Wundstarrkrampf (Tetanus) – Einleitung

Tetanus, umgangssprachlich als Wundstarrkrampf bekannt, ist eine schwere, lebensbedrohliche Infektionskrankheit, die durch das Neurotoxin Tetanospasmin verursacht wird. Dieses Toxin wird von dem grampositiven, anaeroben Bakterium Clostridium tetani gebildet. Die Krankheit äußert sich durch Muskelkrämpfe und eine Erhöhung des Muskeltonus, insbesondere der Kaumuskulatur, was den klassischen „Trismus“ oder Kiefersperre verursacht.

Synonyme und ICD 10: ICD-10-GM A33: Tetanus neonatorum; ICD-10-GM A34: Tetanus während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes; ICD-10-GM A35: Sonstiger Tetanus

Charakteristische Laborbefunde

  • Es gibt keine spezifischen Laborparameter, die Tetanus direkt nachweisen. Die Diagnose erfolgt klinisch aufgrund der charakteristischen Symptome.
  • Zur Ausschlussdiagnostik von Differentialdiagnosen können jedoch folgende Laborbefunde erhoben werden:
    • Wundabstrichkulturen: Clostridium tetani kann bei kontaminierten Wunden isoliert werden, obwohl dies selten gelingt.
    • Liquoruntersuchungen: Normalbefund im Liquor trotz neurologischer Symptomatik, was auf eine zentrale Nervensystemerkrankung hinweist.
    • Erhöhte Kreatinkinase (CK): Als Folge der Muskelkrämpfe kann es zu einem Anstieg der CK-Werte kommen.

Formen der Erkrankung

  • Generalisierter Tetanus
    • Häufigste Form, betrifft den gesamten Körper.
    • Mittlere Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 8 Tage.
    • Typische Symptome: Muskelkrämpfe, Trismus (Kiefersperre), Opisthotonus (Verkrampfung der Rückenmuskulatur mit Überstreckung).
  • Neonataler Tetanus
    • Tritt hauptsächlich in Ländern mit unzureichender Impfversorgung auf.
    • Manifestiert sich in den ersten zwei Lebenswochen.
    • Hohe Mortalität (Sterblichkeit) durch unzureichende Immunität der Mütter und Infektion bei der Geburt.
  • Lokaler Tetanus
    • Beschränkt sich auf die betroffene Extremität oder das Gebiet um die Verletzungsstelle.
    • Selten, kann sich jedoch generalisieren.
  • Cephaler Tetanus
    • Seltene Form, tritt nach Verletzungen am Kopf, Gesicht oder Nacken auf.
    • Typische Inkubationszeit: 1-2 Tage.
    • Häufig mit Hirnnervenausfällen verbunden.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen, besonders im Kontext von Arbeitsunfällen oder Outdoor-Aktivitäten, die zu Verletzungen führen.

Häufigkeitsgipfel
: Tetanus tritt häufiger bei älteren Menschen auf, da bei ihnen der Impfschutz nachlässt.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Tetanus ist in Industrieländern durch Impfungen selten geworden, tritt jedoch in Entwicklungsländern häufiger auf.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): In Deutschland ca. 70 Fälle pro Jahr, weltweit etwa 1 Million Fälle pro Jahr.

Saisonale Häufung
: Keine ausgeprägte saisonale Häufung, jedoch erhöhtes Risiko bei Outdoor-Aktivitäten im Sommer.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Clostridium tetani, ein anaerobes, grampositives, sporenbildendes Bakterium.

Erregerreservoir
: Ubiquitär im Boden, Staub und in der Darmflora von Menschen und Tieren.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Nein.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Tetanus ist nicht ansteckend.

Übertragungsweg
: Eintritt der Sporen über kontaminierte Wunden oder Verletzungen.

Eintrittspforte
: Hautverletzungen, Stich- oder Bisswunden, Verbrennungen.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 3 bis 14 Tage, selten bis zu mehreren Monaten.

Krankheitsdauer
: Der Verlauf beträgt meist 4 bis 6 Wochen.

Dauer der Infektiosität
: Keine direkte Ansteckungsgefahr.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): In Industrieländern durch Impfprogramme hoch, in Entwicklungsländern gering.

Erregerspezifische Immunität
: Nach durchgemachter Infektion wird keine Immunität aufgebaut, daher ist eine Impfung notwendig.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Frühsymptome: Beginnt meist mit Trismus (Kiefersperre) und generalisierten Muskelkrämpfen.
  • Progression: Die Krämpfe können sich auf andere Muskelgruppen ausweiten und zu schwerer Verkrampfung des Rückens (Opisthotonus) und Atemmuskulatur führen, was eine mechanische Beatmung erfordern kann.
  • Komplikationen: Schwere Atem- und Herzprobleme sowie Muskelrisse durch starke Krämpfe sind möglich.

Prognose

  • Letalität: Trotz moderner Intensivmedizin liegt die Letalität des generalisierten Tetanus bei 10-20 %, in Entwicklungsländern jedoch deutlich höher (bis zu 50 %).
  • Komplikationen: Langanhaltende Muskelkrämpfe, respiratorische Insuffizienz (Atemschwäche), vegetative Dysregulationen.
  • Erholung: Die Genesung dauert Wochen bis Monate, abhängig von der Schwere der Infektion.
  • Prognose nach klinischer Form: Lokale Tetanusformen haben eine deutlich bessere Prognose als die generalisierten Verläufe.

Impfung

Eine Schutzimpfung gegen Tetanus ist verfügbar und wird im Rahmen der Grundimmunisierung im Kindesalter verabreicht, gefolgt von Auffrischimpfungen alle 10 Jahre. Sie ist die effektivste Präventionsmaßnahme gegen Tetanus.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig.

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Tetanus. (AWMF-Registernummer: 030-104), August 2017 Langfassung