Lungenentzündung (Pneumonie) – Anamnese

Die Anamnese stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Pneumonie (Lungenentzündung) dar.

Familienanamnese

  • Wie ist der aktuelle Gesundheitszustand Ihrer Angehörigen?
  • Gibt es in Ihrer Familie häufig Lungenerkrankungen wie Asthma, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Lungenfibrose (Erkrankung, die mit einem Umbau des Lungengerüsts einhergeht)?
  • Sind in Ihrer Familie Immundefekte oder Stoffwechselerkrankungen bekannt?

Soziale Anamnese

  • Wann und wo waren Sie zuletzt im Urlaub?
    • Fernreisen [Tuberkulose]
    • Frankreich, Spanien [penicillinresistente Pneumokokken]
    • Griechenland [hohe Prävalenz multiresistenter Erreger]
    • Mittelamerika, USA mittlerer Westen [Histoplasmen-Pneumonitis]
  • Haben Sie in einem Hotel mit Whirlpool, Dampfbädern oder Saunen übernachtet? [Legionellose]
  • Haben Sie eine Reise mit einem Kreuzfahrtschiff gemacht? [Legionellose]
  • Haben Sie Haustiere, insbesondere Vögel, Katzen oder Hunde? [Chlamydia psittaci (Psittakose)]
  • Leben Sie in der Nähe einer Schaf- oder Ziegen (im Umkreis von 5 km)? [Coxiella burnetii (Q-Fieber-Pneumonie)]
  • Haben Sie mit Rinderzucht etwas zu tun? [Coxiella burnetii (Q-Fieber-Pneumonie)]
  • Arbeiten Sie in der Tierhaltung oder Landwirtschaft (z. B. bei der Verarbeitung von Stroh, Getreide oder Heu)?
  • Besteht derzeit eine längere Bettlägerigkeit?
  • Leben Sie in einem pflegebedürftigen Zustand oder in einer Einrichtung wie einem Altenheim?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Haben Sie plötzlich aufgetretene Beschwerden wie:
    • Hohes Fieber (> 39 °C)?*
    • Starken Husten mit oder ohne Auswurf?
      • Gelb-grünlich (bakterielle Infektion)?
      • Blutig (Hämoptyse, Hinweis auf eine schwere Infektion oder Komplikation)?*
    • Beschleunigte Atmung (Tachypnoe)?*
    • Atemnot oder Brustschmerzen (auch beim Einatmen)?*
  • Haben Sie Schweißausbrüche oder das Gefühl, viel Flüssigkeit zu verlieren?
  • Haben Sie ein allgemeines Gefühl von Schwäche und Müdigkeit?
  • Bestehen Symptome wie Übelkeit, Erbrechen oder Bauchschmerzen (häufig bei Kindern oder älteren Menschen)?
  • Bei Kindern:
    • Treten Erbrechen, Krämpfe oder Anzeichen eines meningealen Syndroms auf (z. B. Nackensteife, Kopfschmerzen)?*

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Bewegen Sie sich täglich ausreichend?
  • Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag? [Alkoholismus: abszedierende Pneumonie bei Aspiration/Mikroaspiration; Legionellen]

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Bestehen chronische Erkrankungen wie:
      • Lungenerkrankungen (z. B. Asthma, COPD [Pseudomonas, Staphylokokken], Lungenfibrose)?
      • Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
      • Diabetes mellitus?
      • Immundefekte (z. B. HIV, Autoimmunerkrankungen)?
      • Chronische Leber- oder Nierenerkrankungen?
      • Schluckstörungen oder Erkrankungen des Magens (z. B. Refluxkrankheit)?
  • Operationen und Krankenhausaufenthalte:
    • Hatten Sie in letzter Zeit:
      • Operationen oder Eingriffe, die eine Bettlägerigkeit erfordert haben? [Pneumokokken]
      • Asplenie (Fehlen oder Entfernung der Milz)?
  • Impfstatus:
    • Grippe-Impfung?
    • Pneumokokken-Impfung?

Medikamentenanamnese

  • Benzodiazepine
    • bei Patienten, die an Morbus Alzheimer leiden (+28 %) [2]
    • in der Gruppe der schlaffördernden Benzodiazepine: Steigerung der Pneumonierate 2,4-fach ; bei Nicht-Benzodiazepin-Schlafmitteln, den sog. Z-Substanzen, und angstlösenden Benzodiazepinen: Steigerung der Pneumonierate 1,6- bzw. 1,5-fache [3]
  • Glucocorticoide, systemische [Aspergillose]
  • Nitrofurantoin → eosinophile Pneumonie (als Nebenwirkung)
  • Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker): 1,0 % der Probanden ohne und 2,4 % der Probanden mit PPI-Therapie haben ein erhöhtes Risiko für eine ambulant erworbene Pneumonie (AEP; engl.: CAP = community acquired pneumonia) [1]
  • Ustekinumab → „nichtinfektiöse“ Pneumonie [4]
  • Zustand nach Antibiotikatherapie
  • Zytostatika

Umweltanamnese

  • Infektionsquellen:
    • Wurden Sie in letzter Zeit mit kontaminiertem Wasser oder unsauberen Klimaanlagen (Legionellen) konfrontiert?
    • Waren Sie in Umgebungen mit Tieren oder landwirtschaftlicher Produktion?
  • Luftschadstoffe:
    • Leben oder arbeiten Sie in einer Umgebung mit hoher Belastung durch Feinstaub, Stickoxide oder anderen Luftschadstoffen?
    • Besteht eine berufliche Exposition gegenüber Schimmelpilzen, Staub oder chemischen Substanzen?

* Falls eine Frage mit „Ja“ beantwortet wurde, sollten Sie dies umgehend mit Ihrem Arzt besprechen. (Angaben ohne Gewähr)
[ ] Hinweis auf mögliche Erreger

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Othman F et al.: Community acquired pneumonia incidence before and after proton pump inhibitor prescription: population based study. BMJ 2016; 355: i5813
  2. Taipaie H et al.: Risk of pneumonia associated with incident benzodiazepine use among communitydwelling adults with Alzheimer disease. CMAJ 2017 April 10;189:E519-29. doi: 10.1503/cmaj.160126
  3. Chen TY et al.: The Use of Benzodiazepine Receptor Agonists and the Risk of Hospitalization for Pneumonia. Chest 2018; 153(1):161-171 doi: https://doi.org/10.1016/j.chest.2017.07.030
  4. Brinker A et al.: Association of Noninfectious Pneumonia With Ustekinumab Use. JAMA Dermatol. Published online December 12, 2018. doi:10.1001/jamadermatol.2018.4118