Lymphozytäre Choriomeningitis (Armstrong-Krankheit) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Die lymphozytäre Choriomeningitis (LCM) wird durch das Lymphozytäre Choriomeningitis-Virus (LCMV) verursacht, das zur Familie der Arenaviridae gehört. Es handelt sich um ein umhülltes RNA-Virus (Virus mit einer Hülle und RNA als genetisches Material), das durch die Infektion von Hausmäusen, Hamstern und anderen Nagern auf den Menschen übertragen wird.
  • Genom: Das LCM-Virus besitzt ein zweigeteiltes, einzelsträngiges RNA-Genom (zwei separate RNA-Segmente), das die für die Replikation notwendigen Virulenzfaktoren (gene für Virulenz) und Strukturproteine kodiert.
  • Virulenz (Infektionskraft): Die Virulenz wird durch die Fähigkeit des Virus vermittelt, in Makrophagen (Immunzellen des Körpers) und dendritischen Zellen (Immunzellen zur Antigenpräsentation) zu überleben und eine langsame, persistierende Infektion zu verursachen, die das Immunsystem schwächt.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Die lymphozytäre Choriomeningitis ist weltweit verbreitet, insbesondere in Regionen mit hoher Nagerpopulation (z. B. Hausmäuse in ländlichen und städtischen Gebieten). Infektionen treten bevorzugt in den Wintermonaten auf, wenn Nager häufiger in menschliche Behausungen eindringen.
  • Hauptübertragungsweg:
    • Die Übertragung erfolgt durch den Kontakt mit infizierten Nagern oder deren Körperflüssigkeiten (Urin, Kot, Speichel) sowie durch das Einatmen von virushaltigen Aerosolen (feinste Tröpfchen in der Luft).
  • Weitere Übertragungswege:
    • Diaplazentare Übertragung (Übertragung von der infizierten Mutter auf den Fötus) ist möglich und führt zu schweren Komplikationen.
    • Nosokomiale Infektion (Infektion im Krankenhaus) kann durch den Umgang mit infizierten Tierproben auftreten.
  • Reservoir: Hauptreservoire sind Hausmäuse (Mus musculus) und andere Nagetiere, wie Hamster und Meerschweinchen, die das Virus in ihrem Organismus tragen und ausscheiden.
  • Infektiosität: Das Virus ist hochansteckend, besonders durch Einatmen von kontaminierten Aerosolen. Bei engem Kontakt mit infizierten Nagern oder deren Exkrementen ist das Risiko einer Übertragung hoch.

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Das Virus gelangt über die Schleimhäute der Atemwege oder über kleinste Hautläsionen (Verletzungen der Haut) in den Körper.
  • Nebeneintrittspforten:
    • Schleimhautkontakt (z. B. mit den Augen oder der Mundschleimhaut) durch Berührung mit kontaminierten Händen.
    • Diaplazentarer Übertritt (durch die Plazenta) von der Mutter auf den Fötus.

Pathogenese des Erregers

  1. Initiale Infektion und Eintritt in das Wirtsgewebe:
    • Nach dem Eindringen in den Körper infiziert das Virus primär die Epithelzellen (Oberflächenzellen) der Eintrittspforten und gelangt anschließend in die Blutbahn.
    • Über das Blut erreicht das Virus die Makrophagen und dendritischen Zellen (spezielle Immunzellen) der Milz, Leber und Lymphknoten und beginnt dort mit seiner Vermehrung.
  2. Virusvermehrung und systemische Ausbreitung:
    • Das Virus repliziert sich innerhalb der Makrophagen und dendritischen Zellen, was zur Freisetzung großer Virusmengen führt.
    • Die Freisetzung des Virus in die Blutbahn führt zu einer Virämie (Virusvermehrung im Blut), die zu einer systemischen Ausbreitung in andere Organe, einschließlich des Zentralnervensystems (ZNS), führt.
  3. Befall des ZNS und Auslösung der Meningitis:
    • Das Virus erreicht das Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark) und infiziert die Hirnhäute (Meningen), was zur Entzündung der Hirnhäute (Meningitis) und des Gehirns (Enzephalitis) führt.
    • Im ZNS verursacht das Virus eine Entzündung durch die Aktivierung von T-Lymphozyten und die Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen (entzündungsfördernde Botenstoffe), was zu einer Schädigung der Nervenzellen führt.
  4. Immunantwort und Gewebeschäden:
    • Die Immunantwort auf das Virus ist stark zytotoxisch (zellzerstörend), was bedeutet, dass die zirkulierenden T-Lymphozyten (Abwehrzellen) die infizierten Zellen angreifen und abtöten.
    • Dies führt zu einer lymphozytären Infiltration (Ansammlung von Lymphozyten) in den betroffenen Geweben, besonders in den Hirnhäuten und im Gehirn.
  5. Persistenz und chronische Infektion:
    • Das Virus kann in bestimmten Zellen persistieren (verbleiben), insbesondere bei immunsupprimierten Personen, und so eine chronische Infektion aufrechterhalten.
    • Bei einer diaplazentaren Infektion (Infektion über die Plazenta) kann es zu schweren angeborenen Fehlbildungen und einer fetalen Meningitis kommen.

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort:
    • Die Aktivierung der angeborenen Immunantwort erfolgt durch die Erkennung des Virus durch Toll-like-Rezeptoren (TLR3 und TLR7) auf Makrophagen und dendritischen Zellen. Dies führt zur Freisetzung von Zytokinen wie IL-6, IFN-γ und TNF-α, die die Entzündungsreaktion verstärken.
    • Das Virus entgeht der Immunantwort durch Unterdrückung der Typ-I-Interferon-Antwort (hemmt das Abwehrsystem, das normalerweise virale Infektionen bekämpft).
  • Systemische Immunantwort:
    • Die Aktivierung der T-Lymphozyten (spezifische Immunzellen) führt zur Eliminierung der infizierten Zellen, was jedoch gleichzeitig Gewebeschäden und lymphozytäre Infiltrate (Ansammlungen von Lymphozyten) im ZNS verursacht.
    • Eine übermäßige Immunreaktion kann zur Immunsuppression (Schwächung der Abwehrkräfte) und einer chronischen Infektion führen.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane:
    • Das Virus befällt primär das Zentralnervensystem (Hirnhäute und Gehirn), aber auch die Milz, Leber und Lymphknoten.
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • Die Entzündung im ZNS führt zu einer Schädigung der Nervenzellen und zur lymphozytären Meningitis, was zu Nervenentzündungen, neurologischen Ausfällen und in schweren Fällen zu bleibenden Nervenschäden führen kann.

Klinische Manifestation

  • Symptomatologie:
    • Die typischen Symptome einer akuten LCMV-Infektion umfassen Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.
    • Bei Befall des ZNS kommt es zu Nackensteifigkeit, Lichtempfindlichkeit (Photophobie), neurologischen Symptomen und in schweren Fällen zu Bewusstseinsstörungen und Krampfanfällen.
  • Komplikationen:
    • Bei Schwangeren kann es zu einer Frühgeburt, Totgeburt oder einer schweren Neugeborenenmeningitis kommen.
    • Bei immunsupprimierten Patienten tritt häufig eine chronische Meningoenzephalitis (lang anhaltende Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute) auf.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die lymphozytäre Choriomeningitis ist eine virale Infektion, die durch das LCMV (Lymphozytäre Choriomeningitis-Virus) verursacht und primär über Nager auf den Menschen übertragen wird. Die Pathogenese ist durch eine ZNS-Beteiligung (Hirnhäute und Gehirn) und eine starke Immunantwort gekennzeichnet, die zu einer lymphozytären Meningitis führt. Eine frühzeitige Diagnose und entsprechende Hygienemaßnahmen sind essenziell, um die Übertragung und schwere Komplikationen zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Haltung von Hausmäusen, Hamstern und anderen Nagern