Ornithose – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Chlamydia psittaci ist ein gramnegatives, intrazellulär lebendes Bakterium (Bakterium, das nur innerhalb von Wirtszellen wächst), das zur Familie der Chlamydiaceae gehört. Es verursacht die Ornithose (Papageienkrankheit), eine zoonotische Infektion (vom Tier auf den Menschen übertragbare Erkrankung), die bei Vögeln weit verbreitet ist und auf den Menschen übertragen werden kann.
  • Genom: Chlamydia psittaci besitzt ein doppelsträngiges DNA-Genom, das die Gene für seine intrazelluläre Lebensweise und Virulenzfaktoren kodiert. Neben dem Chromosom trägt das Bakterium ein Plasmid (extrachromosomales DNA-Element), das zusätzliche virulenzassoziierte Gene enthält und die Infektiosität des Erregers steigert.
  • Virulenz: Die Virulenz (Krankheitserzeugungskraft) von Chlamydia psittaci wird durch folgende Mechanismen vermittelt:
    • Adhäsion und Invasion: Das Bakterium besitzt spezielle Adhäsine (Oberflächenproteine), die es ihm ermöglichen, fest an die Epithelzellen der Atemwege zu binden. Anschließend dringt der Erreger aktiv in die Wirtszellen ein.
    • Intrazelluläre Persistenz: C. psittaci bildet zwei unterschiedliche Entwicklungsformen: den ansteckenden Elementarkörper (infektiöse Form) und den Retikularkörper (vermehrungsfähige Form). Diese Umwandlung erlaubt es dem Erreger, im Inneren der Wirtszellen zu überleben und sich zu vermehren.
    • Induktion einer Immunreaktion: Während der Infektion werden proinflammatorische Zytokine (Botenstoffe des Immunsystems) freigesetzt, die zur starken Entzündungsreaktion und zu Gewebeschädigungen führen.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Chlamydia psittaci ist weltweit verbreitet und kommt vor allem bei Papageienvögeln, Tauben, Wellensittichen und Hühnern vor. Die Infektion ist besonders häufig bei Vögeln in Gefangenschaft (z. B. in Zoos, Tierhandlungen) und in Geflügelbetrieben.
  • Hauptübertragungsweg: Die Übertragung auf den Menschen erfolgt primär aerogen (über die Luft) durch das Einatmen von Aerosolen (feinste Tröpfchen), die aus infizierten Exkrementen, Atemwegssekreten oder kontaminierten Federn freigesetzt werden.
  • Weitere Übertragungswege: Eine Übertragung ist auch durch direkten Kontakt mit infizierten Vögeln, deren Kot oder kontaminierten Materialien möglich.
  • Reservoir: Das Hauptreservoir sind infizierte Vögel, die den Erreger über Atemwegssekrete, Kot und Federn ausscheiden.
  • Infektiosität: Die Infektiosität ist hoch, da bereits geringe Mengen an infektiösen Partikeln für eine Ansteckung ausreichen. Besonders gefährdet sind Menschen, die häufig mit Vögeln arbeiten (z. B. Vogelzüchter, Tierärzte).

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Die Infektion erfolgt über die Schleimhäute der oberen Atemwege (Nasen- und Rachenschleimhaut) nach Inhalation infektiöser Aerosole.
  • Nebeneintrittspforten: In seltenen Fällen kann die Übertragung auch über den direkten Kontakt mit infizierten Wunden oder durch Aufnahme kontaminierter Lebensmittel erfolgen.

Pathogenese des Erregers

  1. Adhäsion und Eindringen in die Wirtszellen: Nach Inhalation erreicht Chlamydia psittaci die Schleimhäute der oberen Atemwege und bindet über spezifische Adhäsine an die Epithelzellen der Nasen- und Rachenschleimhaut. Der Erreger wird durch Endozytose (Aufnahme durch eine Membraneinstülpung) in die Wirtszellen aufgenommen.
  2. Vermehrung und Differenzierung: Innerhalb der Wirtszelle wandelt sich der Elementarkörper (infektiöse Form) in den Retikularkörper (vermehrungsfähige Form) um. Dieser Retikularkörper nutzt die zellulären Ressourcen der Wirtszelle für seine Replikation und Bildung neuer Erregerpartikel.
  3. Zellzerstörung und Freisetzung: Nach erfolgter Replikation (Vermehrung) wandeln sich die Retikularkörper wieder in Elementarkörper um und werden bei der Zerstörung (Lyse) der Wirtszelle freigesetzt. Dies verursacht eine lokale Entzündungsreaktion, die zu Gewebeschäden und Nekrosen (Gewebeuntergang) führt.
  4. Systemische Ausbreitung: Über die Lymph- und Blutbahn kann sich der Erreger im Organismus verbreiten und Lunge, Leber, Milz und Herz erreichen, was zu einer generalisierten Infektion und Multiorganbeteiligung führen kann.
  5. Induktion einer Immunantwort: Während der systemischen Ausbreitung aktiviert der Erreger die humorale (durch Antikörper vermittelte) und zelluläre Immunantwort, was eine überschießende Entzündungsreaktion zur Folge haben kann.

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort: Die Infektion aktiviert die angeborene Immunabwehr in den betroffenen Schleimhäuten. Makrophagen (Fresszellen) und neutrophile Granulozyten (Form der weißen Blutkörperchen) versuchen, den Erreger zu phagozytieren (aufzunehmen und abzubauen). Da C. psittaci jedoch intrazellulär lebt, gelingt dies nur unvollständig.
  • Systemische Immunantwort: Die Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen (z. B. IL-1, TNF-α) verursacht eine starke systemische Entzündungsreaktion, die zu Fieber und systemischen Symptomen führt. Es kommt häufig zu einer Dysregulation der Immunantwort, was den Krankheitsverlauf verschlimmert.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane: Lunge, Leber, Milz und Herz.
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • Lunge: Interstitielle Pneumonie (Lungenentzündung des Zwischengewebes) mit Alveolarschäden und entzündlichen Infiltraten (Ansammlung von Immunzellen).
    • Leber: Hepatitis (Leberentzündung) durch die systemische Verbreitung.
    • Milz: Splenomegalie (Milzvergrößerung) durch die Immunaktivierung.
    • Herz: Myokarditis (Herzmuskelentzündung) bei schwerer Ausbreitung.

Klinische Manifestation

  • Frühsymptome: Hohes Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Muskelschmerzen und allgemeines Krankheitsgefühl. Oft beginnt die Infektion mit grippeähnlichen Symptomen.
  • Fortgeschrittene Symptome:
    • Atemwege: Trockener Husten, Atemnot, Brustschmerzen.
    • Systemische Manifestationen: Fieber, Hepatosplenomegalie (Vergrößerung von Leber und Milz), Herzbeteiligung in Form von Myokarditis.
  • Komplikationen: In schweren Fällen kann die Infektion zu einer akuten respiratorischen Insuffizienz (unzureichende Sauerstoffversorgung) und Multiorganversagen führen.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Ornithose, verursacht durch Chlamydia psittaci, ist eine zoonotische Infektion, die beim Menschen primär die Atemwege befällt. Die Pathogenese ist durch die Bindung an die Epithelzellen der Atemwege und die intrazelluläre Vermehrung des Erregers gekennzeichnet, was zu einer systemischen Ausbreitung und Multiorganbeteiligung führen kann. Die klinische Relevanz liegt in der raschen Diagnosestellung und der Isolierung infizierter Personen sowie in der Vermeidung von Kontakt mit potenziell infizierten Vögeln. Die Therapie erfolgt mit Tetrazyklinen oder Makroliden, die den intrazellulären Erreger effektiv bekämpfen.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Direkter Kontakt zu infizierten Vögeln
  • Kontakt zu kontaminiertem Staub