Oxidativer Stress (inkl. nitrosativer Stress) – Mikronährstofftherapie

Da die Freien Radikale aggressiv und zerstörerisch wirken, müssen sie einer strengen metabolischen Kontrolle unterliegen.

Der Körper verfügt dafür über ein antioxidatives Schutzsystem, welches wie folgt klassifiziert wird:

  • Primärer antioxidativer Schutz
    • Scavenger-Enzymsysteme (s. u.)  z. B. Superoxiddismutasen (SOD)
    • Glutathion-System
    • Antioxidantien
  • Sekundärer antioxidativer Schutz
    • Protein-, Membran, und DNA-Reparatur (= Beseitigung von oxidierten,
    nicht mehr funktionierenden Bestandteilen der Zelle).

Eine weitere Klassifikation des antioxidativen Schutzsystems ist die Unterteilung in die endogenen Schutzfaktoren, das heißt körpereigene Scavenger-Enzyme siehe Tabelle 1 inklusive des Glutathion-Systems und die alimentären, das heißt ernährungsbedingten Schutzfaktoren, dieses sind die antioxidativen Mikronährstoffen (Antioxidantien) siehe Tabelle 2 [1, 4].

Die Anzahl der antioxidativen Vitalstoffe (Mikronährstoffe) wird inzwischen mit mehreren Tausenden angegeben. Diese sind vorwiegend in sekundären Pflanzenstoffen enthalten.

Scavenger-Enzymsysteme

Jede Zelle schützt sich vor der Radikalkettenreaktion mit einem zelleigenen Radikalfängersystem. Im Zusammenspiel mit den antioxidativen Vitalstoffen* (Mikronährstoffe) ist der Organismus dadurch in der Lage, die Freien Radikale, die während der physiologischen Stoffwechselaktivität entstehen, zu neutralisieren.

Der gefährliche Teufelskreis einer Radikalkettenreaktion wird somit normalerweise verhindert.

Die wichtigsten hieran beteiligten Enzyme sind:

  • Superoxid-Dismutase (SOD)
  • Katalase (Kat)
  • Glutathion-Peroxidase (GPX)
  • Glutathion-Reduktase (GR)
  • Glutathion-S-Transferase (GST)
  • Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PDH)

*Zu den Vitalstoffen (Makro- und Mikronährstoffe) gehören unter anderem Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, lebensnotwendige Aminosäuren, lebensnotwendige Fettsäuren etc.

Die antioxidative Funktion dieser Scavenger-Enzyme ist von verschiedenen Spurenelementen abhängig. Besonders hervorzuheben sind Eisen, Kupfer, Mangan, Selen und Zink [4, 7].

Tabelle 1

Endogene antioxidative Schutzfaktoren
Cytochrom-Oxidase Cofaktoren Kupfer, Eisen Vorkommen mitochondrial
Superoxid-Dismutase Cofaktor Mangan, Kupfer, Zink Vorkommen mitochondrial
Glutathionperoxidase Cofaktor Selen Vorkommen zytosolisch membranständig
Katalase Cofaktor Eisen Vorkommen zytosolisch
Glutathion Vorkommen zytosolisch    
Cystein Vorkommen zytosolisch    
Coeruloplasmin Vorkommen zytosolisch    
Metallothionein Cofaktor Zink Vorkommen zytosolisch
Transferrin Vorkommen zytosolisch    
Albumin Vorkommen zytosolisch    
Harnsäure Vorkommen zytosolisch    

Glutathion-System

Das Glutathion (GSH reduziertes, aktives Glutathion) ist ein Tripeptid mit dem Namen Gamma-Glutamyl-Cysteinyl-Glycin, bestehend aus Glutamin, Glycin und Cystein. Es ist das zentrale Molekül im enzymatischen Glutathion-System. Zu diesem System gehören neben der oben aufgeführten Glutathionperoxidase, die -reduktase und -transferasen.

Das Glutathion-System ist das wichtigste zelluläre antioxidative System der wässerigen Phase.

Aufgaben des Glutathion-Systems
Es neutralisiert reaktive Sauerstoffverbindungen (reactive oxygen species = ROS) wie beispielsweise Wasserstoffperoxid und organischen Hydroperoxiden und schützt so Zellen, DNA, Lipide, Membranen und Mitochondrien vor der Oxidation. Bei der Neutralisation der ROS wird GSH selber zu dem Dimeren GS-SG oxidiert. GSSG wird anschließend durch ein spezifisches Enzymsystem, die Glutathionreduktase wieder regeneriert.

Das Verhältnis von reduziertem GSH zu oxidiertem GSSG spiegelt das zelluläre Redox-Gleichgewicht wider.

Eine weitere Aufgabe des GSH ist die zelluläre Detoxikation (Entgiftung) von Umweltgiften, Medikamenten, Xenobiotika sowie in der Immunabwehr.

Eine verminderte T-zelluläre Aktivität, die wichtig für die Abwehr von Viren und Tumorzellen ist, kann auf einen Mangel der zellulären GHS-Konzentration hinweisen.

Therapie eines Glutathion-Mangels
Zum Ausgleich eines GHS-Mangels werden Glutathion-Vorstufen wie beispielsweise
N-Acetylcystein verwendet. Auch die Einnahme von Alpha-Liponsäure hat einen günstigen Effekt bei der Anhebung des intrazellulären Glutathionsspiegels.

Antioxidantien

Antioxidantien sind Vitalstoffe (Mikronährstoffe), die in der Lage sind, die Freien Radikale abzufangen und somit deren schädigende Einflüsse zu unterbinden.

Vitamine, Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe
Neben den Scavenger-Enzymen spielen die antioxidativen Vitalstoffe (Mikronährstoffe) wie die Vitamine A, C und E, Beta-Carotin und andere Carotinoide sowie die sekundären Pflanzenstoffe wie beispielsweise Flavonoide, Indole und Lignane eine wesentliche Rolle bei der Neutralisation Freier Radikale [7].

Tabelle 2 

Alimentäre antioxidative Schutzfaktoren
Vitamine a-Tocopherol (Vitamin E),
Retinol (Vitamin A), Beta-Carotin, Lycopin, Ascorbinsäure (Vitamin C)
Vitamin B12 wirkt am besten gegen nitrosativen Stress (da Gegenspieler des NO.).
Spurenelemente Selen, Zink, Kupfer, Mangan
Sekundäre Pflanzenstoffe Capsaicin, Indole, Isothiocyanate Flavonoide Furfurole, Ligane, Monoterpene, Phytinsäure (Phytate) Polyphenole Organische Sulfide u.v.a.
Aminosäuren Methionin, Cystein
Weitere Vitalstoffe Coenzym Q10, Alpha-Liponsäure, Carnitin, Melatonin u.v.a.


Vitamin A, Beta-Carotin und weitere
Carotinoide Lycopin, Lutein, Alpha-Carotin, Gamma-Carotin sowie Zeaxanthin können beispielsweise die Auflösung der Gap junctions, die für die Kommunikation und damit auch die Wachstumskontrolle der Zellen von großer Bedeutung sind, behindern [9]. Vitamin E lagert sich in die Zellmembranen ein und schützt auf diese Weise die Membranlipide und -proteine vor der Lipidperoxidation durch Freie Radikale [6]. Dabei wird Vitamin E selber oxidiert und danach durch Coenzym Q10 regeneriert. Dieses oxidierte Coenzym Q10 wird anschließend durch Alpha-Dehydroliponsäure regeneriert. Vitamin C wirkt intra- und extrazellulär als Radikalfänger und ist außerdem in der Lage, oxidiertes Vitamin E zu regenerieren [2, 3].

Die Vitamine des B-Komplexes – in ihrer Eigenschaft als Coenzyme – haben wichtige Funktionen im Immunsystem und im Stoffwechsel von Proteinen, Aminosäuren, Fetten und Kohlenhydraten, das heißt sie steuern den Energie- und den Baustoffwechsel der Zellen. Vitamin B12 wirkt am besten gegen nitrosativen Stress (da Gegenspieler des NO.). Weitere Vitamine des B-Komplexes haben zudem möglicherweise auch eine antioxidative Wirkungen.

Aminosäuren
Die essentielle (lebensnotwendige) Aminosäure Methionin ist bekannt für ihre antioxidativen Fähigkeiten. Weitere oxidative Aminosäuren sind: Cystein, eine nicht essentielle Aminosäure, die ein wichtiger Baustein des Glutathions Gamma-Glutamy-Cysteinyl-Glycin ist. Weitere Informationen über das Glutathion (siehe Glutathion-System).

Freie Fettsäuren
Die essentielle Fettsäure Linolsäure ist bekannt für seine antioxidativen Fähigkeiten. Da sich eine linolsäurereiche Ernährung auch auf die Aktivität von Glutathion-haltigen Enzymen stimulierend auswirkt, kann von einem hohen immunmodulierenden Potenzial, das heißt von einer das Immunsystem positiv unterstützende Wirkung, ausgegangen werden.

Weitere Vitalstoffe  
Weitere Vitalstoffe (Mikronährstoffe) mit antioxidativer Wirkung sind
Alpha-Liponsäure, Coenzym Q10, Carnitin, Melatonin und viele mehr.

Die Funktion des antioxidativen Schutzsystems des Organismus ist von einer ausreichenden Nahrungszufuhr mit Vitaminen, Spurenelementen und antioxidativ wirkenden sekundären Pflanzenstoffen abhängig.

Eine dauerhaft unzureichende Zufuhr mit diesen Vitalstoffen führt zu einer Reduzierung der Kapazität der zellulären antioxidativen Schutzsysteme und damit wahrscheinlich auch zu einem erhöhten Alterungs- und Tumorrisiko [5, 8].

Die obigen Mikronährstoff-Empfehlungen (Vitalstoffe) wurden mithilfe des DocMedicus Expertensystems erstellt. Sämtliche Aussagen des DocMedicus Expertensystems sind durch Literatur mit hohen Evidenzgraden belegt.
Für eine Therapieempfehlung wurden nur klinische Studien mit den höchsten Evidenzgraden (Grad 1a/1b und 2a/2b) verwendet, die auf Grund ihrer hohen Aussagekraft die Therapieempfehlung belegen.

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Literatur

  1. Gehring WG: Krebs und freie Radikale, Medizin und Ernährung. 5 (Heft 4): 6-12, 1996
  2. Howe GR et al.: Dietary factors and risk of breast cancer: combined analysis of 12 case-control studies. J. Nat. Cancer Inst. 82: 561-569, 1990
  3. Hu ML et al.: Antioxidant protection against hypochlorus acid in human plasma. J. Lab. Clin. Med. 121: 257-262, 1993
  4. Krämer K: Antioxidantien in der Onkologie. Dtsch. Zschr. Onkol. 26: 76-83, 1994
  5. Li JY et al.: Nutrition intervention in Linxian. China: Multiple vitamin/mineral supplementation, cancer incidence, and disease-specific mortality among adults with esophagial dysplasia, J. Nat. Cancer Inst. 85: 1492-1498, 1993
  6. Prasad KN, Edwards-Prasad J: Vitamin E and cancer prevention: recent advances and future potentials. J. Amer. Coll. Nutr. 11: 487-500, 1992
  7. Rost R: Sauerstoffversorgung, Leistungsfähigkeit und Gesundheit. In: Sauerstoff: Nutzen und Gefahren, X. Symposium der Internationalen Stiftung zur Förderung der Ernährungsforschung und Ernährungsaufklärung (ISFE), Ganymedes Verlags- und Werbe GmbH, Bingen 1995
  8. The Alpha-Tocopherol, Beta Carotene, Cancer Prevention Study Group: The effect of vitamin E and beta carotene on the incidence of lung cancer and other cancers in male smokers. N. Eng. J. Med. 330 (15): 1029-1035, 1994
  9. Weisburger JH, Horn CL: The causes of cancer. In: Holleb, A.I.; Fink, D.J.; Murphy, G.P. (Eds.): Clinical oncology, American Cancer Society, Atlanta 1991