Paratyphus – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Paratyphus wird durch das Serovar Paratyphi der Bakterienart Salmonella enterica verursacht. Es gibt drei humanpathogene Serovare: Salmonella Paratyphi A, Salmonella Paratyphi B, und Salmonella Paratyphi C. Diese Serovare gehören zur Familie der Enterobacteriaceae und zeichnen sich durch spezielle Oberflächenantigene (O-, H- und Vi-Antigene) aus, die ihre Virulenz (Krankheitserzeugungskraft) bestimmen.
  • Genom: Salmonella enterica besitzt ein einzelnes, doppelsträngiges DNA-Genom, das zahlreiche Gene für die Pathogenität und das Überleben im Wirt enthält. Diese Gene befinden sich auch auf sogenannten Pathogenitätsinseln (Genabschnitte, die für die Krankheitsentstehung wichtig sind) und auf Plasmiden (extrachromosomale DNA-Elemente), die Resistenzgene kodieren können.
  • Virulenz: Die Virulenz von S. Paratyphi wird durch mehrere Faktoren vermittelt:
    • Adhäsionsfaktoren: Die Bakterien besitzen spezielle Adhäsine (Proteine zur Anheftung), die ihnen ermöglichen, sich an die Epithelzellen (Zellen der Darmschleimhaut) anzubinden.
    • Invasion in Wirtszellen: Durch das Typ-III-Sekretionssystem (ein molekularer Injektionsmechanismus) injizieren die Bakterien spezielle Effektorproteine in die Wirtszelle, die die zellulären Signalwege manipulieren und das Eindringen in die Zellen fördern.
    • Überleben in Phagozyten: Salmonella Paratyphi ist in der Lage, innerhalb von Makrophagen (Fresszellen des Immunsystems) zu überleben und sich zu vermehren. Dies ermöglicht eine systemische Verbreitung im Körper.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Paratyphus ist weltweit verbreitet, tritt jedoch vor allem in Regionen mit unzureichender Wasser- und Lebensmittelhygiene auf. Besonders häufig sind Infektionen in Südostasien, Afrika und Südamerika.
  • Hauptübertragungsweg: Die Übertragung erfolgt primär durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln (z. B. rohes Gemüse, Salate) oder Wasser.
  • Weitere Übertragungswege: Eine fäkal-orale Übertragung (z. B. durch verunreinigte Hände) ist ebenfalls möglich, insbesondere in Haushalten oder Gemeinschaftseinrichtungen mit infizierten Personen.
  • Reservoir: Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir. Infizierte Personen können zu chronischen Dauerausscheidern werden und den Erreger über lange Zeiträume hinweg über den Stuhl ausscheiden.
  • Infektiosität: Paratyphus ist hochinfektiös, besonders bei Personen mit unzureichender Magensäureproduktion, die die Bakterien normalerweise inaktivieren würde.

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Der Eintritt erfolgt über den Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) nach oraler Aufnahme des Erregers.
  • Nebeneintrittspforten: Kontaminierte Nahrung oder Wasser, die direkt mit dem Erreger in Berührung gekommen sind.

Pathogenese des Erregers

  1. Passage durch die Magenbarriere: Nach Aufnahme des Erregers über kontaminierte Nahrungsmittel oder Wasser muss S. Paratyphi zunächst die saure Magenbarriere überwinden. Bei ausreichender Säureresistenz gelangen die Bakterien in den Dünndarm.
  2. Adhäsion und Invasion der Darmschleimhaut: Im Dünndarm binden die Bakterien über Adhäsine (Oberflächenproteine) an die Mikrovilli (feine Ausstülpungen der Darmschleimhaut) der Enterozyten (Darmzellen). Über das Typ-III-Sekretionssystem injizieren sie Effektorproteine in die Epithelzellen, die die Aufnahme des Bakteriums in die Zelle fördern. Nach der Invasion dringen die Bakterien in die M-Zellen (spezialisierte Darmzellen des Peyer-Plaques) und die darunterliegenden Makrophagen ein.
  3. Intrazelluläres Überleben und Vermehrung: S. Paratyphi ist in der Lage, in den Makrophagen zu überleben, indem es die Fusion des Phagosoms (Zellorganell der Makrophagen) mit Lysosomen (organelleninterne Abbaukompartimente) verhindert. Dadurch entzieht sich das Bakterium der Zerstörung und nutzt den Makrophagen als Transportvehikel.
  4. Systemische Ausbreitung: Die infizierten Makrophagen gelangen über das Lymphsystem in die mesenterialen Lymphknoten (Lymphknoten im Bereich des Darms), von dort weiter in die Blutbahn (Bakteriämie) und schließlich in Leber, Milz und Knochenmark. Dies führt zu einer systemischen Infektion mit Organbeteiligung.
  5. Organmanifestation und Gewebeschädigung: In Leber und Milz führen die Bakterien zu einer Aktivierung des Immunsystems und zur Bildung von Granulomen (knötchenförmige Entzündungsherde). Durch die hohe Erregerlast kommt es zur Schädigung der Organe und einer massiven Immunantwort.

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort: Nach Eindringen in die Darmschleimhaut aktivieren die Bakterien lokale Immunzellen wie Makrophagen und dendritische Zellen, die proinflammatorische Zytokine (z. B. TNF-α und IL-1) freisetzen. Dies führt zu einer akuten Entzündungsreaktion.
  • Systemische Immunantwort: Die Bakterien werden über das Lymphsystem in die Blutbahn transportiert und aktivieren die systemische Immunabwehr. Die Freisetzung von Zytokinen verursacht Fieber, systemische Entzündungssymptome und eine Dysregulation der Immunantwort, die den Krankheitsverlauf verschlimmert.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane: Dünndarm, Leber, Milz und Knochenmark.
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • Darm: Die bakterielle Invasion verursacht Ulzerationen (Geschwürbildung) und Entzündungen in den Peyer-Plaques, was zu Blutungen und Perforationen (Durchbrüchen) führen kann.
    • Leber und Milz: Hepatitis (Leberentzündung) und Splenomegalie (Milzvergrößerung) durch granulomatöse Entzündungen.
    • Knochenmark: Myeloide Hyperplasie (Überproduktion von Immunzellen) als Reaktion auf die systemische Infektion.

Klinische Manifestation

  • Frühsymptome: Unspezifische Beschwerden wie Fieber, Kopfschmerzen, Schwächegefühl und Bauchschmerzen.
  • Fortgeschrittene Symptome:
    • Fieber: Typisch ist ein kontinuierlich ansteigendes Fieber (Typhusfieber) über mehrere Tage hinweg.
    • Gastrointestinale Symptome: Übelkeit, Erbrechen, wässrige Durchfälle oder Verstopfung.
    • Systemische Manifestationen: Hepatosplenomegalie (Vergrößerung von Leber und Milz), Hautausschläge (Roseolen) und relative Bradykardie (verlangsamter Herzschlag im Verhältnis zur Fieberhöhe).

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Paratyphus ist eine systemische Infektionskrankheit, die durch Salmonella Paratyphi verursacht wird und über kontaminierte Lebensmittel oder Wasser übertragen wird. Die Pathogenese wird durch die Invasion der Darmschleimhaut, das Überleben in Makrophagen und die systemische Ausbreitung geprägt. Die klinische Relevanz liegt in der raschen Diagnosestellung und der adäquaten antibiotischen Therapie, um die schwere systemische Ausbreitung und Komplikationen wie Darmperforation oder chronische Dauerausscheidung zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung ‒ Genuss von rohen, kontaminierten Speisen und Getränken

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Warme Jahreszeit (hohe Außentemperaturen)