Masern (Morbilli) – Einleitung

Bei den Masern handelt es sich um eine Infektionserkrankung, die durch das Morbillivirus (Masernvirus; aus der Familie der Paramyxoviridae, Gattung Morbilliviren) verursacht wird. Sie zählt neben den Infektionserkrankungen wie Mumps oder Windpocken zu den typischen Kinderkrankheiten.

Synonyme und ICD-10: Masernvirus Infektion; Measels; Morbilli (Masern); ICD-10-GM B05.-: Masern

Charakteristische Laborbefunde

  • Lymphopenie (Verminderung der Lymphozyten): Typisch für die Masern ist eine deutliche Reduktion der Lymphozytenzahl, insbesondere während der akuten Phase.
  • Leukopenie (Verminderung der Leukozyten): Die Gesamtleukozytenzahl kann reduziert sein, was ebenfalls typisch für virale Infektionen ist.
  • Erhöhte CRP-Werte (C-reaktives Protein): CRP ist meist moderat erhöht und spiegelt die Entzündungsreaktion wider.
  • Serologie: Der Nachweis spezifischer Antikörper gegen das Masernvirus ist entscheidend für die Diagnose:
    • Masern-IgM: Frühmarker, der in der akuten Phase der Erkrankung nachweisbar ist und auf eine frische Infektion hinweist.
    • Masern-IgG: Bildet sich später und bleibt meistens lebenslang nachweisbar, zeigt eine durchgemachte Infektion oder Impfung an.
  • Virus-RNA-Nachweis: Mittels PCR kann die Virus-RNA in verschiedenen Proben (z. B. Blut, Rachenabstrich, Urin) nachgewiesen werden, insbesondere in der akuten Phase.

Diese Laborbefunde sind charakteristisch für eine akute Maserninfektion und unterstützen die klinische Diagnose.

Formen der Erkrankung

Die Maserninfektion kann in verschiedene Phasen unterteilt werden:

Inkubationszeit

  • Dauer: 8-10 Tage bis zum Beginn des katarrhalischen Stadiums und 14 Tage bis zum Ausbruch des Exanthems.
  • Keine spezifischen Symptome in dieser Phase.

Prodromalphase

  • Symptome: Unspezifische Entzündung der oberen Atemwege, Fieber, Husten, Rhinitis (Nasenschleimhautentzündung), Konjunktivitis (Bindehautentzündung).
  • Kennzeichen: Auftreten der Koplik-Flecken (kleine weiße Flecken mit rotem Hof an der Mundschleimhaut).
  • Dauer: Etwa 3-4 Tage.

Exanthem-Stadium

  • Beginn: Etwa 14 Tage nach Infektion.
  • Symptome: Rötlicher Hautausschlag (Exanthem), der typischerweise im Gesicht beginnt und sich über den Körper ausbreitet.
  • Dauer: 4-7 Tage.
  • Komplikationen: Möglicherweise Otitis media (Mittelohrentzündung), Pneumonie (Lungenentzündung) oder postinfektiöse Enzephalitis (Gehirnentzündung).

Rekonvaleszenz (Genesung)

  • Symptome: Abklingen des Ausschlags, Erholung.
  • Dauer: Variiert, oft mehrere Wochen.
  • Kennzeichen: Hyperpigmentierung und Schuppung der Haut.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Jungen und Mädchen sind gleichermaßen betroffen, es gibt kein signifikantes Geschlechterverhältnis.

Häufigkeitsgipfel
: Die Erkrankung tritt vorwiegend im Kleinkind- und Schulkindalter auf. In Deutschland wird fast jede zweite Masernerkrankung inzwischen bei Erwachsenen beobachtet.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)
: Die Masern sind weltweit verbreitet, insbesondere in Entwicklungsländern, wo die Durchimpfungsrate niedriger ist. In Regionen mit hohen Impfraten ist die Prävalenz deutlich geringer.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)
: Weltweit erkranken ca. 30 Millionen Menschen jährlich an Masern. In Deutschland beträgt die Inzidenz etwa 2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) strebt eine Maserneliminierung mit einer Inzidenz von weniger als 0,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr an. Dieses Ziel wurde in Ländern wie den USA und Finnland bereits erreicht.

Saisonale Häufung der Erkrankung
: Masern treten gehäuft von April bis Juli auf.

Infektionsepidemiologie 

Erreger: Masernvirus (Morbillivirus), ein RNA-Virus aus der Familie der Paramyxoviridae.

Erregerreservoir
: Der Mensch ist das einzige relevante Reservoir für das Masernvirus.

Vorkommen
: Die Erkrankung tritt weltweit auf, am häufigsten in Entwicklungsländern. In Ländern mit hohen Impfraten, wie Deutschland, nimmt die Häufigkeit der Masern weiter ab.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Ja, die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch direkten Kontakt mit infizierten Personen.

Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers)
: Die Ansteckungskraft des Masernvirus ist extrem hoch. Der Kontagiositätsindex liegt bei 0,95, was bedeutet, dass 95 von 100 ungeimpften Personen nach Kontakt mit einem Infizierten erkranken. Der Manifestationsindex, also der Anteil der infizierten Personen, die tatsächlich an Masern erkranken, liegt ebenfalls bei etwa 95 %.

Übertragungsweg
: Der Virus wird hauptsächlich über Tröpfchen übertragen, die beim Husten und Niesen entstehen. Diese werden über die Schleimhäute der Nase, des Mundes und ggf. der Augen aufgenommen (Tröpfcheninfektion). Eine aerogene Übertragung durch erregerhaltige Tröpfchenkerne (Aerosole) in der ausgeatmeten Luft ist ebenfalls möglich. Eine Übertragung kann auch durch Kontakt mit infektiösem Material wie Nasensekret erfolgen.

Eintrittspforte
: Der Erreger dringt über die Schleimhäute der Atemwege und der Augen in den Körper ein.

Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung)
: Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 8-12 Tage bis zum Auftreten der ersten Symptome, 14 Tage bis zum Beginn des Exanthems.

Krankheitsdauer
: Die akute Phase der Erkrankung dauert in der Regel etwa 7-10 Tage.

Dauer der Infektiosität
: Die Infektiosität beginnt etwa 5 Tage vor dem Auftreten des Exanthems (Hautausschlag) und hält bis zu 4 Tage nach Exanthembeginn an.

Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper)
: In Ländern mit hohen Impfraten liegt die Seroprävalenz in der Bevölkerung bei über 90 %.

Erregerspezifische Immunität
: Eine durchgemachte Maserninfektion hinterlässt eine lebenslange Immunität. Reinfektionen, insbesondere nach einer Impfung, sind selten, aber möglich.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Inkubationszeit: Keine spezifischen Symptome.
  • Prodromalphase: Fieber, Husten, Rhinitis (Nasenschleimhautentzündung), Konjunktivitis (Bindehautentzündung), Koplik-Flecken.
  • Exanthem-Stadium: Rötlicher Hautausschlag, der sich vom Gesicht über den Körper ausbreitet, begleitet von hohem Fieber.
  • Rekonvaleszenz: Abklingen des Ausschlags, Erholung, jedoch mögliche Hyperpigmentierung und Schuppung der Haut.

Eine unkomplizierte Maserninfektion ist nach ungefähr einer Woche ausgeheilt.

Komplikationen

  • Otitis media: Mittelohrentzündung, häufig bei Kindern unter 5 Jahren.
  • Pneumonie: Lungenentzündung, eine häufige und ernste Komplikation.
  • Postinfektiöse Enzephalitis: Gehirnentzündung, die bei ungefähr 0,1 % der Erkrankten auftritt, mit einer Letalität von 10-20 %.
  • Immuninsuffizienz: Vorübergehende Schwächung des Immunsystems, die bakterielle Superinfektionen begünstigt.

Prognose

  • Unkomplizierte Masern: Nach etwa einer Woche ausgeheilt.
  • Schwere Fälle: Abhängig vom Allgemeinzustand und Komplikationen.
  • Langzeitprognose: Lebenslange Immunität nach durchgemachter Infektion, aber Risiko für schwere Komplikationen insbesondere bei immungeschwächten Patienten.

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Masern ist verfügbar. Auch bei ungeimpften, ansonsten gesunden Personen, kann nach der Ansteckung der Ausbruch der Erkrankung durch eine rechtzeitige Impfung noch verhindert werden.

In Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis des Erregers nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich meldepflichtig, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung