Lymphozytäre Choriomeningitis (Armstrong-Krankheit) – Einleitung

Die lymphozytäre Choriomeningitis (LCM) ist eine durch das lymphozytäre Choriomeningitis-Virus (LCMV), ein Arenavirus, verursachte Infektionskrankheit. Sie gehört zu den viralen Zoonosen (Tierseuchen) und äußert sich durch eine Entzündung der Hirnhäute (Meningitis) und des Gehirns (Enzephalitis). Die Erkrankung verläuft häufig mild, kann jedoch bei bestimmten Risikogruppen, wie Schwangeren und immungeschwächten Personen, schwerwiegende Komplikationen verursachen.

Synonyme und ICD-10: Akute Chorioenzephalitis; akute Choriomeningitis; akute lymphozytäre Meningitis; akute seröse lymphozytäre Chorioenzephalitis; akute seröse lymphozytäre Choriomeningitis; Armstrong-Krankheit; Chorioenzephalitis; Choriomeningitis; LCM; LCM-Virus; lymphozytäre Chorioenzephalitis; lymphozytäre Enzephalitis; lymphozytäre Meningitis; lymphozytäre Meningoenzephalitis; seröse Chorioenzephalitis; seröse Choriomeningitis; seröse epidemische Meningitis; ICD-10-GM A87.2: Lymphozytäre Choriomeningitis

Charakteristische Laborbefunde

  • Erhöhte Zellzahl im Liquor (Pleocytose): Lymphozytäre Dominanz.
  • Proteinvermehrung im Liquor: Leicht erhöht.
  • Normaler oder leicht erniedrigter Glukosespiegel im Liquor.
  • Virusnachweis: PCR aus Liquor oder Blut, serologische Tests (Nachweis von Antikörpern gegen LCMV).

Formen der Erkrankung

  • Asymptomatische Infektion: Bei etwa einem Drittel der Infizierten treten keine erkennbaren Symptome auf.
  • Leichte bis mittelschwere Verläufe: Grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen.
  • Schwere Verlaufsformen: Beteiligung des zentralen Nervensystems mit Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Enzephalitis (Gehirnentzündung). Neurologische Symptome wie Verwirrtheit, Schläfrigkeit oder Krampfanfälle können auftreten.
  • Intrauterine Infektion: Kann zu Fehlgeburten oder fetalen Fehlbildungen führen, insbesondere Hydrozephalus, Chorioretinitis und geistige Retardierung.

Ursachen

Die lymphozytäre Choriomeningitis wird durch das LCM-Virus verursacht, das zur Familie der Arenaviren gehört. Das Virus wird hauptsächlich durch Kontakt mit infizierten Nagern, insbesondere Mäusen, übertragen. Infektionen beim Menschen treten meist durch kontaminierte Lebensmittel oder Staubpartikel auf, die das Virus enthalten. 

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Die Infektion tritt gehäuft im Spätherbst und Winter auf, wenn Nager vermehrt in menschliche Behausungen gelangen.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Weltweit verbreitet, genaue Zahlen sind schwer festzustellen. In Deutschland werden jährlich etwa 100 Fälle berichtet.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): In betroffenen Risikogruppen, wie Tierpflegern oder Laborpersonal, die mit Nagern arbeiten, ist die Inzidenz erhöht.

Saisonale Häufung
: Im Spätherbst und Winter, wenn Nagetiere vermehrt in den Innenbereich gelangen, steigt das Infektionsrisiko.

Infektionsepidemiologie

Erreger: LCM-Virus (Arenavirus).

Erregerreservoir
: Hauptsächlich wild lebende Mäuse, aber auch Haustiere wie Hamster und Meerschweinchen können das Virus tragen.

Vorkommen
: Weltweit verbreitet, vor allem in Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Sehr selten; eine Übertragung durch Organtransplantation oder intrauterin ist jedoch möglich.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Gering, da Mensch-zu-Mensch-Übertragungen selten sind.

Übertragungsweg
: Meist durch Aerosole aus getrockneten Exkrementen von infizierten Nagern, seltener durch Bisse oder direkten Kontakt mit kontaminiertem Material.

Eintrittspforte
: Respiratorischer Trakt, Hautläsionen, Schleimhäute.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 6 bis 21 Tage, durchschnittlich etwa 1 bis 2 Wochen.

Krankheitsdauer
: In der Regel 1 bis 3 Wochen, bei schweren Verläufen länger.

Dauer der Infektiosität
: Solange das Virus im Körper persistiert.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): In endemischen Gebieten hoch, genaue Zahlen fehlen.

Erregerspezifische Immunität
: Nach Infektion besteht eine lebenslange Immunität gegen das Virus.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akut: Symptome beginnen meist mit Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und allgemeinem Unwohlsein. In schweren Fällen kommt es zu neurologischen Symptomen wie Meningitis und Enzephalitis, die Krampfanfälle und Bewusstseinsstörungen verursachen können.
  • Chronisch: Selten, aber möglich bei immungeschwächten Personen. Chronische Infektionen können zu persistierenden neurologischen Symptomen führen.
  • Intrauterine Infektion: Bei einer Übertragung während der Schwangerschaft besteht ein hohes Risiko für Fehlbildungen beim Fötus (Hydrozephalus (Wasserkopf), Chorioretinitis (Entzündung der Netzhaut und der Aderhaut), geistige Retardierung).

Prognose

  • Mildere Verläufe: In den meisten Fällen heilt die Infektion innerhalb von 1 bis 3 Wochen ohne bleibende Schäden aus.
  • Schwere Verläufe: Bei etwa 15 % der Fälle kann eine Meningitis oder Enzephalitis auftreten, wobei bleibende neurologische Schäden selten, aber möglich sind.
  • Letalität (Sterblichkeit): 1 bis 2 % in schweren Fällen, insbesondere bei immunsupprimierten Patienten oder bei Beteiligung des ZNS.
  • Intrauterine Infektion: Bei intrauteriner Übertragung besteht ein hohes Risiko für schwere Fehlbildungen oder Totgeburten.

Eine Schutzimpfung gegen die lymphozytäre Choriomeningitis steht bislang nicht zur Verfügung.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung