Kleienpilzflechte (Pityriasis versicolor) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Beschreibung des Erregers
- Erreger: Die Kleienpilzflechte (Pityriasis versicolor) wird durch lipophile Hefen (fettreiche Hefepilze) der Gattung Malassezia verursacht. Zu den Hauptverursachern gehören Malassezia globosa und Malassezia sympodialis, seltener auch Malassezia furfur. Insgesamt wurden 14 verschiedene Malassezia-Arten identifiziert, die auf der menschlichen Haut vorkommen.
- Genom: Malassezia-Hefen sind einzellige Pilze mit einem haploiden Genom (einfacher Chromosomensatz), das spezifische Enzyme für die Lipidspaltung codiert, was ihre Anpassung an die fettreiche Umgebung der menschlichen Haut ermöglicht.
- Virulenz (Infektionskraft): Malassezia-Hefen gehören zur normalen Hautflora des Menschen, können jedoch unter bestimmten Bedingungen wie erhöhter Hautfettproduktion, Schwitzen und immunsuppressiven Zuständen eine Überwucherung verursachen, die zu sichtbaren Hautveränderungen führt.
Epidemiologie und Übertragungsweg
- Verbreitung: Die Pityriasis versicolor tritt weltweit auf, bevorzugt jedoch in tropischen und subtropischen Regionen mit hoher Luftfeuchtigkeit. In Europa sind etwa 1-4 % der Bevölkerung betroffen, während die Prävalenz in tropischen Gebieten bis zu 40 % betragen kann.
- Hauptübertragungsweg:
- Malassezia-Hefen werden normalerweise nicht von Mensch zu Mensch übertragen, da sie ein endogener Bestandteil (körpereigener Mikroorganismus) der Hautflora sind.
- Die Infektion entsteht durch eine lokale Überwucherung der Hefen, die durch verschiedene exogene und endogene Faktoren begünstigt wird.
- Weitere Übertragungswege:
- In seltenen Fällen kann die Übertragung durch direkten Kontakt mit infizierten Hautschuppen oder gemeinsam genutzte Handtücher erfolgen.
- Reservoir: Das Hauptreservoir ist die menschliche Haut. Die Hefen kommen in den Haarfollikeln und Talgdrüsen vor und besiedeln vor allem fettreiche Hautareale wie den Rücken, die Brust und das Gesicht.
- Infektiosität: Die Infektiosität ist gering, da die Erkrankung meist durch eine endogene Überwucherung und nicht durch Übertragung von außen entsteht.
Eintrittspforte des Erregers
- Haupteintrittspforte: Die Hefen besiedeln normalerweise die oberste Hautschicht (Stratum corneum) und die Haarfollikel. Bei einer Überwucherung dringen sie nicht tiefer in die Haut ein, bleiben jedoch an der Hautoberfläche und den Talgdrüsen.
- Nebeneintrittspforten: Bei stark geschädigter Hautbarriere, wie z. B. bei ekzematöser Haut, können die Hefen auch in tiefere Hautschichten eindringen.
Pathogenese des Erregers
- Physiologische Besiedlung und Überwucherung:
- Malassezia-Hefen sind lipophil (fettliebend) und benötigen Lipide (Fette) als Nährstoffe. Sie besiedeln bevorzugt fettreiche Hautregionen wie den oberen Rücken, die Brust und das Gesicht.
- Unter normalen Bedingungen sind sie ein Teil der Hautflora und verursachen keine Symptome. Bei begünstigenden Faktoren (siehe unten) kommt es jedoch zu einer Überwucherung und zur Bildung von Kolonien, die sich lokal ausbreiten.
- Bildung von Myzelien und Veränderungen der Haut:
- Bei der Überwucherung bildet Malassezia lange Pseudohyphen (fadenförmige Strukturen), die sich im Stratum corneum (oberste Schicht der Haut) ausbreiten.
- Diese Pseudohyphen und die Pilzsporen verursachen eine Verdickung und Hyperkeratose (übermäßige Verhornung) der betroffenen Hautbereiche.
- Produktion von Azelainsäure und Depigmentierung:
- Malassezia produziert Azelainsäure, eine Substanz, die die Tyrosinase (ein Enzym der Melaninbildung) hemmt und somit die Melaninsynthese in den Melanozyten (Pigmentzellen) blockiert.
- Dies führt zu einer verminderten Pigmentierung und den typischen hypopigmentierten (helleren) oder hyperpigmentierten (dunkleren) Hautflecken, die besonders bei Sonneneinstrahlung sichtbar werden.
- Entzündliche Reaktion:
- Die übermäßige Kolonisierung und die damit verbundene Schädigung der Hautbarriere führen zu einer lokalen Entzündungsreaktion, die mit der Freisetzung von Zytokinen (entzündungsfördernden Botenstoffen) verbunden ist.
- Dies verursacht eine milde Rötung, Schuppung und in einigen Fällen leichten Juckreiz.
- Begünstigende Faktoren für die Überwucherung:
- Endogene Faktoren:
- Genetische Veranlagung
- Vermehrte Talgproduktion (Seborrhoe)
- Hormonelle Umstellungen (Pubertät, Schwangerschaft)
- Exogene Faktoren:
- Hohe Temperaturen und Luftfeuchtigkeit
- Vermehrtes Schwitzen
- Fetthaltige Hautpflegeprodukte
- Endogene Faktoren:
Wirtsreaktion
- Lokale Immunantwort:
- Die angeborene Immunantwort wird durch die übermäßige Vermehrung der Malassezia-Hefen aktiviert. Dies führt zur Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-1 und TNF-α, die eine milde Entzündung verursachen.
- Es kommt zur Aktivierung von dendritischen Zellen, die als erste Abwehrlinie gegen die Hefen wirken.
- Systemische Immunantwort:
- In der Regel bleibt die adaptive Immunantwort (spezifische Immunabwehr) schwach, da Malassezia-Hefen auf der Hautoberfläche verbleiben und selten in tiefere Hautschichten eindringen.
- Bei immunsupprimierten Personen (z. B. HIV-Patienten) kann die Immunantwort jedoch verstärkt sein, was zu schwereren Hautveränderungen führt.
- Anpassungsmechanismen des Erregers:
- Malassezia-Hefen besitzen Enzyme zur Spaltung von Fettsäuren (Lipasen), die es ihnen ermöglichen, die fettreichen Talgdrüsen als Nährstoffquelle zu nutzen.
- Die Produktion von Azelainsäure verhindert eine Immunerkennung durch die Hemmung der Melaninproduktion und schwächt die lokale Immunabwehr.
Organaffinität und Gewebeschäden
- Bevorzugte Zielorgane:
- Malassezia-Hefen besiedeln primär die oberste Hautschicht (Stratum corneum) und die Talgdrüsen.
- Resultierende Gewebeschäden:
- Die Infektion führt zu einer Verdickung der betroffenen Hautregionen und zur Störung der Pigmentbildung, was zu hypo- oder hyperpigmentierten Flecken führt.
Klinische Manifestation
- Symptomatologie:
- Die typischen Symptome sind schuppige, hypopigmentierte (hellere) oder hyperpigmentierte (dunklere) Flecken auf der Haut.
- Diese treten bevorzugt an fettreichen Hautstellen wie dem Rücken, der Brust und dem Nacken auf.
- Häufig klagen die Betroffenen über leichten Juckreiz und milde Rötung.
- Komplikationen:
- In seltenen Fällen kann es zu einer ausgedehnten Infektion kommen, besonders bei immungeschwächten Personen.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Die Kleienpilzflechte (Pityriasis versicolor) ist eine oberflächliche Hautinfektion, die durch Malassezia-Hefen verursacht wird. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch fleckige Hautveränderungen, die auf einer Störung der Pigmentbildung beruhen. Die Überwucherung der Hefen wird durch hohe Temperaturen, erhöhte Hautfettproduktion und vermehrtes Schwitzen begünstigt. Eine topische Antimykotika-Behandlung ist in den meisten Fällen effektiv.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung (Verwandte 1. Grades): genetische Veranlagung ist wahrscheinlich
Krankheitsbedingte Ursachen
- Immunsuppression (z. B. wg. HIV)
Weitere Ursachen
- Öle oder Kosmetika
Medikamente
- Hormone
- Glucocorticoide (Betamethason, Budenosid, Cortison, Dexamethason, Fluticason, Methylprednisolon, Prednisolon); starke Immunsuppression: Prednison oder Äquivalent ≥ 2 mg/kg täglich oder ≥ 20 mg Prednison täglich oder Äquivalent täglich ≥ 2 Wochen
- Immunsuppressiva (Azathioprin, Ciclosporin (Cyclosporin A), Everolimus, Mycophenolsäure, Mycophenolatmofetil, Sirolimus (Rapamycin), Tacrolismus)