Listeriose – Einleitung

Die Listeriose ist eine sporadisch auftretende Infektionserkrankung, die durch das Bakterium Listeria monocytogenes verursacht wird. Diese grampositiven, nicht sporenbildenden Stäbchenbakterien zählen zu den bedeutendsten humanpathogenen Vertretern der Gattung Listeria. Die Krankheit betrifft vor allem immungeschwächte Personen, Schwangere und Neugeborene.

Synonyme und ICD-10:Listeria monocytogenes; Neugeborenenlisteriose; akut-septische Listeriose; chronisch-septische Listeriose; glanduläre Listeriose; kutane Listeriose; zentralnervöse Listeriose; ICD-10-GM A32.9: Listeriose, nicht näher bezeichnet)

Charakteristische Laborbefunde

  • Blutbild: Leukozytose oder Leukopenie.
  • Liquorbefunde (bei Meningitis): Pleiozytose, Eiweißerhöhung, Glukoseerniedrigung.
  • Kultureller Erregernachweis: Listeria monocytogenes aus Blut, Liquor oder anderen sterilen Materialien.
  • Molekulardiagnostik: PCR-Nachweis von Listeria monocytogenes.
  • Serologie: Listerien-Antikörper, jedoch geringe Sensitivität und Spezifität.

Formen der Erkrankung

  • Akut-septische Listeriose: Blutvergiftung, oft bei immungeschwächten Personen.
  • Chronisch-septische Listeriose: Langsam fortschreitende Form, häufig bei Immunsupprimierten.
  • Glanduläre Listeriose: Befall der Lymphknoten.
  • Kutane Listeriose: Hautinfektion, oft nach direktem Kontakt mit kontaminiertem Material.
  • Neugeborenen-Listeriose: Intrauterine oder perinatale Übertragung, führt zu schwerwiegenden Infektionen beim Neugeborenen.
  • Zentralnervöse Listeriose: Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Enzephalitis (Gehirnsentzündung), oft mit hohem Mortalitätsrisiko bei immungeschwächten Personen.

Ursachen

Die Infektion erfolgt meist durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel, insbesondere von rohen oder unzureichend erhitzten tierischen Produkten (z.B. Rohmilchkäse, nicht vollständig gegartes Fleisch). Auch pflanzliche Produkte wie vorgeschnittene Salate können betroffen sein.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind im gebärfähigen Alter (20-39 Jahre) häufiger betroffen, hauptsächlich durch Schwangerschaftslisteriose. In höheren Altersgruppen (>50 Jahre) sind Männer häufiger betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Vorwiegend bei älteren Menschen (>60 Jahre), immungeschwächten Personen, Schwangeren und Neugeborenen.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): In Deutschland liegt die jährliche Inzidenz bei etwa 0,4 Fällen pro 100.000 Einwohner. Schwangere sind etwa 13-mal häufiger betroffen als die allgemeine Bevölkerung.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Neugeborenen-Listeriose hat eine Inzidenz von etwa 3,7 pro 100.000 Neugeborene.

Saisonale Häufung
: Keine besondere saisonale Häufung bekannt.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Listeria monocytogenes (hauptsächlich), selten andere Listerien-Arten.

Erregerreservoir
: Haus- und Wildtiere (insbesondere Wiederkäuer), Erdboden, Pflanzen, Abwässer. Häufiger Nachweis in Tierfutter.

Vorkommen
: Weltweit, vor allem in Bereichen der Landwirtschaft, bei der Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Intrauterin oder perinatal von der Mutter auf das Kind. Eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung außerhalb der Schwangerschaft ist selten.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Gering; hauptsächlich durch kontaminierte Lebensmittel.

Übertragungsweg
: Fäkal-oral (z. B. durch kontaminierte Lebensmittel), intrauterin oder perinatal.

Eintrittspforte
: Verdauungstrakt (oral), seltener durch Hautkontakt (kutane Infektionen).

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 3 bis 70 Tage, in der Regel 3 Wochen.

Krankheitsdauer
: In der Regel bis zu 1 Woche, kann jedoch bei schweren Verläufen verlängert sein.

Dauer der Infektiosität
: Infizierte Personen scheiden den Erreger über Monate hinweg im Stuhl aus.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Bei gesunden Personen ist die Seroprävalenz niedrig, bei Schwangeren und immungeschwächten Personen deutlich erhöht.

Erregerspezifische Immunität
: Nach einer Infektion besteht eine begrenzte Immunität, die jedoch keine vollständige Immunität gegen eine erneute Infektion bietet.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Bei gesunden Personen verläuft die Listeriose meist asymptomatisch oder mit milden grippeähnlichen Symptomen (Fieber, Muskelschmerzen).
  • Bei Immunsupprimierten und Schwangeren kann die Erkrankung schwer verlaufen, insbesondere mit ZNS-Beteiligung (Meningitis (Hirnhautentzündung), Enzephalitis (Gehirnsentzündung)) oder Sepsis (Blutvergiftung).
  • Schwangerschaftslisteriose: Kann zu Fehl-, Früh- oder Totgeburten führen oder bei Neugeborenen zu schweren Infektionen wie Meningitis oder Sepsis.

Prognose

  • Gesunde Personen: In der Regel vollständige Genesung ohne Komplikationen.
  • Immunsupprimierte Personen: Schwere Verläufe, Letalität (Sterblichkeit) bis zu 30 %, insbesondere bei ZNS-Beteiligung.
  • Neugeborenen-Listeriose: Letalität 30-50 %, auch bei überlebenden Neugeborenen besteht das Risiko neurologischer Schäden.
  • Schwangere: Bei intrauteriner Infektion besteht ein hohes Risiko für Fehlgeburten oder schwere Schäden beim Neugeborenen.

In Deutschland ist nur der direkte Nachweis des Erregers aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Materialien sowie aus Abstrichen vom Neugeborenen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig. Zu jedem Neugeborenen mit labordiagnostischem Nachweis von Listeria monocytogenes muss zusätzlich auch die Mutter (unabhängig von ihrem klinischen Bild und labordiagnostischen Nachweis) als klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung mit übermittelt werden.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung