Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom (SIRS) – Medikamentöse Therapie
Therapieempfehlungen
Die Therapie des SIRS richtet sich nach der genauen Ursache bzw. der Vorerkrankung:
- Operative Therapie der zugrunde liegenden Erkrankung (Herdsanierung) [siehe "Weitere Therapie"]
- Medikamentöse Therapie:
- Antimikrobielle Therapie
- Supportive ("unterstützende") Therapie: ggf. Intensivtherapie, Kreislaufstabilisierung, Volumentherapie, Insulintherapie, Weitere supportive Therapie)
- Airwaymanagement/Beatmung [siehe "Weitere Therapie"]
- ggf. Nierenersatztherapie [siehe "Weitere Therapie"]
- Ernährung [siehe "Weitere Therapie"]
Medikamentöse Therapie (antimikrobielle Therapie)
- Auf Grundlage der bakteriologischen Untersuchungen (Blutkultur/Blutkulturen, Abstriche, Gewebeproben etc.)
- Sofort nach Stellen der Diagnose mit Breitspektrumantibiotika beginnen (s. u. "Sepsis/Medikamentöse Therapie")
- Immer komplette Erstdosis, danach ggf. bei Nieren-/Leberinsuffizienz (Nierenschwäche/Leberfunktionsstörung bzw. Leberversagen/Ausfall der Leberfunktion) Dosis anpassen
Medikamentöse Therapie (supportive Therapie)
Arterielle Hypotension (systolischer arterieller Blutdruck < 90 mmHg oder mittlerer arterieller Blutdruck < 70 mmHg über mindestens eine Stunde)
- Volumentherapie:
- Kristalloide sowie kolloidale Lösungen
Beachte: Der Ausschuss für Risikobewertung (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA rät nach einer Überprüfung, Hydroxyethylstärke (HES) in der EU die Zulassung zu entziehen [1].
Ab 17. April 2019 darf HES nur noch von speziellen Einrichtungen verwendet werden(Mitteilung: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM))
Als Alternative bei Hypovolämie stehen kristalloide Lösungen (Kochsalz, Bicarbonat, Dextrose, Ringer) zur Verfügung. - Erythrozytenkonzentrate (Blutprodukte, die aus Vollblut gewonnen werden und überwiegend aus roten Blutzellen bestehen) bei Hämoglobin-Werten (Hb) < 7 g/dl (Ziel: 7-9 g/dl)
- Kristalloide sowie kolloidale Lösungen
- Gabe von Katecholaminen:
- Noradrenalin bei reduziertem systemvaskulären Widerstand (Gefäßwiderstand)
- Dobutamin bei hypodynamem Kreislauf (Blutdruckabfall/Schock)
- Vasopressin/Terlipressin ggf. bei therapierefraktärer Kreislaufinstabilität
Beachte: Bei Patienten mit hepatorenalem Syndrom Typ eins kann Terlipressin eine schwere oder letale Ateminsuffizienz auslösen. Des Weiteren ist bei diesen Patienten das Risiko für Sepsis/septischen Schock erhöht [2]. - Bluttransfusion bei Hämoglobin-Werten (Hb; Blutfarbstoff) < 7-8 g/dl
- Noradrenalin bei reduziertem systemvaskulären Widerstand (Gefäßwiderstand)
Dabei sollten folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Der arterielle Mitteldruck (MAP) sollte > 65 mmHg betragen. Eine frühzeitige Stabilisierung des Kreislaufs (< 6 h) reduziert die Mortalität (Sterberate)!
- Weitere Parameter:
- ZVD (zentraler venöser Druck) 8-12 mmHg
- Zentralvenöse Sauerstoffsättigung (SvO2) ≥ 70 %
- Urinvolumen ≥ 0,5 mg/kg KG/h
Intensivierte Insulintherapie
- Empfehlung der Einstellung der Blutzuckerwerte zwischen 90-150 mg/dl zur Reduktion der Mortalität (Sterberate)
Weitere supportive Therapie
- Aktiviertes Protein C zur Stabilisierung der Fibrinolyse (körpereigene Auflösung eines Thrombus/Blutgerinnsels) in der Frühphase der schweren Sepsis mit Multiorganversagen (MOV)
- Ggf. Antithrombin (AT) III
- Glucocorticoide bei hämodynamischer Instabilität
- Weitere Wirkstoffe sind derzeit Gegenstand verschiedener Studien
Literatur
- PRAC recommends suspending hydroxyethyl-starch solutions for infusion from the market. European Medicines Agency (EMA) 12/01/2018
- Rote-Hand-Brief zu Terlipressin: Schwere oder letale Ateminsuffizienz und Sepsis/septischer Schock bei Patienten mit hepatorenalem Syndrom Typ 1. AkdÄ Drug Safety Mail | 2022-49
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen. (AWMF-Registernummer: 001 - 020), Juli 2020 Langfassung