Leishmaniose – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Beschreibung des Erregers
- Erreger: Die Leishmaniose wird durch verschiedene Spezies der Leishmanien verursacht, die zur Gattung Leishmania gehören. Zu den bedeutendsten Erregern zählen Leishmania tropica, Leishmania major, Leishmania donovani, Leishmania infantum in der Alten Welt sowie Leishmania braziliensis und Leishmania mexicana in der Neuen Welt.
- Entwicklungszyklus: Leishmanien durchlaufen einen zweigeteilten Entwicklungszyklus:
- Promastigote Form (begeißelte Form) in der Sandmücke (Phlebotomus), in der sie sich vermehren und in den Stechrüssel wandern.
- Amastigote Form (unbegeißelte Form) im menschlichen Wirt, in dem sie sich innerhalb von Makrophagen (Fresszellen) und Monozyten (Vorphasen von Makrophagen) vermehren.
- Virulenz (Infektionskraft): Die Virulenz der Leishmanien beruht auf ihrer Fähigkeit, die Makrophagen zu infizieren und ihre Phagosomenreifung zu hemmen, wodurch sie der Immunabwehr entgehen und sich intrazellulär vermehren können.
Epidemiologie und Übertragungsweg
- Verbreitung: Leishmaniose ist in tropischen und subtropischen Regionen verbreitet, einschließlich Südamerika, Asien, Afrika und dem Mittelmeerraum. Das Vorkommen ist abhängig von der Verbreitung der Sandmücke als Überträger.
- Hauptübertragungsweg:
- Die Übertragung erfolgt durch den Stich der weiblichen Sand- oder Schmetterlingsmücke (Phlebotomus), die infizierte Leishmanien in die Haut injiziert.
- Weitere Übertragungswege:
- In seltenen Fällen ist eine direkte Übertragung durch Kontamination von Wunden oder Bluttransfusionen möglich.
- Reservoir: Die Leishmanien leben in verschiedenen Wirbeltieren, einschließlich Hunden, Nagern und dem Menschen. In Endemiegebieten sind Hunde ein bedeutendes Reservoir für die viszerale Leishmaniose.
- Infektiosität: Die Infektiosität ist hoch bei direktem Mückenkontakt, besonders in Regionen mit hoher Sandmückenpopulation.
Eintrittspforte des Erregers
- Haupteintrittspforte: Die Leishmanien gelangen durch den Stich der Sandmücke in die Haut des Wirts, wo sie zunächst im Inokulationsort verbleiben.
- Nebeneintrittspforten: In seltenen Fällen können die Parasiten auch durch kontaminierte Wunden oder Transfusionen in den Körper gelangen.
Pathogenese des Erregers
- Übertragung und Inokulation der Promastigoten:
- Während des Blutsaugens injiziert die Sandmücke die Promastigoten (begeißelte Formen der Leishmanien) in die Haut des Wirtes.
- Diese Promastigoten besitzen Oberflächenproteine wie LPG (Lipophosphoglykan), die ihnen helfen, sich an die Makrophagen und dendritischen Zellen der Haut zu binden.
- Aufnahme durch Makrophagen und Umwandlung in Amastigoten:
- Die Promastigoten werden durch Phagozytose (Aufnahme durch Fresszellen) in die Makrophagen aufgenommen.
- Innerhalb der Phagosomen wandeln sich die Promastigoten in die Amastigote Form um, die keine Geißeln mehr besitzt und an die intrazelluläre Vermehrung angepasst ist.
- Die Amastigoten hemmen die Fusion der Phagosomen mit Lysosomen (Organellen, die Verdauungsenzyme enthalten) und entgehen so der Immunabwehr.
- Intrazelluläre Vermehrung und Zellzerstörung:
- In den Makrophagen beginnen die Amastigoten sich zu vermehren. Durch die intensive Vermehrung kommt es zur Zerstörung der Wirtszellen und zur Freisetzung der Parasiten, die anschließend benachbarte Zellen infizieren.
- Dies führt zu einer lokalen Ausbreitung der Parasiten im Hautgewebe und im Falle der viszeralen Leishmaniose auch zu einer systemischen Verbreitung über die Blutbahn.
- Dissemination und Organbefall:
- Bei der viszeralen Leishmaniose gelangen die Amastigoten über das Blut in Lymphknoten, Milz, Leber und Knochenmark, wo sie sich weiter vermehren.
- Die Organinfiltration führt zur Vergrößerung der betroffenen Organe (Hepatosplenomegalie) und zur Unterdrückung des Knochenmarks, was eine Anämie (Blutarmut) und Immunsuppression verursacht.
- Lokale Immunreaktion und Gewebeschäden:
- Bei der kutanen Leishmaniose bleibt die Infektion auf die Haut beschränkt. Die lokale Immunreaktion führt zur Bildung von entzündlichen Knoten (Granulomen) und ulzerierenden Hautläsionen (Geschwüren).
- Bei der mukokutanen Leishmaniose breitet sich die Infektion von der Haut auf die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raumes aus, was zu destruktiven Gewebeschäden und Entstellungen führt.
Wirtsreaktion
- Lokale Immunantwort:
- Die Infektion aktiviert die angeborene Immunantwort durch Makrophagen (Fresszellen), dendritische Zellen und neutrophile Granulozyten (Form der weißen Blutkörperchen). Diese setzen proinflammatorische Zytokine (entzündungsfördernde Botenstoffe) wie TNF-α und IL-12 frei, um die Parasiten zu bekämpfen.
- Die Freisetzung von reaktiven Sauerstoffspezies in den Phagosomen (Fresskörperchen) tötet einige der Parasiten, aber viele Leishmanien überleben aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit.
- Systemische Immunantwort:
- Die adaptive Immunantwort wird durch die Aktivierung von T-Lymphozyten und die Bildung von spezifischen Antikörpern verstärkt.
- Eine effektive Immunantwort erfordert eine Th1-vermittelte Antwort (zelluläre Immunität), die durch IFN-γ gesteuert wird. Eine schwache Th1-Antwort führt jedoch zu einer ausgeprägten Parasitenvermehrung und zur systemischen Ausbreitung.
- Anpassungsmechanismen des Erregers:
- Leishmanien sind in der Lage, die Fusion von Phagosomen und Lysosomen zu hemmen und sich so der Immunabwehr zu entziehen.
- Sie produzieren auch Enzyme wie Superoxiddismutase, die die toxischen Sauerstoffspezies in den Phagosomen neutralisieren.
Organaffinität und Gewebeschäden
- Bevorzugte Zielorgane:
- Bei der kutanen Leishmaniose sind die Haut und die Schleimhäute die Hauptziele.
- Bei der viszeralen Leishmaniose sind die Milz, Leber und das Knochenmark betroffen.
- Resultierende Gewebeschäden:
- Die intensive Vermehrung der Parasiten führt zur Zerstörung der Hautstrukturen und bei viszeraler Leishmaniose zur Organschädigung mit Hepatosplenomegalie und Panzytopenie (Mangel an allen Blutzellen).
Klinische Manifestation
- Symptomatologie:
- Kutane Leishmaniose: Bildung von entzündlichen Knoten, Geschwüren und Narbenbildung.
- Mukokutane Leishmaniose: Zerstörung von Schleimhäuten und Gewebeveränderungen im Nasen-Rachen-Bereich.
- Viszerale Leishmaniose: Fieber, Gewichtsverlust, Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung) und Anämie (Blutarmut).
- Komplikationen:
- Bei viszeraler Leishmaniose kann es zu schwerer Immunsuppression und Multiorganversagen kommen.
- Bei mukokutaner Leishmaniose treten entstellende Gewebeschäden auf.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Die Leishmaniose ist eine parasitische Infektionskrankheit, die durch verschiedene Leishmania-Arten verursacht wird. Die Pathogenese ist durch eine intrazelluläre Vermehrung in Makrophagen, Gewebeschäden und eine starke Immunreaktion gekennzeichnet. Die klinische Manifestation hängt von der betroffenen Leishmania-Art und dem Immunstatus des Wirts ab. Eine frühzeitige Diagnose und gezielte antimikrobielle Therapie sind entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden.
Ätiologie (Ursachen)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Nicht ausreichender Schutz vor Mückenstichen in Endemiegebieten der Leishmaniose (Tropen, Subtropen)
- Mitbringen infizierter Tiere wie Hunde aus Endemiegebieten
Weitere Ursachen
- Flughafen-Leishmaniose ‒ Infektion im Flugzeug oder am Flughafen durch importierte Mücken
- Baggage-Leishmaniose ‒ Infektion durch Mücken aus dem Fluggepäck
- Sehr selten kann die Übertragung durch Organ- oder Blutspenden vorkommen.
- Eine diaplazentare Infektion von der Mutter auf das ungeborene Kind ist möglich.