Herpangina – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Herpangina wird durch Coxsackie-Viren der Gruppe A verursacht, die zur Gattung der Enteroviren und zur Familie der Picornaviridae gehören. Innerhalb dieser Gruppe sind insbesondere die Serotypen A1 bis A10, A16 bis A22 sowie der Typ A4 als häufigster Auslöser bekannt.
  • Genom: Coxsackie-Viren besitzen ein einzelsträngiges RNA-Genom (genetisches Material, das als einzelsträngige RNA vorliegt), das für die Virusvermehrung und die Produktion von Strukturproteinen verantwortlich ist.
  • Virulenz: Die Virulenz der Coxsackie-Viren beruht auf ihrer Fähigkeit, die Zellen des Magen-Darm-Traktes zu infizieren, dort eine intensive Virusvermehrung zu verursachen und sich anschließend über das Blut und die Lymphbahnen zu verbreiten.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Die Herpangina tritt weltweit auf und betrifft vorwiegend Kleinkinder und Schulkinder unter 10 Jahren. Häufig wird sie in den Sommermonaten beobachtet, vor allem bei Gemeinschaftsausbrüchen in Kindergärten und Schulen.
  • Hauptübertragungsweg:
    • Die Übertragung erfolgt in erster Linie durch fäkal-orale Aufnahme (Verzehr oder Kontakt mit verunreinigtem Material) oder durch Tröpfcheninfektion (Einatmen von mit Viren beladenen Tröpfchen).
  • Weitere Übertragungswege:
    • Übertragung durch direkten Kontakt mit virushaltigem Speichel, nasopharyngealem Sekret oder durch kontaminierte Oberflächen (Spielzeug, Türklinken).
  • Reservoir: Der Mensch ist das Hauptreservoir für Coxsackie-Viren. Infizierte Kinder und Erwachsene scheiden die Viren über Stuhl und Atemwegssekrete aus.
  • Infektiosität: Coxsackie-Viren sind hochinfektiös. Bereits der Kontakt mit geringen Mengen des Virus kann eine Infektion auslösen.

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Die Viren gelangen über den Mund in den Magen-Darm-Trakt, wo sie die Darmschleimhaut infizieren.
  • Nebeneintrittspforten: Infektionen können auch über die Schleimhäute der oberen Atemwege oder durch kleine Hautläsionen (Verletzungen der Haut) erfolgen.

Pathogenese des Erregers

  • Initiale Vermehrung im Magen-Darm-Trakt:
    • Nach Aufnahme über den Mund gelangen die Viren in den Darm und infizieren die Darmepithelzellen (Zellen der Darmschleimhaut).
    • In diesen Zellen vermehren sich die Viren und zerstören die infizierten Zellen, was zur Freisetzung neuer Viruspartikel führt.
  • Hämatogene und lymphogene Ausbreitung:
    • Von den infizierten Zellen im Darm breiten sich die Viren über das Lymphsystem und den Blutkreislauf aus. Diese Phase, auch erste Virämie genannt, ermöglicht den Viren, andere Organe zu erreichen.
    • Zielorgane sind insbesondere die Mundschleimhaut, die Tonsillen (Mandeln) und die Rachenregion.
  • Befall der Schleimhäute und Ausbildung der typischen Läsionen:
    • Die Virusvermehrung in der Mund- und Rachenschleimhaut führt zur Zellzerstörung und zur Ausbildung der charakteristischen vesikulären Läsionen (bläschenförmigen Veränderungen).
    • Diese Bläschen platzen oft auf und hinterlassen kleine ulzerative Defekte (Geschwüre), die das Schlucken stark schmerzhaft machen.
  • Lokale Entzündungsreaktion:
    • Die durch die Virusvermehrung freigesetzten Zytokine (Botenstoffe) aktivieren die lokale Immunantwort. Diese führt zu einer verstärkten Entzündungsreaktion mit Rötung, Schwellung und Schmerzen im betroffenen Gewebe.
  • Dissemination und systemische Ausbreitung:
    • In seltenen Fällen breiten sich die Viren weiter im Körper aus und können zusätzliche Organsysteme wie das Zentrale Nervensystem (ZNS) oder das Herz befallen.
    • Dies kann zu schwereren Komplikationen wie Myokarditis (Herzmuskelentzündung) oder aseptischer Meningitis (nicht-bakterielle Hirnhautentzündung) führen.

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort:
    • Die Infektion der Schleimhautzellen aktiviert die angeborene Immunantwort durch Makrophagen, dendritische Zellen und neutrophile Granulozyten. Diese Zellen setzen proinflammatorische Zytokine frei, was die Entzündungsreaktion verstärkt und die Schädigung des Gewebes begünstigt.
  • Systemische Immunantwort:
    • Die Virämie aktiviert die adaptive Immunantwort, was zur Bildung von spezifischen Antikörpern (IgM und IgG) gegen die Viren führt. Diese Antikörper begrenzen die Ausbreitung der Viren, können die Infektion jedoch nicht immer vollständig kontrollieren.
  • Anpassungsmechanismen des Erregers:
    • Coxsackie-Viren zeigen eine hohe genetische Variabilität, die es ihnen ermöglicht, der Immunantwort zu entgehen und auch nach einer bestehenden Immunität eine erneute Infektion auszulösen.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane:
    • Coxsackie-Viren befallen primär die Schleimhaut des Rachens und die Mundhöhle.
    • In seltenen Fällen können sie auch das ZNS und das Herzmuskelgewebe infizieren.
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • Die Virusvermehrung führt zur Zellzerstörung und zu lokalen Entzündungsreaktionen, was die typischen Bläschen und ulzerierenden Läsionen im Rachen verursacht.
    • Bei Befall des ZNS oder des Herzens kann es zu schwerwiegenden entzündlichen Gewebeschäden kommen.

Klinische Manifestation

  • Symptomatologie:
    • Typische Symptome sind hohes Fieber, Halsschmerzen, schmerzhafte Bläschen im Rachenraum und allgemeines Unwohlsein.
    • Die Bläschen im Rachen platzen oft auf und hinterlassen ulzerierende Läsionen, die das Schlucken erschweren.
  • Komplikationen:
    • In seltenen Fällen kann es zu Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Perikarditis (Herzbeutelentzündung) oder aseptischer Meningitis kommen.
    • Sehr selten tritt eine Enzephalitis (Gehirnentzündung) auf, vor allem bei immungeschwächten Patienten.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Herpangina ist eine durch Coxsackie-Viren verursachte akute virale Infektion, die sich typischerweise durch hohes Fieber, Halsschmerzen und schmerzhafte Bläschen im Rachenraum manifestiert. Die Pathogenese ist gekennzeichnet durch eine Vermehrung der Viren im Darm, eine hämatogene Ausbreitung und eine lokale Entzündungsreaktion in der Mund- und Rachenschleimhaut. In seltenen Fällen können schwerwiegende Komplikationen wie Herzmuskelentzündung oder Hirnhautentzündung auftreten.

Ätiologie (Ursachen)

Krankheitsbedingte Ursachen

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Infektion mit dem Coxsackie A-Virus