Lungenentzündung (Pneumonie) – Einleitung

Die Pneumonie – umgangssprachlich Lungenentzündung genannt – ist eine Entzündung des Lungengewebes (altgriech. πνεύμων pneumōn, deutsch "Lunge"), ausgelöst meist durch eine Infektion mit Bakterien, Viren oder Pilzen, seltener durch Allergien sowie chemische oder physikalische Reize.

Synonyme und ICD-10: Bronchopneumonie; Lobärpneumonie; IICD-10-GM J18.-: Pneumonie, Erreger nicht näher bezeichnet; ICD-10-GM J12.-: Viruspneumonie, andernorts nicht klassifiziert; ICD-10-GM J16.-: Pneumonie durch sonstige Infektionserreger, andernorts nicht klassifiziert; ICD-10-GM J17.-: Pneumonie bei andernorts klassifizierten Krankheiten

Charakteristische Laborbefunde bei Pneumonie

  • Leukozytose oder Leukopenie
    • Leukozytose: Eine erhöhte Anzahl von Leukozyten (weiße Blutkörperchen) ist häufig und deutet auf eine bakterielle Infektion hin.
    • Leukopenie: Eine verringerte Anzahl von Leukozyten kann bei schweren Verläufen auftreten und ist ein ungünstiges prognostisches Zeichen.
  • Erhöhtes C-reaktives Protein (CRP)
    • Stark erhöhte CRP-Werte sind typisch bei bakteriellen Pneumonien und weisen auf eine akute Entzündungsreaktion hin.
  • Erhöhte Procalcitoninwerte
    • Procalcitonin ist ein spezifischer Marker für bakterielle Infektionen und ist bei bakterieller Pneumonie in der Regel erhöht. Niedrige Procalcitoninwerte sprechen eher gegen eine bakterielle Ursache und können bei der Entscheidung helfen, ob eine Antibiotikatherapie notwendig ist.
  • Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
    • Die BSG ist häufig erhöht und zeigt eine akute oder chronische Entzündung an.
  • Hypoxämie
    • Erniedrigte Sauerstoffsättigung im Blut (Hypoxämie) kann bei schwerer Pneumonie auftreten, insbesondere wenn das Lungengewebe ausgedehnt betroffen ist.
  • Laktatdehydrogenase (LDH)
    • Erhöhte LDH-Werte können auf Gewebeschäden hindeuten, die im Zusammenhang mit einer Pneumonie stehen.
  • Blutgasanalyse
    • Bei schwerer Pneumonie kann die Blutgasanalyse eine Hypoxämie (erniedrigter Sauerstoffpartialdruck) und/oder eine Hyperkapnie (erhöhter Kohlendioxidpartialdruck) zeigen, was auf eine beeinträchtigte Lungenfunktion hinweist.
  • Erhöhte Fibrinogenwerte
    • Fibrinogen ist ein Akutphasenprotein, das bei Entzündungen erhöht ist. Hohe Werte können bei einer Pneumonie auftreten und auf eine systemische Entzündungsreaktion hinweisen.
  • Erhöhte D-Dimer-Werte
    • Bei komplizierten Pneumonien, insbesondere bei solchen, die mit einer Sepsis einhergehen, können D-Dimer-Werte erhöht sein, was auf eine Aktivierung der Blutgerinnung hindeutet.

Diese Laborbefunde unterstützen die klinische Diagnose und ermöglichen eine Abschätzung der Schwere der Pneumonie sowie die Identifizierung von Risikopatienten, die möglicherweise intensivere Überwachung und Behandlung benötigen.

Formen der Pneumonie

  • Akute oder chronische Form
  • Primäre Pneumonie – entsteht ohne das Vorhandensein einer Grunderkrankung
  • Sekundäre Pneumonie – tritt bei Patienten mit bestehenden Vorerkrankungen auf
  • Alveoläre Pneumonie ("Lungenbläschen betreffende Lungenentzündung")
    • Lobärpneumonie – Verlaufsform, bei der die Entzündung des Lungengewebes ganze Lappen der Lunge betrifft
    • Bronchopneumonie – Verlaufsform, bei der die Entzündung herdförmig die Umgebung von Bronchien betrifft
  • Interstitielle Pneumonie – Lungenentzündung, welche nicht die Alveolen (Lungenbläschen), sondern das Interstitium (Bindegewebsschicht zwischen den Alveolen und den Blutgefäßen) betrifft

Des Weiteren gibt es die sogenannten atypischen Pneumonien. Atypische Pneumonien entstehen hauptsächlich durch atypische Erreger wie Mykoplasmen (5-15 % der Fälle), Legionellen, Chlamydien oder Rickettsien. Ein Fünftel aller Lungenentzündungen sind atypische Pneumonien.

Kategorisierung nach Ätiologie (Ursachen)

  • Ambulant erworbene Pneumonie (AEP; engl. CAP = community acquired pneumonia)
  • Nosokomiale Pneumonie (hospital-acquired pneumonia, HAP)
    • Eine der häufigsten im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes auftretenden Infektionen.
  • Pneumonie beim Immunsupprimierten (inkl. neutropenischer Patienten nach Chemotherapie, nach Transplantation sowie Patienten mit einer chronischen immunsuppressiven Therapie bei Systemerkrankungen)

Nach Erreger der Pneumonie

  • Bakterielle Pneumonien
    • Ungefähr 70 % der Pneumonien werden durch Bakterien ausgelöst.
    • In 25-45 % der Fälle sind Pneumokokken die auslösenden Erreger der ambulant erworbenen Pneumonie.
    • Haemophilus influenzae verursacht 5-20 % der Fälle.
  • Virale Pneumonien
    • Verursachen 5-25 % der Fälle, vor allem durch Influenza-Viren.

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend bei Säuglingen, Kleinkindern und älteren Menschen auf.

In Deutschland erkranken ungefähr 400.000 bis 600.000 Menschen pro Jahr an einer Pneumonie.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)

  • Für die ambulant erworbene Pneumonie (CAP) beträgt die Inzidenz 8-10 Erkrankungen pro 1.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).
  • Für die nosokomiale Pneumonie beträgt die Inzidenz bei invasiv Beatmeten 5,4 pro 1.000 Beatmungstage.

Saisonale Häufung der Erkrankung: Die Pneumonie tritt gehäuft in der kalten Jahreszeit auf.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Die häufigsten Erreger sind Bakterien wie Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Mycoplasma pneumoniae und Viren wie Influenza- und Respiratorische Synzytialviren (RSV).

Erregerreservoir
: Mensch.

Vorkommen
: Weltweit.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Ja, hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion.

Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers)
: Hoch.

Übertragungsweg
: Primär durch Tröpfcheninfektion beim Husten und Niesen sowie durch Kontaktinfektion über kontaminierte Oberflächen.

Eintrittspforte
: Atemwege (Nase, Mund).

Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung)
: 1-3 Tage bei bakteriellen Erregern, variabel bei viralen Erregern.

Krankheitsdauer
: In der Regel 1-2 Wochen, kann bei schweren Verläufen und Komplikationen länger dauern.

Dauer der Infektiosität
: In der Regel bis zu einer Woche nach Beginn der Symptome, bei Viren kann die Ansteckungsfähigkeit auch länger bestehen.

Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper)
: Variiert je nach Erreger und Population.

Erregerspezifische Immunität
: Nach einer Infektion besteht meist eine gewisse Immunität gegen den spezifischen Erreger, jedoch kann diese nicht lebenslang anhalten und variiert je nach Erreger und individuellem Immunsystem.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die Pneumonie, umgangssprachlich Lungenentzündung genannt, ist eine Entzündung des Lungengewebes, meistens verursacht durch Infektionen mit Bakterien, Viren oder Pilzen. Der Verlauf einer Pneumonie hängt von mehreren Faktoren ab, einschließlich der Ätiologie, des Alters und der allgemeinen Gesundheit des Patienten sowie der rechtzeitigen und adäquaten Behandlung.

Ambulant erworbene Pneumonie (CAP)

  • Bei gesunden Menschen verläuft eine ambulant erworbene Pneumonie oft mild und kann meist ambulant behandelt werden.
  • Typische Symptome sind Fieber, Husten, Auswurf und Atemnot.
  • Mit adäquater Behandlung heilt eine CAP in der Regel folgenlos ab.

Nosokomiale Pneumonie (HAP)

  • Nosokomiale Pneumonien sind häufig schwerer und treten während eines Krankenhausaufenthalts auf, oft bei bereits schwer kranken oder immungeschwächten Patienten.
  • Diese Form der Pneumonie wird häufig durch multiresistente Erreger verursacht, was die Behandlung erschwert.
  • Die Sterblichkeitsrate ist bei HAP höher, insbesondere bei Patienten, die invasiv beatmet werden müssen.

Pneumonie bei Immunsupprimierten

  • Patienten mit geschwächtem Immunsystem, wie nach Chemotherapie, Organtransplantation oder bei chronischer immunsuppressiver Therapie, sind besonders anfällig für schwere Verläufe.
  • Diese Pneumonien erfordern oft spezialisierte und intensive Therapien.

Prognose

Die Prognose einer Pneumonie variiert stark und hängt von der Art der Pneumonie, dem Erreger, dem Alter und der allgemeinen Gesundheit des Patienten sowie dem rechtzeitigen Beginn und der Wirksamkeit der Behandlung ab.

Ambulant erworbene Pneumonie (CAP)

  • Leichte CAP: Patienten ohne Schweregradkriterien (Atemfrequenz ≥ 30/min, Blutdruck < 90/≤ 60 mmHg, Sauerstoffsättigung ≤ 92 %, oder neue Bewusstseinsstörung) haben eine gute Prognose und können ambulant behandelt werden.
  • Letalität: Die Sterblichkeitsrate bei ambulanter Behandlung liegt unter 0,5 %. Bei hospitalisierten Patienten mit CAP liegt die Letalität zwischen 10-20 %.

Nosokomiale Pneumonie (HAP)

  • Die Prognose ist schlechter im Vergleich zur CAP, insbesondere bei Patienten mit schweren Grunderkrankungen und bei Infektionen mit multiresistenten Erregern.
  • Letalität: Die Sterblichkeitsrate kann erheblich höher sein als bei CAP, je nach Schwere der Infektion und zugrunde liegenden Erkrankungen.

Prognosefaktoren

  • CRB-65 und CURB-65 Scores: Diese Prognosescores helfen bei der Einschätzung der Schwere der Pneumonie und der Notwendigkeit einer Krankenhausaufnahme.
  • CRB-65: Steht für Confusion, Respiratory rate (Atemfrequenz ≥ 30/min), Blood pressure (Blutdruck < 90/≤ 60 mmHg) und Alter ≥ 65 Jahre.
  • CURB-65: Umfasst zusätzlich die Harnstoffkonzentration im Blut.

Zusammenfassung

Die Prognose der Pneumonie hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich des Erregers, der rechtzeitigen und angemessenen Behandlung sowie der allgemeinen Gesundheit des Patienten. Während ambulant erworbene Pneumonien bei gesunden Menschen meist gutartig verlaufen, sind nosokomiale Pneumonien und Pneumonien bei immungeschwächten Patienten oft mit einer höheren Sterblichkeit verbunden. Präventive Maßnahmen wie Impfungen können das Risiko einer Pneumonie und ihrer Komplikationen signifikant reduzieren.

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen die häufigsten Auslöser, die Pneumokokken, ist verfügbar. Vor allem Kleinkinder bis zum 2. Lebensjahr, Personen älter 60 Jahre sowie Menschen mit angeborener oder erworbener Immunschwäche (z. B. bei HIV-Erkrankung) sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten sich impfen lassen.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Management der ambulant erworbenen Pneumonie bei Kindern und Jugendlichen (pCAP). (AWMF-Registernummer: 048 - 013), März 2017 Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Akuter und chronischer Husten, Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten. (AWMF-Registernummer: 020 - 003), Januar 2019 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie. (AWMF-Registernummer: 020 - 020), April 2021 Langfassung
  4. S3-Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie. (AWMF-Registernummer: 020-013), März 2024 Kurzfassung Langfassung