Keuchhusten (Pertussis) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Bordetella pertussis ist ein gramnegatives, aerobes Bakterium aus der Familie der Alcaligenaceae. Es ist ein strikt humanpathogener Erreger, der nur beim Menschen Erkrankungen verursacht.
  • Genom: Das Genom von Bordetella pertussis besteht aus einer einzelsträngigen DNA und kodiert mehrere Virulenzfaktoren (Infektionskraftfaktoren), die für die Anheftung, Ausbreitung und Immunevasion verantwortlich sind.
  • Virulenz (Infektionskraft): Bordetella pertussis ist durch die Produktion mehrerer Toxine (Giftstoffe) und Adhäsionsmoleküle gekennzeichnet, die zu einer Schädigung des Flimmerepithels (Schleimhautgewebe mit Flimmerhärchen) der Atemwege führen und das Immunsystem schwächen. Die wichtigsten Virulenzfaktoren sind das Pertussis-Toxin (PT), das Trachealtoxin (TCT) und das Adenylatzyklase-Toxin (ACT).

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Keuchhusten tritt weltweit auf und betrifft vor allem ungeimpfte Kinder und Erwachsene mit unvollständigem Impfschutz. Trotz Impfung kommt es auch in Industrieländern regelmäßig zu Ausbrüchen.
  • Hauptübertragungsweg: Bordetella pertussis wird hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion übertragen – beim Husten, Niesen oder Sprechen gelangen Bakterien über Aerosole (feinste Tröpfchen) in die Atemwege einer empfänglichen Person.
  • Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit): Die Infektiosität von Bordetella pertussis ist sehr hoch, da bereits eine geringe Erregerdosis für eine Ansteckung ausreicht. Ohne Impfschutz können bis zu 90 % der Kontaktpersonen infiziert werden.

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Die Haupteintrittspforte ist die Schleimhaut des Nasen-Rachen-Raums, über die das Bakterium in die oberen Atemwege gelangt.
  • Nebeneintrittspforten: Weitere Eintrittspforten, wie die Bindehaut des Auges, sind selten, aber möglich.

Pathogenese des Erregers

  • Initiale Vermehrung und Ansiedlung:
    • Nach der Inhalation heften sich die Bakterien mithilfe von Adhäsinen (z. B. Fimbrien, Filamentöses Hämagglutinin) an das Flimmerepithel der Atemwege an.
    • Durch die Produktion von Trachealtoxin (TCT) werden die Flimmerhärchen geschädigt, was die mukoziliäre Clearance (Reinigung der Atemwege durch Flimmerhärchen) beeinträchtigt.
  • Toxinproduktion:
    • Das Pertussis-Toxin (PT) und das Adenylatzyklase-Toxin (ACT) beeinflussen die Funktion der Immunzellen und verursachen eine vermehrte Schleimproduktion.
    • Das Trachealtoxin (TCT) führt zu einem Untergang der Flimmerzellen und zu einer Ansammlung von zähem Schleim in den Atemwegen.
  • Ausbreitung:
    • Die Bakterien verbleiben meist lokal in den oberen Atemwegen und breiten sich nur selten in die unteren Atemwege aus.
    • Die Toxine wirken jedoch systemisch, was zu einer Aktivierung des Immunsystems und zu generalisierten Symptomen führt.

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort:
    • Das Bakterium und seine Toxine führen zu einer Aktivierung der angeborenen Immunzellen (Makrophagen, neutrophile Granulozyten) in der Schleimhaut.
    • Es kommt zur Ausschüttung von entzündungsfördernden Zytokinen (Botenstoffe des Immunsystems), die die lokale Inflammation (Entzündung) verstärken.
  • Systemische Immunantwort:
    • Die Bildung von spezifischen Antikörpern gegen die Toxine und Adhäsine ist entscheidend für die Kontrolle der Infektion.
    • Das Pertussis-Toxin hemmt jedoch die Aktivierung von Immunzellen, was die Immunantwort verzögert.
  • Anpassungsmechanismen des Erregers:
    • Bordetella pertussis kann die Aktivität von Makrophagen und dendritischen Zellen hemmen, wodurch die lokale Immunantwort geschwächt wird.
    • Durch die Hemmung der zellulären Immunantwort kann das Bakterium länger in den Atemwegen persistieren.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane: Die bevorzugten Zielorgane sind die oberen Atemwege (Nasen-Rachen-Raum, Luftröhre und Bronchien).
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • Die Bakterien verursachen eine Nekrose (Absterben) des Flimmerepithels und eine entzündliche Schleimhautreaktion.
    • Dies führt zu einer starken Verengung der Atemwege und zur typischen Symptomatik von Keuchhusten mit schweren Hustenanfällen.

Klinische Manifestation

  • Symptomatologie:
    • Die Erkrankung verläuft in drei Stadien:
      1. Katarrhalisches Stadium: Leichte Erkältungssymptome wie Husten, Schnupfen und leichtes Fieber. Diese Phase dauert etwa 1–2 Wochen.
      2. Paroxysmales Stadium: Schwere, anfallsartige Hustenattacken mit keuchendem Einatmen („Stakkatohusten“) und Erbrechen. Diese Phase dauert 2–6 Wochen.
      3. Rekonvaleszenzstadium: Allmähliche Abnahme der Hustenattacken, die insgesamt mehrere Wochen andauern kann.
  • Komplikationen:
    • Pneumonie (Lungenentzündung; durch Superinfektion mit anderen Bakterien)
    • Otitis media (Mittelohrentzündung)
    • Zerebrale Krampfanfälle aufgrund des verminderten Sauerstoffgehalts während der Hustenattacken
    • Apnoe (Atemstillstand) bei Säuglingen
  • Verläufe und Schweregrade:
    • Leichte Verläufe zeigen sich durch einen milden Husten ohne keuchende Atmung.
    • Schwere Verläufe treten insbesondere bei ungeimpften Kleinkindern auf und können lebensbedrohlich sein.

Prognosefaktoren

  • Wirtsfaktoren:
    • Alter: Säuglinge und Kleinkinder haben ein besonders hohes Risiko für schwere Verläufe.
    • Immunstatus: Ungeimpfte Personen sind besonders gefährdet.
  • Erregerfaktoren:
    • Virulenz der infizierenden Bordetella pertussis-Stämme kann die Schwere des Krankheitsbildes beeinflussen.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Keuchhusten ist eine hochansteckende bakterielle Infektionskrankheit, die vor allem bei Kindern schwere Atemwegsbeschwerden verursacht. Die Pathogenese wird durch die Produktion verschiedener Toxine bestimmt, die die Flimmerhärchen der Atemwege zerstören und eine starke Schleimproduktion bewirken. Präventive Maßnahmen wie die Impfung sind entscheidend, um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Eine frühzeitige Diagnostik und supportive Therapie sind wichtig, um Komplikationen zu vermeiden.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Kontakt zu infizierten Personen