), das mit Trichinella-Larven kontaminiert ist.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
Häufigkeitsgipfel: Keine klare Altersprävalenz, die Erkrankung ist abhängig von den Ernährungsgewohnheiten und hygienischen Bedingungen.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): In Deutschland und anderen entwickelten Ländern sehr selten aufgrund strenger Fleischkontrollen.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Nur wenige Einzelfälle, meist importiert. Weltweit häufiger in Ländern mit weniger strikten Fleischkontrollen.
Saisonale Häufung: Keine saisonale Häufung, da die Infektion an den Verzehr kontaminierter Lebensmittel gebunden ist.
Infektionsepidemiologie
Erreger: Trichinella spiralis und andere Trichinella-Arten.
Erregerreservoir: Vorwiegend Schweine und Wildschweine, aber auch Pferde, Bären und Robben.
Vorkommen: Weltweit, besonders in Regionen mit traditionellem Konsum von rohem Fleisch.
Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Nein.
Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Keine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch, sondern durch den Verzehr infizierter Fleischprodukte.
Übertragungsweg: Orale Aufnahme von Larven durch kontaminiertes Fleisch.
Eintrittspforte: Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt).
Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 5 bis 14 Tage, in seltenen Fällen bis zu 45 Tage.
Krankheitsdauer: Die akute Phase dauert mehrere Wochen, Beschwerden können jedoch monate- oder jahrelang anhalten.
Dauer der Infektiosität: Die Erkrankung ist nicht direkt von Mensch zu Mensch übertragbar.
Seroprävalenz: Nicht routinemäßig bestimmt; in Endemiegebieten gibt es populationsweite Seroprävalenzen.
Erregerspezifische Immunität: Nach durchgemachter Infektion bleibt keine vollständige Immunität bestehen, Reinfektionen sind möglich.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Milde Verläufe: Häufig unspezifische Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und Abdominalschmerzen (Bauchschmerzen). Diese werden oft nicht als Trichinellose erkannt.
- Schwere Verläufe: Bei höherer Larvenlast ausgeprägtere Symptome, insbesondere Myalgien (Muskelschmerzen), Fieber und Schwellungen. Ohne adäquate Therapie kann die Erkrankung Wochen bis Monate andauern.
- Komplikationen: Bei schwerem Verlauf kann es zu Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Enzephalitis (Gehirnsentzündung), Pneumonitis (entzündliche Lungenerkrankung) und Nierenversagen kommen.
Prognose
- Leichte Fälle: Spontane Besserung nach wenigen Wochen, vollständige Erholung möglich.
- Schwere Fälle: Ohne Behandlung können die Symptome über Monate persistieren. Komplikationen können zu bleibenden Schäden oder sogar zum Tod führen (Letalität/Sterblichkeit bei schweren Verläufen liegt bei bis zu 5 %).
- Therapie: Bei frühzeitiger Behandlung mit Anthelminthika und Kortikosteroiden ist die Prognose gut.
- Langzeitfolgen: Chronische Muskelschwäche und Gelenksteifigkeit können als Spätfolgen verbleiben.
Meldepflicht
In Deutschland ist der Nachweis von Trichinella-Larven nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich meldepflichtig.