Scharlach (Scarlatina) – Einleitung
Scharlach ist eine Infektionserkrankung des Rachens, die durch das Bakterium Streptococcus pyogenes (Serogruppe A; β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, GAS) verursacht wird. Charakteristisch für diese Erkrankung ist die Bildung von Toxinen (Giften) durch das Bakterium, die zu einer systemischen Infektion führen können.
Synonyme und ICD-10: Scarlatina (Scharlach); Scarlet fever; Scharlach; Scharlachangina; Streptokokkenangina; ICD-10-GM A38: Scharlach
Neben dieser Infektionserkrankung werden durch das Bakterium noch Erkrankungen wie das Erysipel (Wundrose) oder die nekrotisierende Fasziitis (foudroyant verlaufende lebensbedrohliche Infektion der Haut, der Subkutis (Unterhaut) und der Faszie mit fortschreitender Gangrän; häufig handelt es sich dabei um Patienten mit Diabetes mellitus oder anderen Erkrankungen, die zu Durchblutungsstörungen oder verminderter Immunabwehr führen) verursacht.
Scharlach ist eine Sonderform der Pharyngitis (Rachenentzündung), bei der durch das Bakterium Toxine (Gifte) produziert werden, die wiederum zu einer systemischen (den gesamten Organismus betreffend) Infektion führen.
In England und Wales wurde ein neuer Stamm von Streptococcus pyogenes entdeckt, der deutlich mehr Exotoxin A produziert und vermutlich für den Anstieg von invasiven Scharlacherkrankungen in dieser Region verantwortlich ist [1].
Charakteristische Laborbefunde
- Blutbild: Leukozytose (erhöhte Anzahl von weißen Blutkörperchen) mit Neutrophilie.
- CRP (C-reaktives Protein): Erhöhte Werte als Hinweis auf eine akute Entzündung.
- Streptokokken-Schnelltest: Positiver Nachweis von Streptokokken der Gruppe A im Rachenabstrich.
- Antistreptolysin O-Titer (ASO-Titer): Erhöhte Werte können auf eine kürzliche Streptokokken-Infektion hinweisen, sind jedoch nicht spezifisch für Scharlach.
Formen der Erkrankung
- Klassischer Scharlach: Typische Symptome wie Fieber, Halsschmerzen, Himbeerzunge, und ein feinfleckiger, roter Hautausschlag (Exanthem), der sich nach einigen Tagen schält.
- Atypischer Scharlach: Mildere Verlaufsformen ohne den charakteristischen Hautausschlag, aber mit anderen Symptomen wie Halsschmerzen und Fieber.
- Schwere Verläufe: Frau Krug Selten kann Scharlach in eine invasive Erkrankung übergehen, was zu Komplikationen wie nekrotisierender Fasziitis (Entzündung des Fasergewebes auf und zwischen den Muskeln (Faszien)) oder Streptokokken-Toxic-Shock-Syndrom (STSS) führen kann.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen.
Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend zwischen dem 3. und 10. Lebensjahr auf.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Zahl der durch Streptokokken verursachten Pharyngitiden (Rachenentzündungen) wird in Deutschland auf 1-1,5 Millionen Fälle pro Jahr geschätzt.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Schätzungen zufolge gibt es etwa 100-200 Scharlachfälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
Saisonale Häufung der Erkrankung: Scharlach tritt gehäuft von Oktober bis März auf.
Infektionsepidemiologie
Erreger: Streptococcus pyogenes (Serogruppe A).
Erregerreservoir: Der Mensch ist das einzige Reservoir.
Vorkommen: Weltweit verbreitet.
Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Ja, hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion (z. B. Niesen, Husten), seltener durch kontaminierte Lebensmittel oder Wasser.
Kontagiosität (Ansteckungskraft): Der Kontagiositätsindex liegt bei 0,1-0,3, was bedeutet, dass 10-30 von 100 nicht-immunen Personen nach Kontakt mit einem Scharlach-Infizierten erkranken können.
Übertragungsweg: Meist aerogen durch Tröpfcheninfektion, selten durch kontaminierte Lebensmittel oder Wasser.
Eintrittspforte: Rachenschleimhaut.
Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 2-4 Tage.
Krankheitsdauer: Bei adäquater Therapie meist 7-10 Tage.
Dauer der Infektiosität: Die Infektiosität endet in der Regel 24 Stunden nach Beginn der Antibiotikatherapie.
Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Serologische Tests sind nicht routinemäßig für die Diagnose von Scharlach erforderlich.
Erregerspezifische Immunität: Lebenslange Immunität gegenüber dem spezifischen Streptokokkentyp, der die Erkrankung verursacht hat, jedoch nicht gegenüber anderen Typen.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Unbehandelt kann Scharlach zu schwerwiegenden Komplikationen führen wie rheumatischem Fieber oder Glomerulonephritis.
- Bei adäquater antibiotischer Therapie klingen die Symptome meistens innerhalb von 7-10 Tagen ab.
Prognose
- Komplikationen: Ohne Behandlung können Komplikationen wie rheumatisches Fieber (ca. 3 Wochen nach einer A-Streptokokken-Pharyngitis/Rachenentzündung), Glomerulonephritis/Nierenerkrankung (1-5 Wochen nach der Infektion) oder Myokarditis (Herzmuskelentzündung) auftreten.
- Septischer Verlauf: In seltenen Fällen kann sich die Infektion hämatogen im gesamten Körper ausbreiten, was zu einer Sepsis führen kann.
In einigen Teilen Deutschlands ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig.
Literatur
- Lynskey NN et al.: Emergence of dominant toxigenic M1T1 Streptococcus pyogenes clone during increased scarlet fever activity in England: a population-based molecular epidemiological study. Lancet Infectious Diseases September 10, 2019 doi:https://doi.org/10.1016/S1473-3099(19)30446-3