Herpes genitalis – Einleitung

Herpes genitalis ist eine chronische, sexuell übertragbare Infektion, die hauptsächlich durch das Herpes simplex-Virus Typ 2 (HSV-2) verursacht wird. Seltener wird die Erkrankung auch durch HSV-1 ausgelöst, das typischerweise mit Herpes labialis (Lippenherpes) assoziiert ist. Die Infektion persistiert lebenslang im Körper und kann durch Reaktivierung zu rezidivierenden Symptomen führen.

Synonyme und ICD-10: Genital Herpes; HSV-2; HSV-II; Herpes simplex; Herpes simplex genitalis; Herpes urogenitalis; Herpesviren; Herpesviren Infektion; ICD-10-GM A60.0: Infektion der Genitalorgane und des Urogenitaltraktes durch Herpesviren

Das Virus stammt aus der Familie der Herpesviridae. Es handelt es sich um einen Erreger aus der Gruppe der DNA-Viren.

Das Herpes simplex-Virus Typ 2 (HSV-2) verursacht überwiegend den Herpes genitalis und den Herpes neonatorum (Neugeborenen-Herpes).

Die Erkrankung gehört zu den sexuell übertragbaren Krankheiten (engl. STD (sexually transmitted diseases) oder STI (sexually transmitted infections)).

Charakteristische Laborbefunde

  • PCR-Test (Polymerase-Kettenreaktion): Zum Nachweis von HSV-DNA aus Abstrichen der betroffenen Haut oder Schleimhaut.
  • Viruskultur: Isolierung des Virus aus Läsionen.
  • Serologie (Antikörpernachweis): IgM und IgG zur Differenzierung zwischen Primärinfektion und Reaktivierung.
  • Direkter Antigennachweis: Nachweis von viralen Proteinen in Haut- oder Schleimhautproben.

Formen der Erkrankung

  • Primärinfektion: Meist schwerer verlaufend mit ausgeprägteren Symptomen wie Fieber, schmerzhaften Ulzerationen und Lymphknotenschwellungen.
  • Rezidivierende Infektion: Typische, wiederkehrende Episoden mit lokalisierten Bläschen und leichten Schmerzen. Rezidive treten bei HSV-2 häufiger auf als bei HSV-1.

Ursachen

  • Herpes simplex Virus Typ 2 (HSV-2): Hauptursache für Herpes genitalis. HSV-2 wird vorwiegend durch sexuellen Kontakt übertragen.
  • Herpes simplex Virus Typ 1 (HSV-1): Kann auch Genitalherpes verursachen, jedoch seltener.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind aufgrund biologischer Faktoren häufiger betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Hauptsächlich bei sexuell aktiven Menschen ab der Pubertät. Die Inzidenz steigt mit dem Alter.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): In Deutschland sind ca. 10-30 % der Erwachsenen mit HSV-2 infiziert. HSV-1, das zunehmend auch Genitalinfektionen verursacht, hat eine Prävalenz von etwa 90 %.

Inzidenz
(Häufigkeit von neue Erkrankungen): Weltweit wird eine steigende Zahl von Genitalherpes-Infektionen verzeichnet, insbesondere durch den Anstieg von HSV-1-bedingten genitalen Infektionen.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Herpes simplex Virus Typ 1 (HSV-1) und Typ 2 (HSV-2).

Erregerreservoir
: Der Mensch ist das einzige Erregerreservoir.

Vorkommen
: Die Infektion tritt weltweit auf.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Hauptsächlich durch sexuellen Kontakt (HSV-2) oder oralen Kontakt (HSV-1).

Kontagiosität
 (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Sehr hoch, insbesondere während symptomatischer Phasen.

Übertragungsweg
: Direkter Schleimhautkontakt bei Geschlechtsverkehr oder perinatal während der Geburt.

Eintrittspforte
: Haut und Schleimhäute.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): HSV-2: 3-7 Tage, HSV-1: 2-12 Tage.

Krankheitsdauer
: Rezidive dauern in der Regel 7-10 Tage.

Dauer der Infektiosität

  • HSV kann auch in asymptomatischen Phasen ausgeschieden werden, was das Risiko der Übertragung erhöht.
  • Ca. 80-90 % aller HSV-2-Infizierten zeigen eine intermittierende Ausscheidung des Virus an der genitalen Mukosa an ca. 20 % der Tage. Auch HSV-1-seropositive Patienten können eine asymptomatische Virusausscheidung nach einem vorangegangenen manifesten Herpes genitalis aufweisen. Das erklärt, dass der größte Teil der sexuellen Transmissionen von HSV sich während der asymptomatischen Phasen ereignet [6].
  • Genitale Infektionen mit dem Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1) zeigten eine „shedding rate“ im zweiten Monat von 12,1 %; nach elf Monaten war die "shedding rate" auf 7,1 % gefallen; einen positiven genitalen Abstrich hatten noch 32,8 % der Patienten. Genitale Infektionen mit HSV-2 sind deutlich länger: „shedding rate“ bei genitalen Infektionen mit HSV-2 nach 1 Jahr bei 33,6 % und nach 10 Jahren noch bei 16,7 % [6].

Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): USA: Ca. 58 % für HSV-1 und 16 % für HSV-2 [2, 3].

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Primärinfektion: Schwere Symptome wie Ulzerationen und Fieber können auftreten. Viele Infektionen verlaufen jedoch asymptomatisch.
  • Rezidive: Bei HSV-2 kommt es häufiger zu Rückfällen als bei HSV-1. HSV-1-Infektionen haben meist einen klinisch ausgeprägteren Verlauf, aber weniger Rezidive (ca. 1,3 Rezidive pro Jahr für HSV-1, ca. 4 für HSV-2) [4, 5].

Prognose

  • Die Prognose ist bei gesunden Personen in der Regel günstig. Die meisten Infektionen heilen spontan ab. Rezidive treten jedoch lebenslang auf.
  • Bei immungeschwächten Personen und Neugeborenen kann Herpes genitalis schwerwiegende Komplikationen verursachen, wie z. B. eine Herpes-Sepsis oder eine systemische Ausbreitung der Infektion.

Hinweis! Bei Infektion mit HSV-2 wurde ein 3-fach erhöhtes HIV-Infektionsrisiko beschrieben [1].

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Herpes simplex-Viren steht bislang nicht zur Verfügung, befindet sich aber in der Entwicklung.

Literatur

  1. Freeman EE, Weiss HA, Glynn JR et al (2006): Herpes simplex virus 2 infection increases HIV acquisition in men and women: systematic review and metaanalysis of longitudinal studies. AIDS 20:73-83
  2. Seroprevalence of herpes simplex virus type 2 among persons aged 14-49 years – United States, 2005-2008 (2010) MMWR Morb Mortal Wkly Rep 59 (15):456-459
  3. Xu F, Sternberg MR, Kottiri BJ, McQuillan GM, Lee FK, Nahmias AJ, Berman SM, Markowitz LE (2006) Trends in herpes simplex virus type 1 and type 2 seroprevalence in the United States. JAMA 296(8):964-973. doi:296/8/964 [pii]10.1001/jama.296.8.964
  4. Engelberg R, Carrell D, Krantz E, Corey L, Wald A (2003) Natural history of genital herpes simplex virus type 1 infection. Sex Transm Dis 30(2):174-177
  5. Benedetti J, Corey L, Ashley R (1994) Recurrence rates in genital herpes after symptomatic first-episode infection. Ann Intern Med 121(11):847-854
  6. Johnston C et al.: Viral Shedding 1 Year Following First-Episode Genital HSV-1 Infection JAMA. 2022;328(17):1730-1739. doi:10.1001/jama.2022.19061

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Sexuell übertragbare Infektionen (STI) - Beratung, Diagnostik, Therapie. (AWMF-Registernummer: 059 - 006), August 2018 Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung
  3. Patel R et al.: 2024 European guidelines for the management of genital herpes. JEADV Dezember 2024. doi.org/10.1111/jdv.20450