Q-Fieber – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Coxiella burnetii ist ein gramnegatives, obligat intrazellulär lebendes Bakterium aus der Familie der Coxiellaceae (früher: Rickettsiaceae). Es ist der Erreger des Q-Fiebers, einer zoonotischen Infektion (vom Tier auf den Menschen übertragbare Erkrankung). Der Erreger ist extrem widerstandsfähig und kann in der Umwelt (z. B. in Staub, Heu oder Wolle) über mehrere Monate bis Jahre überleben.
  • Genom: C. burnetii besitzt ein doppelsträngiges DNA-Genom, das Gene für die Anpassung an intrazelluläre Bedingungen sowie für die Modifikation der Wirtszellen kodiert. Diese Gene ermöglichen es dem Erreger, die Funktion von Phagolysosomen (Organellen zur Verdauung von Fremdstoffen) zu verändern, wodurch die intrazelluläre Persistenz (lang anhaltendes Überleben) unterstützt wird.
  • Virulenz: Die Virulenz von C. burnetii wird durch zwei verschiedene antigenetische Varianten vermittelt:
    • Kleinzelluläre Variante (Small Cell Variant, SCV): Diese extrazelluläre Form ist hochresistent gegenüber Umwelteinflüssen und für die Übertragung verantwortlich. Die SCV-Form kann durch Aerosole (Luftpartikel) und kontaminierten Staub über lange Strecken hinweg verbreitet werden.
    • Großzelluläre Variante (Large Cell Variant, LCV): Diese Form ist die replizative (vermehrungsfähige) Variante innerhalb der Wirtszellen. Die LCV-Form überlebt und vermehrt sich in den Phagolysosomen (Verschmelzung eines Lysosoms mit einem Phagosom) der Makrophagen (Fresszellen des Immunsystems), indem sie den sauren pH-Wert dieser Organellen toleriert und die Immunantwort moduliert.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Coxiella burnetii ist weltweit verbreitet und kommt in Nutztieren wie Rindern, Schafen und Ziegen sowie in Wildtieren vor. Infizierte Tiere scheiden den Erreger vor allem während der Geburt in großen Mengen aus.
  • Hauptübertragungsweg: Die Übertragung auf den Menschen erfolgt primär aerogen (über den Luftweg) durch das Einatmen von Staubpartikeln, die mit infektiösem Material (z. B. Plazenta, Fruchtwasser, Kot) kontaminiert sind.
  • Weitere Übertragungswege: Eine Übertragung ist auch durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren, kontaminierten Lebensmitteln (insbesondere Rohmilch) oder durch Inhalation kontaminierter Aerosole möglich.
  • Reservoir: Hauptreservoire sind Wiederkäuer (z. B. Schafe, Ziegen, Rinder), die den Erreger in großer Menge über Geburtsprodukte, Urin, Kot und Milch ausscheiden. Auch infizierte Haus- und Wildtiere können als Reservoir fungieren.
  • Infektiosität: C. burnetii ist extrem infektiös, und bereits eine geringe Menge (

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Die primäre Eintrittspforte ist das respiratorische Epithel (Schleimhaut der Atemwege) nach Inhalation von kontaminiertem Staub oder Aerosolen.
  • Nebeneintrittspforten: Eine Infektion ist auch über die Schleimhaut des Verdauungstrakts durch den Verzehr von kontaminierten Rohmilchprodukten möglich.

Pathogenese des Erregers

  1. Eintritt und Kolonisation der Atemwege: Nach Inhalation gelangt die kleinzelluläre Variante (SCV) von C. burnetii über die Schleimhäute der oberen Atemwege in den Körper. Aufgrund ihrer hohen Widerstandsfähigkeit kann die SCV-Form die Umgebungsbedingungen der Atemwege überstehen und dringt in die darunterliegenden Gewebe ein.
  2. Invasion in die Makrophagen: Das Bakterium wird durch Makrophagen (spezialisierte Immunzellen) aufgenommen und in Phagosomen (Vesikel zur Aufnahme von Fremdstoffen) eingeschlossen. Innerhalb der Makrophagen wandelt sich die SCV in die großzelluläre Variante (LCV) um, die für die intrazelluläre Vermehrung verantwortlich ist.
  3. Überleben in Phagolysosomen: Die großzelluläre Variante von C. burnetii ist in der Lage, die sauren Bedingungen der Phagolysosomen zu tolerieren und sich innerhalb dieser Organellen zu vermehren. Dies führt zu einer massiven Vermehrung des Erregers in den infizierten Makrophagen, ohne dass das Immunsystem den Erreger effizient eliminieren kann.
  4. Freisetzung und systemische Ausbreitung: Nach der Vermehrung kommt es zur Freisetzung der Bakterien in das umliegende Gewebe, was zu einer hämatogenen (blutübertragenen) Ausbreitung im Körper führt. Die Bakterien können nun verschiedene Organe erreichen und eine systemische Infektion verursachen.
  5. Persistenz und chronische Infektion: C. burnetii kann in infizierten Makrophagen und anderen Zellen jahrelang persistieren. In dieser Phase kann es entweder zu einer latenten Infektion kommen oder, bei einer Immunsuppression, zu einer Reaktivierung und chronischen Erkrankung (z. B. Endokarditis, eine Herzinnenhautentzündung).

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort: Nach der Infektion aktiviert das Bakterium die lokale Immunantwort, insbesondere die Aktivierung von Makrophagen und dendritischen Zellen, die proinflammatorische Zytokine (z. B. Interleukin-1, TNF-α) freisetzen. Dies führt zu einer starken Entzündungsreaktion in den betroffenen Geweben.
  • Systemische Immunantwort: Durch die systemische Ausbreitung von C. burnetii kommt es zur Aktivierung von T-Lymphozyten (spezialisierte Immunzellen), die zur Eliminierung der infizierten Makrophagen beitragen. Gleichzeitig kann die überschießende Immunantwort zu schweren Gewebeschäden führen, insbesondere bei einer chronischen Infektion.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane: Lunge, Leber, Milz und Herz.
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • Lunge: Interstitielle Pneumonie (Entzündung des Zwischengewebes der Lunge) mit fokalen Entzündungsherden.
    • Leber: Granulomatöse Hepatitis (Leberentzündung mit knötchenförmigen Entzündungsherden).
    • Herz: Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut) bei chronischer Infektion.
    • Milz: Splenomegalie (Milzvergrößerung) durch starke lymphozytäre Infiltration.

Klinische Manifestation

  • Frühsymptome: Unspezifische Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen. In der akuten Phase kann das Q-Fieber einer grippeähnlichen Erkrankung ähneln.
  • Fortgeschrittene Symptome:
    • Lungenbeteiligung: Trockener Husten, Brustschmerzen und Atemnot.
    • Leberbeteiligung: Schmerzen im rechten Oberbauch, erhöhte Leberwerte.
    • Herzbeteiligung: Bei chronischer Infektion: Endokarditis mit Herzgeräuschen, Fieber und Anzeichen einer Herzinsuffizienz.
  • Komplikationen: Chronisches Q-Fieber mit Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) oder chronischer Hepatitis, die oft schwer zu behandeln sind und eine hohe Mortalität (Sterberate) aufweisen.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Q-Fieber ist eine zoonotische Infektion, die durch das gramnegative, intrazellulär lebende Bakterium Coxiella burnetii verursacht wird. Die Pathogenese ist durch die Umwandlung des Erregers in eine umweltresistente kleinzelluläre Form (SCV) und eine vermehrungsaktive großzelluläre Form (LCV) gekennzeichnet. Die klinische Relevanz liegt in der hohen Infektiosität des Erregers, der extremen Umweltstabilität und der Fähigkeit, eine persistierende chronische Infektion auszulösen. Eine frühzeitige Diagnose und spezifische Antibiotikatherapie (z. B. mit Doxycyclin) sind entscheidend, um Komplikationen wie chronisches Q-Fieber zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Enger Kontakt mit Tieren, vor allem
    • Schlachter
    • Tierhalter
    • Personen in der Verarbeitung von Tierfellen
    • Personen, die in der Veterinärmedizin tätig sind
  • Laborpersonal

Krankheitsbedingte Ursachen

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)

  • Immunsuppression, nicht näher bezeichnet ‒ kann zur Reaktivierung der Infektion führen

Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (O00-O99)

  • Schwangerschaft ‒ kann zur Reaktivierung der Infektion führen