Herpes genitalis – Folgeerkrankungen

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch eine Herpes genitalis-Infektion mit bedingt sein können:

Da eine Herpes genitales-Infektion zwar hauptsächlich durch das Herpes-simplex-Virus Typ 2 ausgelöst wird, aber auch in 30 % der Fälle durch Herpes-simplex-Virus Typ 1, werden nachfolgend die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen aufgeführt, die durch ein Herpes simplex Virus Typ 1 und 2 bedingt sein können:

Atmungssystem (J00-J99) 

  • Tracheobronchitis (Entzündung der Luftröhren- und Bronchialschleimhaut; bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Infektion)
  • HSV-Pneumonie (HSV-Lungenentzündung; bei Patienten mit Immunsuppression oder fortgeschrittener HIV-Infektion)

Augen und Augenanhangsgebilde (H00-H59)

  • Akute Retinanekrose (ARN; Entzündung von Retina (Netzhaut) und retinalem Pigmentepithel mit erheblicher Sehminderung) (bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Infektion)
  • Blepharitis (Augenlidentzündung)
  • Herpetische Keratokonjunktivitis (Erkrankung, die auch als Syndrom des trockenen Auges bekannt ist), Chorioretinitis (Entzündung der Choroidea mit einer Beteiligung der Retina/Netzhaut)
  • Keratitis dentritica/-disciformis – Entzündung der Horn- und Bindehaut der Augen; Hornhautulkus (Geschwür), Hornhautperforation
  • Uveitis – Entzündung der mittleren Augenhaut, die aus der Aderhaut (Choroidea), dem Strahlenkörper (Corpus ciliare) und der Regenbogenhaut (Iris) besteht
  • Visusminderung (Sehschärfenminderung)

Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben (P00-P96)

  • Herpes neonatorum (fast immer HSV-2; Neugeborenen-Herpes) – Übertragung der Infektion während der Geburt auf das Kind (Infektion über den Geburtskanal) mit der Folge der schweren Infektion des Neugeborenen, die bis zum Tod des Kindes führen kann; neonatale Infektionsrisiko liegt um 40-50 % bei maternaler (mütterlicher) Primärinfektion in den letzten 4 Wochen vor der Geburt 
    • Herpes neonatorum generalisatus – generalisierte, disseminierte (" über den Körper verteilt") Herpes-simplex-​Infektion 

Haut und Unterhaut (L00-L99)

  • Erythema exsudativum multiforme (Synonyme: Erythema multiforme, Kokarden-Erythem, Scheibenrose) – im oberen Korium (Lederhaut) auftretende akute Entzündung, die zu typischen kokardenförmigen Läsionen führt; man unterscheidet eine Minor- und eine Major-Form

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Eczema herpeticatum – Herpes simplex-Infektion auf ekzematös vorgeschädigter Haut (z. B. Patienten mit atopischem Ekzem/Neurodermitis) 
  • Gingivostomatitis herpetica (Synonyme: Mundfäule; Stomatitis aphthosa, Aphthöse Stomatitis; Stomatitis herpetica; Herpes simplex Typ 1, HSV-1)
  • Herpes genitalis (Genitalherpes; HSV-2)
  • Herpes gladiatorum – bei Ringern auftretende Herpes-Form
  • Herpes labialis (Lippenherpes; HSV-1)
  • Herpes panaritium – Entzündung am Finger oder Zeh durch das Herpes simplex Virus
  • Herpes simplex in loco recidivans – häufigste klinische Manifestation einer Herpes simplex-Infektion
  • Herpes-simplex-Sepsis/Blutvergiftung (selten)
  • HSV-assoziierte Hepatitis/Leberentzündung (Synonyme: Herpetische Hepatitis)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Alzheimer-Demenz – HSV-1 und genetische Prädisposition mit Apolipoprotein E (APOE- ε4; betrifft 25-30 % der Bevölkerung) [1, 2]
    Nebenbei: APOE-ε4-Träger leiden auch häufiger an einem Lippenherpes
  • Anti-NMDA-Rezeptor-IgG-positive Enzephalitis – chronische Autoimmunerkrankung, die im Nachgang zu einer HSV-Enzephalitis auftreten kann
  • HSV-Enzephalitis (Gehirnentzündung) (selten) – häufigste nekrotisierende Enzephalitis (ca. 50 %)
      • 30 % nach Primärinfektion
      • - 70 % als rekurrierender Herpes (wiederauftretender Herpes)
    hohe Letalität/Sterberate (bis zu 70 %); viele überlebende Patienten behalten Residuen (Beschwerden, die nach Ausheilung einer Erkrankung zurückbleiben)
  • HSV-Meningitis (Hirnhautentzündung)
  • HSV-Meningoenzephalitis
  • Idiopathische Fazialisparese/Gesichtslähmung (Bell-Lähmung) – Zusammenhang mit dem Herpes simplex-Virus Typ 1 wird diskutiert

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Balanitis (Eichelentzündung)
  • Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Prostatitis (Prostataentzündung)
  • Urethritis (Harnröhrenentzündung)
  • Vulvovaginitis herpetica – Entzündung durch Herpes-Viren, die die Vulva (Gesamtheit der äußeren primären Geschlechtsorgane) und Vagina (Scheide) gemeinsam betrifft

Verdauungssystem (K00-K93) 

  • Analer HSV (Herpes-simplex-Virus Infektion im Bereich des Anus/After)
  • Gingivostomatitis (Mund- und Zahnfleischentzündung) (primär HSV-1)
  • HSV-Proktitis (Enddarmentzündung)
  • Kolitis (Darmentzündung; bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Infektion)
  • Ösophagitis (Speiseröhrenentzündung; bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Infektion)
  • Perianaler HSV (HSV-Infektion um den Anus herum)

Literatur

  1. Linard M et al.: Interaction between APOE4 and herpes simplex virus type 1 in Alzheimer's disease. Alzheimers Dement 2020;16(1): 200-208 https://doi.org/10.1002/alz.12008
  2. Itzhaki RF: Overwhelming Evidence for a Major Role for Herpes Simplex Virus Type 1 (HSV1) in Alzheimer's Disease (AD); Underwhelming Evidence against. Vaccines (Basel) 2021;9(6):679 doi: 10.3390/vaccines9060679