Streptokokken – Einleitung

Bei Streptokokken handelt es sich um grampositive Bakterien, die in Kettenform angeordnet sind. Diese Bakterien gehören zur natürlichen Bakterienflora von Menschen und Säugetieren, können jedoch auch als Erreger verschiedener Infektionskrankheiten fungieren. Besonders bedeutsam sind die Gruppe A-Streptokokken (GAS), die häufig Infektionen der oberen Atemwege verursachen.

Synonyme und ICD-10: Streptococcus; Streptococcusinfektion; beta-hämolysierende Streptokokken; ß-hämolysierende Streptokokken; ICD-10-GM A49.1: Streptokokken- und Enterokokkeninfektion nicht näher bezeichneter Lokalisation

Streptokokken können in mehrere verschiedene Untergruppen eingeteilt werden. Zu den wichtigsten Unterteilungen gehört die Lancefield-Klassifikation, wonach die Bakterien anhand einer bestimmten Struktur in die Serogruppen A bis W eingeteilt werden. Daneben gibt es Bakterien, die nicht in diese Gruppen eingeteilt werden können.

Serologische Einteilung der Streptokokken (nach Lancefield)

Serogruppe Spezies Hämolyse
A S. pyogenes,
S. anginosus-Gruppe
β (α, γ)
B S. agalactiae β (γ)
C S. anginosus-Gruppe,
S. dysgalactiae subsp. equisimilis
β (α, γ)
D S. bovis α
F S. anginosus-Gruppe β (α, γ)
G S. anginosus-Gruppe,
S. dysgalactiae subsp. equisimilis
β (α, γ)
Diverse "Vergrünende" Streptokokken α (γ)
Nicht typisierbar S. pneumoniae α


Wichtige Vertreter und assoziierte Erkrankungen der Streptokokken-Serogruppen

Serogruppe Wichtige Vertreter Assoziierte Erkrankungen
Serogruppe A (GAS) Streptococcus pyogenes - Tonsillitis (Mandelentzündung)
- Scharlach
- Erysipel (Wundrose)
- Impetigo contagiosa
- Otitis media (Mittelohrentzündung)
- Pharyngitis (Rachenentzündung)
- Nekrotisierende Fasziitis
- Streptokokken-Toxic-Shock-Syndrom (STSS)
- Akutes rheumatisches Fieber
Serogruppe B (GBS) Streptococcus agalactiae - Neonatale Sepsis
- Neugeborenenmeningitis
- Lungenentzündung
- Wundinfektionen
- Harnwegsinfekte
- Sepsis und Pneumonie bei immungeschwächten Personen
Streptococcus pneumoniae (keiner Serogruppe zuzuordnen) Streptococcus pneumoniae - Pneumonie (Lungenentzündung)
- Otitis media (Mittelohrentzündung)
- Meningitis (Hirnhautentzündung)
- Sinusitis (Nebenhöhlenentzündung
- Bakteriämie
- Invasive Pneumokokkenerkrankungen
Oralstreptokokken (keiner Serogruppe zuzuordnen) Viridans-Gruppe - Endokarditis (Herzinnenhautentzündung)
- Zahnkaries
- Peritonitis (Bauchfellentzündung)
- Intraabdominelle Abszesse
Enterokokken (keiner Serogruppe zuzuordnen) Enterococcus faecalis, Enterococcus faecium - Harnwegsinfektionen (HWI)
- Nosokomiale Infektionen
- Endokarditis
- Intraabdominelle Infektionen

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Streptokokken-Infektionen betreffen beide Geschlechter gleichermaßen. Es gibt keine signifikante geschlechtsspezifische Prädisposition.

Häufigkeitsgipfel:
Streptokokken-Infektionen treten am häufigsten bei Kindern und älteren Erwachsenen auf. Die Häufigkeit ist in Altersgruppen unter 15 Jahren und über 65 Jahren am höchsten.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz variiert je nach Region und Jahreszeit, liegt aber für Gruppe A-Streptokokken-Infektionen in entwickelten Ländern bei etwa 10-15 % der Bevölkerung, die Träger sind, ohne Symptome zu zeigen. (Die Prävalenz beschreibt die Häufigkeit einer Erkrankung in der Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt.)

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Inzidenz für akute Streptokokken-Pharyngitis (Halsentzündung) liegt bei etwa 600 bis 1.000 Fällen pro 100.000 Personen pro Jahr in industrialisierten Ländern. (Die Inzidenz gibt die Anzahl der Neuerkrankungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums an.)

Saisonale Häufung der Erkrankung:
Streptokokken-Infektionen, insbesondere der oberen Atemwege, zeigen eine saisonale Häufung, mit einem Anstieg der Fälle in den Winter- und Frühjahrsmonaten.

Hinweis: Die Epidemiologie dieser Infektionen kann regional stark variieren und ist abhängig von verschiedenen Faktoren wie Hygienepraktiken, medizinischer Versorgung und sozialer Struktur.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Die wichtigsten Streptokokken-Spezies sind Streptococcus pyogenes (Gruppe A), Streptococcus agalactiae (Gruppe B), Streptococcus pneumoniae, und Enterokokken (Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium).

Erregerreservoir:
Der Mensch ist das Hauptreservoir für viele pathogene Streptokokken, insbesondere für Streptococcus pyogenes und Streptococcus pneumoniae.

Vorkommen:
Streptokokken kommen weltweit vor, mit höherer Prävalenz in dicht besiedelten Gebieten und bei schlechter Hygiene.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung:
Streptokokken werden hauptsächlich durch direkten Kontakt (Haut, Schleimhäute) oder durch Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen) von Mensch zu Mensch übertragen.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Streptokokken haben eine hohe Kontagiosität, insbesondere in Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Pflegeheimen.

Übertragungsweg
  • Aerogen: Tröpfcheninfektion durch die Luft.
  • Fäkal-oral: Schmierinfektion, insbesondere bei Enterokokken.
  • Indirekt: Kontaminierte Lebensmittel oder Oberflächen (selten bei Streptokokken, häufiger bei Enterokokken).
Eintrittspforte: Häufige Eintrittspforten sind die oberen Atemwege, Hautläsionen oder der Gastrointestinaltrakt.

Inkubationszeit
(Zeitspanne zwischen der Ansteckung und dem Auftreten der ersten Symptome): Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 1-3 Tage, kann jedoch je nach Streptokokken-Spezies variieren. 

Krankheitsdauer:
Die Dauer einer akuten Streptokokken-Infektion variiert je nach Art und Schwere der Infektion, beträgt jedoch oft 7-10 Tage ohne Komplikationen.

Dauer der Infektiosität: 
Bei unbehandelten akuten Infektionen kann die Ansteckungsfähigkeit bis zu 3 Wochen anhalten.
Nach Beginn einer wirksamen Antibiotikatherapie reduziert sich die Ansteckungsfähigkeit, insbesondere bei Racheninfektionen, innerhalb von 24 Stunden.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper in einer Population): Die Seroprävalenz von Antikörpern gegen Streptococcus pyogenes und Streptococcus pneumoniae ist in Endemiegebieten hoch und korreliert mit der Exposition gegenüber den Erregern. 

Erregerspezifische Immunität:
Eine natürliche Immunität nach einer Streptokokken-Infektion ist möglich, jedoch kann es durch die hohe Variabilität der Erreger zu Reinfektionen kommen.

Hinweis: Bei der Ausbreitung und dem Verlauf von Streptokokken-Infektionen spielen soziale und hygienische Bedingungen eine entscheidende Rolle.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akute Infektion: Streptokokken-Infektionen beginnen oft plötzlich und können schwere Symptome verursachen, je nach betroffener Körperregion (z. B. Hals, Haut, Lunge).
  • Chronische Infektion: Wiederholte oder unbehandelte Infektionen können zu chronischen Erkrankungen führen.

Prognose

  • Antibiotikabehandlung: In der Regel gut behandelbar mit Antibiotika.
  • Komplikationen: Bei nicht adäquater Therapie können schwerwiegende Komplikationen wie rheumatisches Fieber oder Glomerulonephritis auftreten.

Impfung: Ein hexavalenter Impfstoff gegen Gruppe-B-Streptokokken (GBS) hat sich in einer Phase-2-Studie bei Schwangeren als sicher erwiesen [1].

Literatur

  1. Madhi SA et al.: Potential for Maternally Administered Vaccine for Infant Group B Streptococcus N Engl J Med 2023; 389:215-227 doi: 10.1056/NEJMoa2116045

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung