Hantavirus-Erkrankung – Einleitung

Beim Hanta-Virus handelt es sich um ein RNA-Virus (Ribonukleinsäure-Virus), welches zur Familie der Bunyaviridae gehört. Es verursacht eine zoonotische Infektion (Tierseuche), die in verschiedenen Formen auftreten kann, einschließlich hämorrhagischem Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) und Hantavirus-induziertem (kardio-)pulmonalem Syndrom (HCPS).

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM A98.5: Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom: Hantavirus-Krankheit mit renaler Beteiligung)

Man kann die folgenden Virustypen unterscheiden:

  • Hantaan-Gruppe
    • Hantaan-Virus* (HTNV) ‒ Vorkommen: Russland, China, Korea (Brandmaus; Apodemus agrarius); Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) 0,3-0,9 %
    • Dobrava-Belgrad-Virus* (DOBV)
      • Kurkinao (DOBV-Aa) – Vorkommen: Mittel- und Osteuropa/Nord-/Ostdeutschland (Brandmaus; Apodemus agrarius); Letalität 0,3-0,9 %
      • Dobrava  (DOBV-Af) – Vorkommen: Balkan (Gelbhalsmaus; Apodemus flavicollis); Letalität 10-12 %
      • Socchi (DOBV-Ap) – Vorkommen: Russland (Krim) (Schwarzmeerwaldmaus; Apdemus pnticus); Letalität > 6 %
  • Puumala-Gruppe
    • Puumala-Virus* ‒ Vorkommen: Balkan, Mitteleuropa, Russland, Nord-/Westeuropa, Süd-/Westdeutschland (Schwäbische Alb; Rötelmaus; Myodes glareolus); Letalität < 1 %
    • Andes-Virus** (ANDV) ‒ Vorkommen: Südamerika ("Reisratte"; Oligoryzomys longicaudatus); Letalität 35 %
    • Seoul-Virus* ‒ Vorkommen: Asien und möglicherweise weltweit (Rattenarten); Letalität 1-2 %
    • Sin-Nombre-Virus** (SNV) ‒ Vorkommen: Amerika (Hirschmaus; Peromyscus maniculatus); Letalität 35 %
  • Tula-Gruppe ‒ nur gering pathogen
    • Tula-Virus* (TULV) ‒ Vorkommen: Deutschland (Feldmaus; Microtus arvalis); Letalität ?

* Hämorrhagisches Fiebers mit renalem Syndrom (HFRS)
** Hanta-Virus-induziertes (kardio-)pulmonale Syndrom (HCPS)

Formen der Erkrankung

Das Hanta-Virus verursacht verschiedene Krankheitsbilder, abhängig vom Virustyp und der geographischen Region:

  • Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS): Häufig in Europa und Asien durch Viren der Hantaan-Gruppe und ähnliche.
  • Hantavirus-induziertes (kardio-)pulmonales Syndrom (HCPS): Vorwiegend durch Viren wie das Andes-Virus und das Sin-Nombre-Virus, hauptsächlich in Amerika.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Häufigkeitsgipfel:
Die Erkrankung tritt überwiegend bei Erwachsenen zwischen 30 und 49 Jahren auf. Kinder unter 15 Jahren sind selten betroffen.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Regional unterschiedlich und schwankend, abhängig von der Nagetierpopulation und den ökologischen Bedingungen.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Inzidenz variiert stark von Jahr zu Jahr. Im Jahr 2010 lag die Inzidenz in Deutschland bei ca. 3 Fällen pro 100.000 Einwohner; im Folgejahr sank sie um mehr als 80 %.

Saisonale Häufung:
Die Erkrankung tritt häufiger in Jahren mit hohen Nagetierpopulationen auf, die durch ökologische Faktoren beeinflusst werden.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Verschiedene Hantavirus-Typen, abhängig von der Region.

Erregerreservoir:
Nagetiere wie Rötelmaus, Brandmaus und Gelbhalsmaus in Deutschland. Weitere Virustypen werden von Ratten und anderen Nagetieren weltweit übertragen.

Vorkommen:
Hantaviren sind weltweit verbreitet.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung:
Selten, aber möglich beim Andes-Virus.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft): Niedrig, da die Übertragung meist indirekt über kontaminierte Staubpartikel erfolgt.

Übertragungsweg:
Respiratorische Aufnahme (Einatmen) von kontaminierten Staubpartikeln aus getrocknetem Urin, Kot oder Speichel der infizierten Nagetiere.

Eintrittspforte:
Atemwege.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): In der Regel 2-4 Wochen (min. 5, max. 60 Tage).

Krankheitsdauer:
Abhängig vom Schweregrad der Infektion, von milden Verläufen bis zu mehreren Wochen.

Dauer der Infektiosität:
Nagetiere bleiben lebenslang infiziert und scheiden das Virus in wechselnder Konzentration aus.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Renale Manifestationen: HFRS führt zu einer Schädigung der Nieren (interstitielle Nephritis) und kann eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) zur Folge haben.
  • Pulmonale Manifestationen: HCPS führt häufig zu einem Lungenödem (Wasseransammlung in der Lunge).
  • Schweregrad: Der Verlauf variiert stark je nach Virustyp und individuellen Faktoren des Patienten.

Prognose

  • Letalität: Abhängig vom Virustyp. Beispielsweise liegt die Letalität (Sterblichkeit) beim Andes-Virus und Sin-Nombre-Virus bei bis zu 35 %, während sie bei europäischen und asiatischen Virustypen wie dem Puumala-Virus unter 1 % liegt.
  • Langzeitfolgen: In schweren Fällen können bleibende Schäden, insbesondere an den Nieren, zurückbleiben.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) bereits beim Verdacht meldepflichtig.