Lymphogranuloma venereum – Einleitung

Lymphogranuloma venereum (LGV), auch Durand-Nicolas-Favre-Krankheit genannt, ist eine sexuell übertragbare Erkrankung, die durch die Serotypen L1-L3 des Bakteriums Chlamydia trachomatis verursacht wird. Sie führt zu entzündlichen Prozessen, insbesondere in den Lymphgefäßen und -knoten, und tritt vorwiegend im Genitalbereich auf. Unbehandelt kann die Infektion zu chronischen Entzündungen und Gewebeschädigungen führen.

Synonyme und ICD-10: Chlamydia trachomatis (Serotyp L1-L3); Durand-Nicolas-Favre-Krankheit; klimatischer Bubo; LGV; Lymphogranuloma inguinale; Lymphogranuloma inguinale (venereum); Lymphogranulomatosis inguinalis; Lymphopathia venerea; Nicolas-Durand-Favre-Krankheit; venerisches Granulom; ICD-10-GM A55: Lymphogranuloma inguinale (venereum) durch Chlamydien

Die Erkrankung gehört zu den sexuell übertragbaren Krankheiten (engl. STD (sexually transmitted diseases) oder STI (sexually transmitted infections)).

Des Weiteren zählt die Erkrankung zu den "tropischen Geschlechtskrankheiten". Zu diesen gehören die bakteriellen Infektionen Lymphogranuloma venereum (LGV), Ulcus molle und Granuloma inguinale (GI; Synonyme: Granuloma venereum, Donovanose). Die drei Erkrankungen haben gemein, dass sie primär mit Ulzera einhergehen (engl. "genital ulcer disease", GUD).

Charakteristische Laborbefunde

  • PCR: Nachweis von Chlamydia trachomatis DNA aus Läsionen, Ulzera (Geschwüre), oder Sekreten.
  • Serologie: Serologische Tests zeigen erhöhte Antikörpertiter gegen Chlamydia trachomatis.
  • Kultur: In Speziallabors kann der Erreger kultiviert werden, dies erfolgt aber selten.
  • Lymphknotenbiopsie: Histopathologische Untersuchung zeigt chronische Entzündungen der Lymphknoten.
  • NAT (Nukleinsäureamplifikationstest): Zum direkten Erregernachweis besonders geeignet.

Formen der Erkrankung

  • Akutes Stadium (Primärstadium): Lokale Primärläsionen (schmerzlose Bläschen oder Ulzera) im Genital- oder Analbereich.
  • Sekundärstadium: Schmerzhafte Schwellungen der regionären Lymphknoten (Bubonen) im Genital- oder Leistenbereich.
  • Chronisches Stadium (Tertiärstadium): Ohne Therapie kommt es zu chronischen Entzündungen, Gewebszerstörung und möglichen Darmstenosen.

Ursachen

Die Ursache ist die Infektion durch Chlamydia trachomatis Serotypen L1-L3, die durch sexuellen Kontakt, insbesondere ungeschützten Geschlechtsverkehr, übertragen wird. Die Infektion begünstigt sich durch Mikrotraumata der Genitalschleimhäute.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen, insbesondere Männer, die Sex mit Männern haben.

Häufigkeitsgipfel
: Zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): In Deutschland selten, weltweit vor allem in tropischen und subtropischen Regionen (Afrika, Asien, Südamerika) verbreitet.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Weltweit steigende Inzidenz durch steigende Raten von sexuell übertragbaren Krankheiten bei Männern, die Sex mit Männern haben.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Chlamydia trachomatis (Serotypen L1-L3).

Erregerreservoir
: Mensch, insbesondere infizierte Personen ohne Symptome.

Vorkommen
: Tropische und subtropische Gebiete; zunehmend auch in Europa und Nordamerika bei Männern, die Sex mit Männern haben.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Ja, durch direkten sexuellen Kontakt.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Hoch, besonders bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr.

Übertragungsweg
: Direkter Haut- und Schleimhautkontakt mit Läsionen oder Ulzera (Geschwüre), insbesondere beim vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr.

Eintrittspforte
: Schleimhäute des Genital-, Anal- oder Mundbereichs.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 3 bis 21 Tage (meist 7 bis 12 Tage).

Krankheitsdauer
: Unbehandelt kann die Erkrankung Jahre andauern.

Dauer der Infektiosität
: Solange Ulzera oder Läsionen bestehen.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Die Prävalenz von Antikörpern gegen Chlamydia trachomatis in betroffenen Populationen ist hoch, insbesondere bei sexuell aktiven Bevölkerungsgruppen.

Erregerspezifische Immunität
: Keine lang anhaltende Immunität; Reinfektionen sind möglich.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Primärstadium: Schmerzloses Bläschen oder Ulkus (Geschwür) an der Kontaktstelle (Genital-, Anal- oder Mundbereich).
  • Sekundärstadium: Schmerzhafte Schwellungen der Lymphknoten (Bubonen), die eitrig abszessieren können.
  • Chronisches Stadium: Ohne Behandlung chronische Lymphabflussstörungen, Fibrosen und mögliche Darmverengungen.

Prognose

  • Frühzeitige Diagnose und Antibiotikatherapie (z. B. Doxycyclin) führen meistens zur vollständigen Heilung.
  • Unbehandelt kann die Erkrankung zu chronischen Komplikationen wie Fisteln, Darmstenosen und irreversiblen Lymphabflussstörungen führen.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Infektionen mit Chlamydia trachomatis. (AWMF-Registernummer: 059 - 005), August 2016  Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Sexuell übertragbare Infektionen (STI) - Beratung, Diagnostik, Therapie. (AWMF-Registernummer: 059 - 006), August 2018 Langfassung
  3. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung