Schlafkrankheit (Afrikanische Trypanosomiasis) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Beschreibung des Erregers
- Erreger: Die Schlafkrankheit, auch als Afrikanische Trypanosomiasis bezeichnet, wird durch Parasiten der Gattung Trypanosoma verursacht, hauptsächlich durch Trypanosoma brucei gambiense (verantwortlich für die Westafrikanische Form) und Trypanosoma brucei rhodesiense (verantwortlich für die Ostafrikanische Form).
- Genom: Die Trypanosomen sind einzellige Protozoen (einzellige Eukaryoten), deren Genom in linearen Chromosomen organisiert ist. Es kodiert verschiedene Oberflächenproteine, die es den Parasiten ermöglichen, die Immunantwort des Wirts zu umgehen.
- Virulenz (Infektionskraft): Die Trypanosomen besitzen Mechanismen wie Antigenvariation (ständige Veränderung ihrer Oberflächenproteine), um der Immunabwehr zu entgehen und so lang anhaltende Infektionen zu verursachen.
Epidemiologie und Übertragungsweg
- Verbreitung: Die Schlafkrankheit tritt hauptsächlich in subsaharischen Regionen Afrikas auf, insbesondere in West- und Ostafrika. Sie betrifft vor allem Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, wo die Tsetsefliegen verbreitet sind.
- Hauptübertragungsweg:
- Der primäre Übertragungsweg erfolgt durch den Stich infizierter Tsetsefliegen (Gattung Glossina), die den Erreger während des Blutsaugens auf den Menschen übertragen.
- Während des Stiches gelangen die Trypomastigoten (infektiöses Stadium des Parasiten) in die Blutbahn des Menschen.
- Weitere Übertragungswege:
- Kontakt mit infizierten Schleimhäuten oder Wunden (bei Verletzungen oder direktem Kontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten).
- Bluttransfusionen, Organtransplantationen und konnatale Übertragungen (Übertragung von der infizierten Mutter auf das Kind) sind selten, aber möglich.
- Reservoir: Der Mensch ist das Hauptreservoir für T. brucei gambiense, während wild lebende Tiere und Nutztiere die primären Reservoirwirte für T. brucei rhodesiense sind.
- Infektiosität: Die Infektiosität ist hoch, da die Tsetsefliege bereits bei einem Stich eine ausreichende Menge Trypanosomen übertragen kann, um eine Infektion zu verursachen.
Eintrittspforte des Erregers
- Haupteintrittspforte: Der Erreger gelangt durch den Stich der Tsetsefliege in den Körper. Die Trypanosomen werden mit dem Speichel der Fliege in die Haut injiziert.
- Nebeneintrittspforten:
- Verletzungen der Haut (z. B. Wunden), über die die Trypanosomen in den Körper eindringen können.
- Bluttransfusionen, Transplantationen oder konnatale Übertragungen.
Pathogenese des Erregers
- Übertragung und lokale Infektion:
- Die Trypanosomen gelangen über den Stich der Tsetsefliege in die subkutane Hautschicht (unter der Haut) und vermehren sich lokal. Dies führt zur Bildung eines schmerzhaften Primärulkus (auch Trypanosomenschanker genannt).
- Die Parasiten breiten sich von der Eintrittsstelle aus und gelangen in die Blutbahn.
- Hämatogene Streuung und Blutschizogonie:
- Nach Eintritt in das Blut gelangen die Trypanosomen in die Lymphknoten, wo sie sich weiter vermehren.
- Über das Blut erreichen sie andere Organe, insbesondere das Zentralnervensystem (ZNS), und lösen systemische Symptome aus.
- Durch Antigenvariation (ständiger Wechsel der Oberflächenproteine) entkommen sie der Immunantwort und können sich weiter im Blut vermehren. Dies führt zu wiederkehrenden Fieberschüben.
- Befall des Zentralnervensystems (ZNS):
- In der fortgeschrittenen Phase der Infektion durchdringen die Trypanosomen die Bluthirnschranke und gelangen in das ZNS, was zu einer Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute führt.
- Dieser Befall des ZNS verursacht die typischen neurologischen Symptome der Schlafkrankheit, darunter Verwirrtheit, Schlafstörungen und Koordinationsprobleme.
- Entzündungsreaktionen und Gewebeschäden:
- Die lymphozytäre Infiltration (Ansammlung von Immunzellen) in den betroffenen Geweben, insbesondere in den Lymphknoten, der Milz und dem ZNS, führt zu einer schweren systemischen Entzündungsreaktion.
- Die fortschreitende Entzündung im ZNS verursacht irreversible neurologische Schäden und führt zur Koma-Phase, die unbehandelt tödlich verläuft.
Wirtsreaktion
- Lokale Immunantwort:
- Die Trypanosomen infizieren lokal die Makrophagen und dendritischen Zellen (spezialisierte Immunzellen), was zu einer Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-1, TNF-α und IFN-γ führt.
- Trotz dieser Immunantwort können die Parasiten durch ihre Antigenvariation (ständiger Wechsel ihrer Oberflächenproteine) der Immunabwehr entkommen und sich im Blut weiter vermehren.
- Systemische Immunantwort:
- Die systemische Immunantwort führt zu einer übermäßigen Aktivierung der T-Lymphozyten, was zu einer generalisierten Entzündungsreaktion führt.
- Diese Immunantwort verstärkt die lymphozytären Infiltrate (Ansammlungen von Lymphozyten) in den betroffenen Geweben, insbesondere im ZNS.
Organaffinität und Gewebeschäden
- Bevorzugte Zielorgane:
- Die Trypanosomen befallen primär das Blut, die Lymphknoten und das Zentralnervensystem (ZNS).
- Resultierende Gewebeschäden:
- Die Entzündung in den Lymphknoten führt zu einer schmerzhaften Lymphadenopathie (Schwellung der Lymphknoten).
- Die Invasion des ZNS verursacht eine Enzephalitis (Entzündung des Gehirns), die zu schweren neurologischen Ausfällen und im fortgeschrittenen Stadium zum Koma führt.
Klinische Manifestation
- Symptomatologie:
- Die Krankheit verläuft in zwei Stadien:
- Hämolymphatisches Stadium (Frühstadium): Fieber, Schüttelfrost, Lymphknotenschwellung, Müdigkeit und Gelenkschmerzen.
- Zerebrales Stadium (Spätstadium): Schlafstörungen, Verwirrtheit, Koma und neurologische Ausfälle.
- Bei T. brucei rhodesiense (Ostafrikanische Form) verläuft die Krankheit schneller und aggressiver als bei T. brucei gambiense (Westafrikanische Form).
- Die Krankheit verläuft in zwei Stadien:
- Komplikationen:
- Ohne Behandlung verläuft die Schlafkrankheit unbehandelt tödlich.
- Irreversible Nervenschäden, organisches Versagen und multiorganisches Versagen sind häufige Komplikationen im Spätstadium.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Die Afrikanische Trypanosomiasis oder Schlafkrankheit ist eine durch den Stich infizierter Tsetsefliegen übertragene Infektionskrankheit, die zu einer systemischen Infektion und in fortgeschrittenen Stadien zu einer Beteiligung des Zentralnervensystems führt. Die Krankheit verläuft in zwei Stadien, wobei das späte zerebrale Stadium unbehandelt tödlich endet. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um schwerwiegende neurologische Komplikationen zu vermeiden.
Ätiologie (Ursachen)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Betroffen ist vor allem die Landbevölkerung, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen