HIV – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Aktueller HIV-Suchtest (Ag-Ak-Kombinationstest) [diagnostische Lücke: 6 Wochen]
    • HIV 1-p24-Antigen [falls positiv → Akutinfektion mit HIV 1 wahrscheinlich]
    • Ak gegen HIV Typ 1/2
    Zweistufendiagnostik gemäß den Empfehlungen der DVV: Serologisches Screening mit nachfolgender Bestätigungsdiagnostik durch Antikörper-basierte Testsysteme wie Western-Blot (Westernblot; auch Immunblot, engl. Immunoblot) und/oder durch HIV-NAT (Nukleinsäure-Amplifikations-Test = Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR-Un­ter­su­chung): direkter Nachweis von viraler Nukleinsäure im Blut) [1]
  • Vorheriger HIV-Suchtest (ELISA) [diagnostische Lücke: 12 Wochen]:
    • Ak gegen HIV Typ 1/2
    • Ein positiver Befund sollte durch die Einsendung einer 2. Probe bestätigt werden.
    Falls positiv: Ein positives HIV-Testergebnis darf erst nach Bestätigung des ELISA-Befundes im HIV-Westernblot (Immunoblot) mitgeteilt werden.
  • HIV-RNS (HIV-RNA, quantitativ; Synonyme, HIV-1-PCR quantitativ, HIV-1-Viruslast) – Messung der Erbinformation des HI-Virus; fällt bei einer Infektion ein bis zwei Wochen früher aus als der aktuelle HIV-Suchtest
    Indikationen:
    • Pa­ti­ent mit gesicherter oder sehr wahrscheinlicher Exposition vor 1-3 Wochen und/oder
    • Symptomatik eines akuten retroviralen Syndroms
    • Im Verlauf der Erkrankung, um die Entwicklung verfolgen zu können
    Falls positiv: Untersuchung einer zweiten Probe und Bestätigung durch eine serologische Verlaufsbeobachtung
    Achtung! Ein negatives PCR-Ergebnis zu diesem Zeitpunkt kann eine HIV-Infektion nicht aus­schlie­ßen, da das Risiko für ein falsch-negatives Ergebnis im Vergleich zu serologischen Nachweismethoden größer ist [1]
  • HIV-DNS (HIV-DNA)*
  • HIV-Isolierung – wird in der Routine nicht durchgeführt
  • CD4-positive Lymphozyten – Bestimmung der sogenannten Helferzellen; gibt einen wichtigen Hinweis auf den Immunstatus des Betroffenen; wird im Verlauf der Erkrankung immer wieder gemessen, um die Entwicklung verfolgen zu können

*Die Vorteile des direkten Virusnachweises per HIV-DNS sind gering. Eine HIV-Infektion kann mit diesem Test theoretisch ca. 5-8 Tage früher erkannt werden. Der Test kann dann jedoch in späteren Stadien negativ werden, obwohl eine HIV-Infektion stattgefunden hat und die Antikörper nachweisbar bleiben.

Der direkte oder indirekte Nachweis von HIV ist nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig.

Beachte: Der Patient muss vor Durchführung des HIV-Tests zustimmen (dokumentierte Einwilligung).

HIV-Nachweisverfahren in der zeitlichen Aufeinanderfolge

Phase Verfahren
I HIV-RNA mittels PCR (1-2 Wochen früher positiv als der Antikörpersuchtest
Beachte: Bei Verdacht auf eine akute HIV-Infektion vor Serokonversion ist ein Nachweis typenspezifischer HIV-RNA frühestens 10 Tage nach dem Infektionsereignis möglich.
II zusätzlich zur Phase I: p24-Antigen mittels ELISA
III Antikörpersuchtests (ELISA)
Beachte: Die p24-Detektion wird durch das Auftreten der Antikörper erschwert. 
IV Western-Blot indifferent
V Western-Blot positiv
VI Western-Blot vollständig ausgebildet, p31 ist nun ebenfalls nachweisbar

Serologische Parameter bei HIV-Infektion [S2k-Leitlinie]  

Übersicht der möglichen Ergebniskonstellationen der Labordiagnostik und ihre Bewertung:

 Virusnachweis
 HIV-RNA / 
 HIV-Antigen
 HIV 
 Antikörpernachweis

 (Immunoblot)
 Infektionsstatus
 positiv  negativ  akute Infektion
 positiv  fraglich  akute Infektion
 positiv  positiv  akute oder chronische Infektion
 negativ  positiv  chronische Infektion (meist unter
 antiretroviraler Therapie)

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • HIV-Resistenztests – untersucht die Empfindlichkeit der Viren auf die verschiedenen Medikamente
  • Chlamydien-, Herpes-2-Viren- und Lues-Diagnostik nach positiver HIV-Serologie
  • Opportunistische Infektionen
    • Serologie: Amöbenruhr, Aspergillose, Coccidioidose, Cytomegalie, EBV, Hepatitis A, B und C, Herpes simplex, Histoplasmose,  Legionellen, Syphilis (Lues), Toxoplasmose (obligate Untersuchung bei der Schwangeren), Varizella-Zoster
    • Bakteriologie (kulturell): Sputum und Urin auf allgemeine Erreger und Mykobakterien; Stuhl auf Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Yersinien.
    • Direktnachweise: Aspergillus, Pneumocystis carinii, Legionellen in der bronchoalveolären Lavage (BAL; Methode zur Probengewinnung, die im Rahmen einer Bronchoskopie (Lungenspiegelung) eingesetzt wird) (ggf. Sputum); Amöben, Cryptococcus neoformans im Serum und Liquor, Candida, Cryptosporidien, Isoporen, Lamblien und andere Parasiten (z. B. Mikrosporidien) im Stuhl

Weitere Hinweise

  • Ein Problem des HIV-(Antikörper-)Tests ist die sogenannte "diagnostische Lücke". Das ist die Zeit, die der Körper benötigt, um nach einer Infektion mit HIV nachweisbare Antikörper zu erzeugen. Die neuen Suchtests (Ag-Ak-Kombinationstest), die zusätzlich nach Virusbestandteilen (p24-Antigen) suchen, erkennen eine HIV-Infektion sechs Wochen nach Neuinfektion zu annähernd 100 %.
  • Der direkte Virusnachweis – qualitative Testung auf das Virusgenom – ergänzt oder ersetzt die Antikörper-Diagnostik zum Infektionsnachweis in besonderen Fällen. Dieses kann der Verdacht auf frische Primärinfektion sein, die oben genannte diagnostische Lücke oder auch der Test eines Neugeborenen einer infizierten Mutter.
  • Nebenbefunde: Im Blutbild fallen häufig lymphozytäre Reizzellen auf; mäßig erhöhter CRP-Wert; meist deutlich erhöhte Leberparameter.

Indikatorerkrankungen

Indikatorerkrankungen, d. h. Erkrankungen, die mit einer erhöhten Wahrscheinlich für eine HIV-Infektion einhergehen (HIV-Prävalenz > 0,1 %) [1]:

  • Sexuell übertragbare Infektionen
  • Hepatitis B/C
  • Herpes zoster (Gürtelrose)
  • Mononukleose-ähnliches Krankheitsbild
  • Seborrhoische Dermatitis/Exanthem (fettig-schuppige Entzündung der Haut)
  • Cervix- oder Analkarzinom (Gebärmutterhals- oder Analkrebs) bzw. -dysplasie
  • Lymphome (Krebserkrankungen des lymphatischen Systems)
  • Nicht erklärbare Leukozytopenie (verminderte Anzahl von weißen Blutkörperchen)/Thrombozytopenie (verminderte Anzahl von Blutplättchen)

Labordiagnostik bei bekannter HIV-Infektion

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen [Erstuntersuchung]

  • Kleines Blutbild
  • Differentialblutbild
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
  • Neopterin (Signal-Botenstoff, der von den Makrophagen/Fresszellen gebildet wird; Früherkennung opportunistischer Infektionen)
  • Elektrolyte – Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphat
  • Gesamteiweiß
  • Elektrophorese
  • IgA, Ig G, IgM, IgE
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) und Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase (AP), Bilirubin
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance
  • Beta-2-Mikroglobulin
  • Lymphozyten-Differenzierung:
    • CD4-Absolutzahl
    • CD4/CD8-Ratio
  • HIV-RNA-PCR (quantitativ; Synonyme, HIV-1-PCR quantitativ, HIV-1-Viruslast)
  • Hepatitis-Serologie (HBV-Diagnostik, HCV-Diagnostik)
  • Lues-Serologie (Syphilis; Geschlechtskrankheit)
  • Kryptokokkose-Antigen im Serum (Pilzinfektion)
  • Cytomegalie-Serologie (CMV-Serologie)
  • Ggf. Abklärung weiterer opportunistischer  Infektionen (s. o.)

Folgeuntersuchungen (geringer Immundefekt: halbjährlich; mäßiger Immundefekt: alle 2-4 Monate; schwerer Immundefekt: monatlich):

  • Kleines Blutbild
  • Differentialblutbild
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
  • Urinanalyse – einmal jährlich eine Urinstix-Untersuchung (bei bekannter Nierenerkrankung oder einer Therapie mit Tenofovirdisoproxil (TDF) mit geboostertem PI (Proteasehemmer) alle drei bis sechs Monate)
  • Neopterin (Signal-Botenstoff, der von den Makrophagen/Fresszellen gebildet wird; Früherkennung opportunistischer Infektionen)
  • Gesamteiweiß
  • Elektrophorese
  • IgA, Ig G, IgM,
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) und Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase, Bilirubin wg. Therapie mit Virostatika mit hepatotoxischer Wirkung
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance
  • Beta-2-Mikroglobulin (β2-Mikroglobulin)
  • Lymphozyten-Differenzierung:
    • CD4-Absolutzahl
    • CD4/CD8-Ratio
  • Falls (CD4-positive)-T-Helfer-Zellen < 100/µl zusätzlich:
    • CMV-PCR (Cytomegalievirus-PCR)
    • Kryptokokkose-Antigen
  • HIV-RNA-PCR (quantitativ; Synonyme, HIV-1-PCR quantitativ, HIV-1-Viruslast)
  • Ggf. Abklärung opportunistischer  Infektionen (s. o.)

Literatur

  1. Stellung­nahme zur HIV-Stufen­diagnostik, Bundes­gesund­heits­blatt (14.7.2015)
  2. Sullivan AK, Raben D, Reekie J et al.: Feasibility and effectiveness of indicator condition-guided testing for HIV: results from HIDES I (HIV indicator diseases across Europe study). PLoS ONE 2013;8(1):e52845. doi: 10.1371/journal.pone.0052845. Epub 2013 Jan 15.

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie HIV-1-assoziierter neurologischer Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 030 - 044), Dezember 2020 Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung