Leishmaniose – Einleitung

Die Leishmaniose ist eine Infektionskrankheit, die durch parasitäre Einzeller der Gattung Leishmania verursacht wird. Sie wird hauptsächlich durch den Stich von infizierten Sand- oder Schmetterlingsmücken (Phlebotomus spp.) übertragen und manifestiert sich in drei Hauptformen: kutane Leishmaniose, mukokutane Leishmaniose und viszerale Leishmaniose (Kala-Azar). Die Erkrankung zählt zu den parasitären Zoonosen und betrifft sowohl Menschen als auch Tiere.

Thesaurussynonyme und ICD-10: Aleppobeule; amerikanische Leishmaniose; asiatische Wüstenleishmaniose; Assam-Fieber; Augenlidbefall bei Leishmaniose; Augenlidleishmaniose; Bagdadbeule; Bagdad-Beule; Bahia-Ulkus; Brasilianische Leishmaniose; Burdwan-Fieber; Chiclero-Geschwür; Chiclero-Ulkus; Cochinchina-Ulkus; Delhibeule; Delhigeschwür; Delhipustel; Dumdum-Fieber; Dum-Dum-Fieber; Dysenterische Leishmaniose; Espundia; Hautbefall nach Kala-Azar; Hautleishmaniose; Hautleishmaniose post Kala-Azar; Hautleishmanoid; Hautleishmanoid post Kala-Azar; Infektion durch Leishmania; Infektion durch Leishmania aethiopica; Infektion durch Leishmania brasiliensis; Infektion durch Leishmania chagasi; Infektion durch Leishmania donovani; Infektion durch Leishmania infantum; Infektion durch Leishmania major; Infektion durch Leishmania mexicana; Infektion durch Leishmania tropica; Kala-Azar; kutane amerikanische Leishmaniose; kutane asiatische Leishmaniose; kutane äthiopische Leishmaniose; kutane Leishmaniose; kutane Leishmaniose des Augenlids; kutane städtische Leishmaniose; Leishmaniase; Leishmaniase ‒ s.a. Leishmaniose; Leishmaniasis; Leishmaniasis cutis; Leishmaniasis interna; Leishmaniasis tegumentaria diffusa; Leishmaniasis tropica; Leishmaniasis tropica major; Leishmaniose; Leishmaniose der Mittelmeerländer; Leishmaniose der Mund- und Nasenschleimhaut; Leishmanoid nach Kala-Azar; mediterrane Leishmaniose; mexikanische Leishmaniose; mukokutane Leishmaniose; nasoorale Leishmaniose; nasopharyngeale Leishmaniose; Natalbeule; Nilbeuel; Orientbeule; Orientfistel; Orientgeschwür; Pian bois; Schleimhautleishmaniose; Schwarze Krankheit; Schwarzes Fieber; südamerikanische Haut-Schleimhaut-Leishmaniose; tropische Leishmaniose; Ulcus tropicum durch Leishmaniose; Uta; Uta-Geschwür; viszerale Leishmaniose; Wüstenleishmaniose; ICD-10-GM B55.-: Leishmaniose

Die Leishmaniasis wird durch mehr als 20 verschiedene Arten des Protozoenparasiten Leishmania (L.) verursacht.

Die Leishmanien gehören zur Gattung von geißeltragenden Protozoen (Einzeller), die zur Familie der Trypanosomatida gehören. Sie vermehren sich im Blut in den Makrophagen (Fresszellen) (Hämoflagellaten).

Formen der Erkrankung

Viszerale Leishmaniose (VL) – Kala-Azar

  • Erreger: Leishmania donovani, L. infantum, L. chagasi.
  • Verbreitungsgebiete: Südostasien, Afrika, Mittelmeerraum, Südamerika.
  • Betroffene Organe: Leber, Milz, Lymphknoten, Knochenmark.
  • Klinische Merkmale: Fieber, Hepatosplenomegalie (Vergrößerung von Leber und Milz), Anämie (Blutarmut), Gewichtsverlust, Lymphadenopathie (Vergrößerung von Lymphknoten).
  • Inkubationszeit: 2 bis 6 Monate, bis zu 2 Jahre.

Kutane Leishmaniose (CL)

  • Erreger: Leishmania tropica, L. major, L. mexicana.
  • Verbreitungsgebiete: Mittelmeerraum, Naher Osten, Nordafrika, Lateinamerika.
  • Klinische Merkmale: Hautläsionen, die sich zu schmerzlosen Geschwüren entwickeln; diese heilen in der Regel unter Narbenbildung ab.
  • Inkubationszeit: Tage bis Monate.

Mukokutane Leishmaniose (MCL)

  • Erreger: Leishmania brasiliensis.
  • Verbreitungsgebiete: Mittel- und Südamerika.
  • Klinische Merkmale: Chronische Entzündungen im Nasen- und Rachenraum mit Gewebezerstörung, die zu schweren Entstellungen führen kann.
  • Inkubationszeit: Monate bis Jahrzehnte.

Ursachen

Die Leishmaniose wird durch die Infektion mit Leishmanien ausgelöst, die durch den Stich infizierter Sandmücken übertragen werden. Risikofaktoren umfassen Reisen in endemische Gebiete, den Kontakt mit infizierten Tieren (insbesondere Hunden) und eine geschwächte Immunabwehr.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Tritt häufig bei Personen auf, die in ländlichen Gebieten der Tropen und Subtropen leben oder in endemische Regionen reisen.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Weltweit sind schätzungsweise 12 Millionen Menschen infiziert.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Jährlich erkranken weltweit etwa 2 Millionen Menschen, davon 1,5 Millionen an kutaner Leishmaniose und 0,5 Millionen an viszeraler Leishmaniose.

Saisonale Häufung
: Häufig im Sommer und Spätherbst, wenn die Sandmücken aktiv sind.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Leishmania spp.

Erregerreservoir
: Menschen, Hunde, Wildtiere (Nagetiere, Füchse).

Vorkommen
: Tropische und subtropische Regionen (Peru, Brasilien, Ostafrika, Indien, Mittelmeerraum).

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Selten, aber bei viszeraler Leishmaniose durch Bluttransfusion oder Organtransplantation möglich.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Niedrig; Mensch-zu-Mensch-Übertragung selten.

Übertragungsweg
: Stich infizierter Sandmücken (Phlebotomus spp.).

Eintrittspforte
: Perkutan (durch die Haut).

Inkubationszeit 
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung)

  • Viszerale Leishmaniose: 2 bis 6 Monate.
  • Kutane Leishmaniose: Tage bis Monate.
  • Mukokutane Leishmaniose: Monate bis Jahre.

Krankheitsdauer: Je nach Form Wochen bis Jahre.

Dauer der Infektiosität
: Solange der Parasit im Körper persistiert.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): In endemischen Gebieten hoch.

Erregerspezifische Immunität
: Nach überstandener Infektion besteht eine Immunität gegen den Erregertyp.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Kutane Leishmaniose: Beginnt mit kleinen Papeln (Knötchen), die sich zu Geschwüren entwickeln. Diese heilen nach Monaten spontan ab und hinterlassen Narben.
  • Viszerale Leishmaniose: Systemische Symptome wie Fieber, Schwäche und Gewichtsverlust. Es kann zu Leber- und Milzvergrößerung, Anämie (Blutarmut) und Immunsuppression (Unterdrückung der körpereigenen Immunabwehr) kommen.
  • Mukokutane Leishmaniose: Schwere Entzündungen und Zerstörung des Nasen- und Rachenraums, oft mit irreversiblen Gewebeschäden.

Prognose

  • Kutane Leishmaniose: Meist gute Prognose, Spontanheilung in 6 bis 12 Monaten, aber Narbenbildung.
  • Viszerale Leishmaniose: Ohne Behandlung endet sie in bis zu 90 % der Fälle tödlich. Mit Therapie ist die Prognose gut, jedoch sind Rückfälle und Reaktivierungen möglich.
  • Mukokutane Leishmaniose: Chronisch verlaufend, oft mit schweren Gewebeschäden, die eine plastische Rekonstruktion erfordern.

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Leishmaniose steht bislang nicht zur Verfügung.

In Deutschland muss die viszerale Leishmaniose an das Institut für Tropenmedizin in Berlin gemeldet werden.

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der viszeralen Leishmaniasis (Kala-Azar). (AWMF-Registernummer: 042 - 004), November 2016 Langfassung