Helicobacter pylori-Infektion – Einleitung
Helicobacter pylori ist ein gramnegatives, mikroaerophiles Stäbchenbakterium, das den menschlichen Magen-Darm-Trakt besiedelt und chronische Gastritiden (Magenschleimhautentzündungen) sowie Ulzera (Geschwüre) im Magen und Duodenum (Zwölffingerdarm) verursachen kann. Eine Infektion mit H. pylori kann zu schweren Komplikationen wie Magengeschwüren und Magenkarzinomen führen.
Synonyme und ICD-10: H. pylori; ICD-10-GM B98.0: Helicobacter pylori [H. pylori] als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind
Formen der Erkrankung
- Chronisch aktive Gastritis (Typ-B-Gastritis): Standardform bei H. pylori-Infektion, oft asymptomatisch oder mit unspezifischen Oberbauchbeschwerden.
- Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni: 10-20 % der Infizierten entwickeln Magengeschwüre oder Zwölffingerdarmgeschwüre, die mit Dyspepsie (chronische Beschwerden im Oberbauch) und Schmerzen einhergehen.
- Magenkarzinom: Bei 2 % der Infizierten entwickelt sich langfristig ein Magenkarzinom (Magenkrebs).
- MALT-Lymphom: Helicobacter pylori kann zur Entstehung von MALT-Lymphomen (Magenlymphome) beitragen.
Ursachen
Die Hauptursache für eine H. pylori-Infektion ist die fäkal-orale oder orale Übertragung, wobei die genaue Übertragungsart noch unklar ist. Infektionen erfolgen in der Regel:
- Intrafamiliär: Häufig über enge Familienkontakte, insbesondere von der Mutter auf das Kind.
- Hygienische Bedingungen: Schlechte hygienische Verhältnisse und unzureichende sanitäre Einrichtungen begünstigen die Übertragung.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
Häufigkeitsgipfel: H. pylori-Infektionen treten häufig im Kindesalter auf und persistieren unbehandelt lebenslang. Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter an.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)
- In Deutschland liegt die Prävalenz bei Kindern bei etwa 3-7 %, bei Erwachsenen zwischen 20-50 %. In Entwicklungsländern beträgt die Prävalenz bis zu 80 %.
- Global sind etwa 50 % der Weltbevölkerung infiziert.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die jährliche Neuinfektionsrate liegt in Industrieländern bei 2 %, in Entwicklungsländern bei 6-12 % [6].
Saisonale Häufung: Keine signifikante saisonale Häufung dokumentiert.
Infektionsepidemiologie
Erreger: Helicobacter pylori, gramnegatives Stäbchenbakterium.
Erregerreservoir: Der Mensch ist das wichtigste Reservoir für H. pylori.
Vorkommen
- Weltweit verbreitet, besonders hohe Prävalenz in Entwicklungsländern mit schlechteren hygienischen Bedingungen.
- In Korea 80,8 % der Bevölkerung infiziert und im United Kingdom (UK) 13,4 % [1].
Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Ja, vor allem innerhalb von Familien und engen Haushalten.
Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): H. pylori hat eine moderate Ansteckungsrate, die durch hygienische und sozioökonomische Bedingungen beeinflusst wird.
Übertragungsweg: Wahrscheinlich fäkal-oral oder oral-oral, häufig über kontaminierte Nahrung oder Wasser.
Eintrittspforte: Der Magen, in dem das Bakterium mithilfe der Urease das saure Milieu neutralisiert.
Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Nach Erstinfektion verläuft die Besiedlung meist chronisch, die Inkubationszeit für klinische Symptome ist variabel.
Krankheitsdauer: Unbehandelt persistiert die Infektion lebenslang.
Dauer der Infektiosität: Dauerhaft infektiös, solange das Bakterium im Magen vorhanden ist.
Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Bis zu 50 % weltweit, in Deutschland ergibt sich folgende Verteilung:
- Kinder im Alter von 4 Jahren: 3,0 % [2]
- Kinder zwischen 5 und 7 Jahren: 5-7 % [3]
- Frauen/Männer < 30 Jahre: 19/25 % [4, 5]
- Frauen/Männer > 30 Jahre: 35/55 % [4, 5]
- Frauen/Männer > 65 Jahre: 69/90 % [4, 5]
Erregerspezifische Immunität: Nach erfolgreicher Eradikation gibt es keinen anhaltenden Immunschutz, Reinfektionen sind möglich.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Asymptomatische Infektion: Etwa 80 % der Infizierten haben keine klinischen Symptome.
- Chronische Gastritis: Alle Infizierten entwickeln eine chronische, meistens asymptomatische Gastritis (Typ B).
- Ulcus ventriculi/duodeni: 10-20 % der Infizierten entwickeln im Verlauf ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür.
- Magenkarzinom und MALT-Lymphom: H. pylori ist ein Risikofaktor für die Entstehung eines Magenkarzinoms und eines MALT-Lymphoms.
Prognose
- Ohne Behandlung: Das Risiko für schwerwiegende Komplikationen wie Ulzera und Magenkarzinome bleibt bestehen.
- Mit Eradikationstherapie: Die Erfolgsrate ist hoch, mit einer langfristigen Beschwerdefreiheit. In Industrieländern liegt die Rate für Rezidive oder erneute Infektionen nach erfolgreicher Behandlung bei nur ca. 2 % pro Jahr, während in Entwicklungsländern eine Reinfektionsrate von 6-12 % pro Jahr beobachtet wird [6].
Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Helicobacter pylori ist nicht verfügbar.
Literatur
- Peleteiro B, Bastos A, Ferro A et al.: Prevalence of Helicobacter pylori infection worldwide: a systematic review of studies with national coverage. Dig Dis Sci 2014; 59: 1698-1709
- Weyermann M, Rothenbacher D, Brenner H: Acquisition of Helicobacter pylori infection in early childhood: independent contributions of infected mothers, fathers, and siblings. Am J Gastroenterol 2009; 104: 182-189
- Grimm W, Fischbach W: Helicobacter pylori infection in children and juveniles: an epidemiological study on prevalence, socio-economic factors and symptoms. Dtsch Med Wochenschr 2003; 128: 1878-1883
- Wex T, Venerito M, Kreutzer J et al.: Serological prevalence of Helicobacter pylori infection in Saxony-Anhalt, Germany, in 2010. Clin Vaccine Immunol 2011; 18: 2109-2112
- Michel A, Pawlita M, Boeing H et al.: Helicobacter pylori antibody patterns in Germany: a cross-sectional population study. Gut Pathog 2014; 6: 10
- Yan TL, Hu QD, Zhang Q et al.: National rates of Helicobacter pylori recurrence are significantly and inversely correlated with human development index. Aliment Pharmacol Ther 2013; 37: 963-968
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. (AWMF-Registernummer: 021 - 001), Mai 2022 Langfassung