Pfeiffersches Drüsenfieber (Infektiöse Mononukleose) – Einleitung

Das Pfeiffersche Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose) ist eine durch das Epstein-Barr-Virus (EBV) verursachte akute Infektionserkrankung. Sie tritt besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf und manifestiert sich in der Regel mit Fieber, Halsschmerzen, Lymphknotenschwellungen und starker Müdigkeit. Nach der Primärinfektion bleibt das Virus lebenslang im Körper latent. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich über Speichelkontakt, weshalb die Erkrankung auch als "Kissing Disease" bekannt ist.

Synonyme und ICD-10: EBV; EBV-Infektion; Epstein-Barr-Virus-Infektion; Infektiöse Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber); Kissing-Disease; Mononucleose; Monozytenangina; Pfeiffersches Drüsenfieber; Studentenkrankheit; ICD-10-GM B27.-: Infektiöse Mononukleose

Das Epstein-Barr-Virus (EBV) ist ein behülltes, doppelsträngiges DNA-Virus (dsDNA). Es ist ein Gamma-Herpes-Virus und gehört zur Familie Herpesviridae.
Der Erreger ist ein lymphotropes Virus, welches nach einer Erstmanifestation lebenslang latent im Körper verbleibt.

Charakteristische Laborbefunde

  • Lymphozytose: Erhöhte Lymphozytenzahlen im Blutbild, oft über 50 % der Leukozyten (weiße Blutkörperchen).
  • Atypische Lymphozyten: Aktivierte, vergrößerte Lymphozyten im peripheren Blut (sogenannte "Downey-Zellen").
  • Leberenzyme: Erhöhte Transaminasen (AST, ALT) als Zeichen einer milden Hepatitis (Leberentzündung).
  • EBV-Serologie:
    • Frühantikörper (IgM) gegen das Kapsidantigen (VCA-IgM)
    • Spätantikörper (IgG) gegen das Kernantigen (EBNA) und Kapsidantigen (VCA-IgG)
  • Mononukleose-Schnelltest: Heterophile Antikörper (Paul-Bunnell-Test oder Monospot-Test).
  • Thrombozytopenie: Erniedrigte Thrombozytenzahlen (Blutplättchen) in schweren Fällen.

Formen der Epstein-Barr-Virus-Infektion

  • Primäre EBV-InfektionSymptomatische Infektion (Infektiöse Mononukleose)
    • Häufigste Präsentation, besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
    • Symptome umfassen Fieber, Halsschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Müdigkeit und Splenomegalie.
  • Asymptomatische Infektion
    • Kommt häufiger bei kleinen Kindern vor, die infiziert werden, ohne Symptome zu zeigen.
  • Chronische aktive EBV-Infektion
    • Seltene, aber schwerwiegende Form, bei der die Symptome über Monate bis Jahre bestehen bleiben.
    • Symptome können chronisches Fieber, Hepatitis (Leberentzündung), Pneumonitis (entzündliche Veränderung der Lunge) und Hypersplenismus (Komplikation der Splenomegalie (Milzvergrößerung): Durch Vergrößerung der Milz steigt ihre funktionelle Kapazität über das notwendige Maß hinaus an) umfassen.
  • Post-transplantations-Lymphoproliferative Erkrankung (PTLD)
    • Tritt bei immunsupprimierten Patienten nach Organ- oder Stammzelltransplantation auf.
    • Charakterisiert durch unkontrollierte Proliferation von B-Lymphozyten, die EBV-infiziert sind.
  • Atypische Manifestationen
    • Bei immunsupprimierten oder immunkompromittierten Patienten können atypische Manifestationen auftreten, wie schwere Hepatitis, interstitielle Lungenerkrankungen und neurologische Störungen.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Jungen und Mädchen sind gleich häufig betroffen, jedoch tritt die Erkrankung bei jungen Erwachsenen häufiger bei Frauen auf.

Häufigkeitsgipfel
: Vorwiegend im Alter von 16 bis 20 Jahren sowie in der dritten bis vierten Lebensdekade.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Weltweit ist bis zu 90 % der erwachsenen Bevölkerung mit EBV infiziert.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Inzidenz der symptomatischen EBV-Infektion (infektiöse Mononukleose) variiert und ist im Jugend- und jungen Erwachsenenalter am höchsten.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Epstein-Barr-Virus (EBV), ein Gamma-Herpesvirus.

Erregerreservoir
: Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir.

Vorkommen
: Weltweit verbreitet.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Hauptsächlich über Speichel, selten durch Blutprodukte oder Organtransplantationen.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Sehr hoch, besonders während der akuten Phase.

Übertragungsweg
: Primär über Speichel ("Kissing Disease"), gelegentlich über Aerosole, Bluttransfusionen oder Organtransplantationen.

Eintrittspforte
: Schleimhäute des Mund- und Rachenraums.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): In der Regel 1 bis 6 Wochen (meist 1-3 Wochen).

Krankheitsdauer
: Die akute Erkrankung dauert in der Regel 2-4 Wochen, Müdigkeit kann jedoch bis zu mehreren Monaten anhalten.

Dauer der Infektiosität
: Patienten sind während der akuten Phase und bis zu mehreren Monaten nach der Infektion ansteckend.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Bis zu 90 % der Erwachsenen haben serologische Hinweise auf eine durchgemachte EBV-Infektion.

Erregerspezifische Immunität
: Die Erkrankung hinterlässt eine lebenslange Immunität.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Akute Phase

  • Symptome: Halsschmerzen, Petechien (flohstichartige Blutungen) am Gaumen, Lymphadenopathie (Lymphknotenerkrankung/vergrößerte Lymphknoten), Splenomegalie (Milzvergrößerung), Fieber, Müdigkeit und allgemeines Unwohlsein.
  • Dauer: Halsschmerzen klingen nach etwa drei Tagen ab, das Fieber hält in der Regel 10 bis 14 Tage an. Die akute Phase kann mehrere Wochen andauern.

Verlauf bei Kindern

  • Bei Kindern verläuft die Infektion meist asymptomatisch oder sehr mild, häufig ohne die typischen Symptome der infektiösen Mononukleose.

Verlauf bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen

  • In dieser Altersgruppe treten die typischen Symptome häufiger auf und die Erkrankung kann intensiver verlaufen. Müdigkeit und allgemeine Abgeschlagenheit können über Wochen bis Monate persistieren.

Verlauf bei immungeschwächten Personen

  • Bei Personen mit Immundefizienz kann der Verlauf schwerwiegender sein, mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen wie Hepatitis (Leberentzündung), Lungenentzündung oder neurologische Manifestationen.

Prognose

Spontane Ausheilung

  • Bei Personen mit intaktem Immunsystem heilt die Erkrankung in der Regel spontan innerhalb von 2-3 Wochen ab. Eine vollständige Genesung kann bis zu mehreren Monaten dauern.

Langzeitprognose

  • Immunität: Die Erkrankung hinterlässt eine lebenslange Immunität. Reinfektionen sind selten und verlaufen in der Regel asymptomatisch.
  • Erholung: Die meisten Patienten erreichen spätestens nach 2 bis 3 Monaten wieder einen normalen Aktivitätsgrad. In einigen Fällen kann eine postvirale Erschöpfung (Fatigue) länger anhalten.

Komplikationen

  • Milzruptur: Aufgrund der Splenomegalie besteht ein erhöhtes Risiko für eine Milzruptur (Milzriss). Patienten sollten während der akuten Phase körperliche Anstrengungen und Kontaktsportarten meiden.
  • Autoimmunphänomene: Selten kann EBV mit der Entstehung von Autoimmunerkrankungen assoziiert sein, wie dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) oder Multipler Sklerose (MS).
  • Malignome: In sehr seltenen Fällen kann eine EBV-Infektion zur Entwicklung von malignen (bösartigen) Erkrankungen beitragen, wie dem Burkitt-Lymphom, dem nasopharyngealen Karzinom und anderen Lymphomen.

Wiederkehrende Erkrankungen:

  • Obwohl die Erkrankung meistens nach der Erstinfektion lebenslange Immunität hinterlässt, können bei Immunsupprimierten reaktivierte Infektionen auftreten.

Zusammenfassung

Die Epstein-Barr-Virus-Infektion verläuft bei den meisten Menschen mild und heilt innerhalb weniger Wochen spontan aus. Kinder sind oft asymptomatisch, während Jugendliche und junge Erwachsene häufiger symptomatisch erkranken. Die Prognose ist in der Regel gut, besonders bei Personen mit intaktem Immunsystem. Bei immungeschwächten Personen kann die Erkrankung jedoch schwerwiegender verlaufen und eine intensivere medizinische Überwachung erfordern. Langfristig führt die Infektion zu einer lebenslangen Immunität, und die meisten Patienten erholen sich vollständig.

Eine Schutzimpfung gegen eine Epstein-Barr-Virus-Infektion steht bislang nicht zur Verfügung. 

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig. Eine Meldung ist aber möglich, wenn mehr als zwei schwerwiegende Erkrankungen auftreten, die im zeitlichen Zusammenhang stehen.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung