Masern (Morbilli) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Beschreibung des Erregers
- Erreger: Das Masernvirus (MV) gehört zur Gattung Morbillivirus und zur Familie der Paramyxoviridae. Es ist ein umhülltes, einzelsträngiges RNA-Virus mit negativer Polarität.
- Genom: Das Virusgenom besteht aus einer einzelsträngigen RNA mit negativer Polarität, die für die Synthese von strukturellen und nicht-strukturellen Proteinen kodiert. Das Hämagglutinin-Protein und das Fusionsprotein sind entscheidend für die Infektion der Wirtszellen.
- Virulenz: Die hohe Virulenz (Infektionskraft) des Masernvirus wird durch seine Fähigkeit vermittelt, gezielt das Immunsystem zu schwächen und Epithelzellen sowie Immunzellen zu infizieren. Besonders gefährlich ist die durch das Virus verursachte Immunsuppression, die zu einer erhöhten Anfälligkeit für Sekundärinfektionen führt.
Epidemiologie und Übertragungsweg
- Verbreitung: Masern kommen weltweit vor und sind in Ländern mit niedrigen Impfquoten endemisch. Vor Einführung der Impfung waren Masern eine der häufigsten Kinderkrankheiten.
- Hauptübertragungsweg: Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion über Aerosole (feinste Tröpfchen in der Luft), die beim Husten, Niesen oder Sprechen freigesetzt werden.
- Weitere Übertragungswege: Eine Übertragung durch direkten Kontakt mit infektiösen Nasen- oder Rachensekreten ist ebenfalls möglich.
- Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit): Die Infektiosität ist extrem hoch; bis zu 90 % der ungeschützten Personen, die Kontakt mit einem Infizierten haben, stecken sich an. Das Virus kann bis zu zwei Stunden in der Luft oder auf Oberflächen infektiös bleiben.
Eintrittspforte des Erregers
- Haupteintrittspforte: Die Haupteintrittspforte des Masernvirus sind die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums und die Konjunktiva (Bindehaut).
- Nebeneintrittspforten: Keine weiteren relevanten Eintrittspforten bekannt.
Pathogenese des Erregers
- Initiale Vermehrung und Ansiedlung:
- Nach Eintritt in den Verdauungstrakt heftet sich das Poliovirus mithilfe von spezifischen Rezeptoren (z. B. CD155) an die Epithelzellen des Pharynx und des Dünndarms.
- Das Virus vermehrt sich initial im lymphatischen Gewebe des Darms, insbesondere in den Peyer-Plaques und in den Mandeln (Tonsillen).
- Erste Virämie:
- Nach der Vermehrung im lymphatischen Gewebe dringt das Virus in die regionalen Lymphknoten ein und wird anschließend über den Ductus thoracicus (größte Lymphgefäß des Körpers) in die Blutbahn freigesetzt (erste Virämiephase).
- In den meisten Fällen bleibt die Infektion in dieser Phase asymptomatisch, und das Virus wird durch das Immunsystem kontrolliert.
- Zweite Virämie und Invasion des zentralen Nervensystems:
- In einigen Fällen (ca. 1 %) überwinden die Viren die Blut-Hirn-Schranke und gelangen ins zentrale Nervensystem (ZNS), wo sie gezielt Motoneuronen des Vorderhorns im Rückenmark infizieren.
- Diese Phase ist verantwortlich für die Zerstörung der Nervenzellen und die daraus resultierenden schlaffen Lähmungen, die typisch für die Erkrankung sind.
Wirtsreaktion
- Lokale Immunantwort:
- In den Lymphknoten kommt es zur Aktivierung von Makrophagen (Fresszellen) und dendritischen Zellen (hochspezialisierte antigenpräsentierende Zellen), die das Virus zu bekämpfen versuchen.
- Die lokale Immunantwort ist jedoch häufig nicht ausreichend, um die Infektion zu kontrollieren.
- Systemische Immunantwort:
- Im Verlauf der zweiten Virämie werden spezifische IgM- und später IgG-Antikörper gebildet, die eine zentrale Rolle bei der Kontrolle der Virusausbreitung spielen.
- Die Bildung von zytotoxischen T-Zellen (CD8+) ist entscheidend für die Elimination infizierter Zellen und die Eindämmung der Infektion.
- Anpassungsmechanismen des Erregers:
- Das Masernvirus hemmt die Aktivität von Interferonen (wichtige antivirale Signalproteine) und blockiert damit die antivirale Abwehr des Wirts.
- Zudem führt das Virus zur Depletion (Verringerung) von Gedächtnis-T-Zellen, was zu einer bleibenden Immunsuppression führt.
Organaffinität und Gewebeschäden
- Bevorzugte Zielorgane: Die bevorzugten Zielorgane des Masernvirus sind die Haut, das Atemwegsepithel und das Immunsystem.
- Resultierende Gewebeschäden:
- In der Haut kommt es zur Ausbildung des typischen makulopapulösen Exanthems (Hautausschlag), das durch entzündliche Reaktionen und die Zerstörung der Epithelzellen verursacht wird.
- Im Respirationstrakt führt die Infektion der Schleimhäute zu einer erhöhten Anfälligkeit für Sekundärinfektionen durch Bakterien.
- Die Infektion der Lymphgewebe und des Thymus führt zu einer signifikanten Immunsuppression, die zu einer Reduktion der Abwehrzellen führt.
Klinische Manifestation
- Symptomatologie:
- Abortive Poliomyelitis: In den meisten Fällen verläuft die Erkrankung asymptomatisch oder mit milden grippeähnlichen Symptomen (Fieber, Halsschmerzen, Übelkeit).
- Nicht-paralytische Poliomyelitis: In einigen Fällen entwickelt sich eine aseptische Meningitis (nicht-bakterielle Hirnhautentzündung) mit Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Fieber.
- Paralytische Poliomyelitis: Die klassische Form der Poliomyelitis, bei der es zu asymmetrischen, schlaffen Lähmungen der Extremitäten kommt. Betroffen sind hauptsächlich die Beine. Bei Beteiligung des Hirnstamms kann es zur Atemlähmung kommen.
- Komplikationen:
- Schwere neurologische Ausfälle wie Ateminsuffizienz (bei Befall der Atemmuskulatur) oder bulbäre Lähmungen (bei Befall des Hirnstamms).
- Post-Polio-Syndrom: Jahre bis Jahrzehnte nach der Erstinfektion können sich neue muskuloskelettale Beschwerden und eine Verschlechterung der motorischen Funktion entwickeln.
- Verläufe und Schweregrade:
- Leichte Verläufe verlaufen asymptomatisch oder mild und führen nicht zu bleibenden Schäden.
- Schwere Verläufe mit ZNS-Beteiligung führen zu lebenslangen motorischen Einschränkungen und einer erhöhten Mortalität.
Prognosefaktoren
- Wirtsfaktoren:
- Alter: Kinder unter 5 Jahren und Erwachsene über 20 Jahren haben ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe.
- Immunschwäche: Personen mit Immundefekten oder immunsupprimierende Erkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für schwere Komplikationen.
- Erregerfaktoren:
- Unterschiede in der Virulenz zwischen den verschiedenen Genotypen des Masernvirus können das Risiko für Komplikationen beeinflussen.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Masern sind eine hochansteckende, durch das Masernvirus verursachte Infektionskrankheit, die zu schweren Komplikationen wie Pneumonien und Enzephalitiden führen kann. Die Pathogenese wird durch die Fähigkeit des Virus bestimmt, Epithelzellen und Immunzellen zu infizieren und eine massive Immunsuppression zu verursachen. Präventive Maßnahmen wie Impfungen sind essenziell, um die Ausbreitung der Erkrankung zu verhindern. Eine frühzeitige Diagnostik und supportive Therapie sind entscheidend, um schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden und die Letalität zu senken.
Ätiologie (Ursachen)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Kontakt zu Erkrankten: Tröpfcheninfektion über Aerosole (feinste Tröpfchen in der Luft), die beim Husten, Niesen oder Sprechen freigesetzt werden.