Toxoplasmose – Toxoplasmose in der Schwangerschaft
Bei der Toxoplasmose (Synonyme: Toxoplasma-Infektion; Toxoplasma-gondii-Infektion; Toxoplasmen; Toxoplasmosis; ICD-10-GM B58.-: Toxoplasmose) handelt es sich um eine Infektionserkrankung, die durch das zu den Protozoen (Einzeller) zählende Toxoplasma gondii verursacht wird.
Aufgrund eines zweiwirtigen Entwicklungszyklus unterscheidet man zwischen Zwischenwirten und einem Endwirt. Zwischenwirt sind Maus, Schwein, Schaf, Rind, Geflügel und Mensch. Endwirt sind Felidae, wie z. B. Katzen. Sie scheiden einen Kot mit Oozysten aus, der in der Umwelt für lange Zeit infektiös ist.
Vorkommen: Die Infektion tritt weltweit auf.
Die Übertragung des Erregers (Infektionsweg) kann durch ungenügend gegartes Fleisch, vor allem Lamm- und Schweinefleisch (Tachy- und Bradyzoiten; ca. 20 % des Schweinefleisches ist infiziert) oder den direkten Umgang mit infizierten Katzen erfolgen. Eine weitere Quelle für humane T.-gondii-Infektionen sind mit Oozysten verunreinigtes ungenügend abgewaschenes Obst und Gemüse
Des Weiteren findet die Infektion über die Erde, beispielsweise bei der Gartenarbeit, über kontaminiertes Oberflächenwasser oder diaplazentar, das heißt, von der Mutter auf das ungeborene Kind, statt. Daneben besteht eine geringe Gefahr, sich bei Bluttransfusionen und Organtransplantationen mit dem Erreger zu infizieren.
Die Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung) beträgt in der Regel 14-21 Tage.
Man kann je nach klinischer Symptomatik drei verschiedene Formen der Toxoplasmose unterscheiden:
- postnatale Infektion bei Immungesunden – Infektion nach der Geburt bei Personen mit kompetenter Immunabwehr
- postnatale Infektion bei Immunsupprimierten (reaktive Toxoplasmose) – bei Personen mit einer asymptomatischen Toxoplasma-Infektion kann durch eine Schwächung des Immunsystems (vor allem bei AIDS) eine meist schwer verlaufende Reaktivierung der Toxoplasma-Infektion auftreten.
- pränatale (konnatale) Infektion – Infektion des ungeborenen Kindes durch die Mutter während der Schwangerschaft; dabei nimmt die Gefahr der Übertragung auf das Kind mit der Schwangerschaftsdauer zu, die Schwere der Infektion nimmt jedoch ab.
In Deutschland beträgt die Durchseuchung mit dem Erreger bei den älteren Personen bis zu 70 %, das heißt, mehr als 70 % der Bevölkerung über 50 Jahre haben Antikörper gegen Toxoplasma gondii. Schwangere weisen in bis zu 75 % der Fälle keine Immunität auf.
Ist man einmal infiziert, bleibt man ein Leben lang infiziert, deshalb ist auch eine Reaktivierung möglich.
Gefährlich ist die Toxoplasmose in der Schwangerschaft, wenn es sich um eine Erstinfektion der Mutter handelt, da dann keine Antikörper vorhanden sind, um den Fetus in utero (ungeborene Kind in der Gebärmutter) zu schützen.
Tritt eine Infektion mit dem Erreger während der Schwangerschaft auf, so können beim Feten folgende Symptome/Erkrankungen auftreten
Im ersten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel)
- Abort (Fehlgeburt)
Im zweiten und dritten Trimenon
- Abort (Fehlgeburt)
- Chorioretinitis – Entzündung der Choroidea (Aderhaut) mit einer Beteiligung der Retina (Netzhaut)
- Hydrocephalus (Wasserkopf) – krankhafte Erweiterung der liquorgefüllten Flüssigkeitsräume (Hirnventrikel) des Gehirns
- Intrakranielle Verkalkungen – Verkalkungen im Gehirn
- Epilepsie
- Großhirnatrophie – Verminderung der Masse des Großhirns
- Mikrozephalie – abnormale Kleinheit des Kopfes aufgrund einer Entwicklungsstörung des Gehirns
- Strabismus (Schielen)
- Geistige Retardierung
- Optikusatrophie – Herabsetzung des Sehvermögens aufgrund einer Degeneration des Sehnerven
- Iritis – Entzündung der Regenbogenhaut im Auge
- Katarakt – Trübung der Augenlinse
- Frühgeburt
- Pneumonie (Lungenentzündung)
- Myokarditis (Herzmuskelentzündung)
- Nephritis (Nierenentzündung)
- Hepatitis (Leberentzündung)
- Gastroenteritis (Magen-Darm-Entzündung)
Infiziert sich die Mutter kurz vor dem Ende der Schwangerschaft, so wird das Kind meist asymptomatisch geboren (85 % der Fälle), entwickelt später jedoch ohne adaquate Therapie Symptome (Chorioretinitis, Iritis, Taubheit, Enzephalitis, Mikrozephalie, Epilepsie, psychomotorische Retardierung) der Toxoplasma-Infektion.
Aus diesem Grunde sollte bei Schwangeren eine bestehende Immunität mit Testung des Antikörperstatus geklärt werden.
Labordiagnostik
In folgenden Fällen ist der Toxoplasmose-Test erforderlich:
- Vor einer geplanten Schwangerschaft sollten folgende Frauen untersucht werden [1]:
- mit Sterilität und Kinderwunsch
- mit belasteter Schwangerschafts- oder Geburtsanamnese
- ohne bekannten Immunstatus
- Während einer Schwangerschaft sollten folgende Frauen untersucht werden:
- ohne bekannten Immunstatus
- nach Sterilitätsbehandlung bzw. mit belasteter Schwangerschafts- oder Geburtsanamnese
- ohne Immunität nach Sterilitätsbehandlung bzw. mit belasteter Schwangerschafts- oder Geburtsanamnese
- unabhängig davon ist die Untersuchung bei schwangeren Frauen mit unbekanntem Immunstatus bzw. fehlender Immunität anzustreben.
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- Direkter mikroskopischer Nachweis des Erregers im Blut
- Toxoplasma gondii-Antikörper-Nachweis (IgM-/IgG-Nachweis in der Immunfluoreszenz)
Bei Schwangeren sollte 14 Tage nach einem positiven IgM-Test erneut serologisch (aus dem Blut) untersucht werden.
Bei Schwangeren ohne Immunität sind wiederholte Teste möglichst im Abstand von acht, zumindest aber nicht größer als zwölf Wochen bis zum Ende der Schwangerschaft durchzuführen.
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung
- Toxoplasma gondii-DNA-Nachweis (genetischer Nachweis einer Toxoplasma gondii-Infektion)
Interpretation
Toxoplasma gondii-IgG |
Toxoplasma gondii-IgM |
Ergebnisse, sprechen i. d. R. für folgenden Infektionsstatus |
Niedrig | Niedrig | Nicht relevante, inaktive Infektion |
Hoch | Niedrig | Abklingende Infektion |
Hoch | Hoch | Kürzlich stattgefundene Infektion |
Niedrig | Hoch | Akute Infektion |
Literatur
- Robert Koch Institut (RKI): Toxoplasmose. RKI-Ratgeber für Ärzte. 12. Dezember 2016