Tripper (Gonorrhoe) – Einleitung

Gonorrhoe, umgangssprachlich auch Tripper genannt, ist eine sexuell übertragbare Infektionserkrankung, die hauptsächlich die Harnwege und Geschlechtsorgane betrifft. Die Erkrankung wird durch das gramnegative Bakterium Neisseria gonorrhoeae (Gonokokken) verursacht und kann sowohl akute als auch chronische Verläufe aufweisen. Gonorrhoe kann unbehandelt zu schweren Komplikationen wie Unfruchtbarkeit führen.

Synonyme und ICD-10: Clap; Gonokokken; ICD-10-GM A54.-: Gonokokkeninfektion

Charakteristische Laborbefunde

  • Mikrobiologischer Nachweis: Direkter Erregernachweis von Neisseria gonorrhoeae mittels Kultur oder Nukleinsäureamplifikationstest (NAAT) aus Abstrichen von Urethra (Harnröhre), Zervix (Gebärmutterhals), Pharynx (Rachen) oder Rektum (Mastdarm).
  • Leukozyturie: Erhöhte Anzahl von Leukozyten (weißen Blutkörperchen) im Urin, typisch bei Harnröhrenentzündung.
  • Erhöhte CRP-Werte: C-reaktives Protein, ein Marker für systemische Entzündungen, kann erhöht sein.

Formen der Erkrankung

  • Akute Phase
    • Männer: "Vordere Gonorrhoe" – vorwiegend akute Urethritis (Harnröhrenentzündung).
    • Frauen: "Untere Gonorrhoe" – Infektion des unteren Genitaltrakts (z. B. Cervicitis (Gebärmutterhalsentzündung), Vaginitis (Scheidenentzündung)).
  • Chronische Phase
    • Männer: "Hintere Gonorrhoe" – Infektion kann auf die Prostata und Samenbläschen übergreifen.
    • Frauen: "Obere Gonorrhoe" – Infektion des oberen Genitaltrakts (z. B. Endometritis (Gebärmutterschleimhautentzündung), Salpingitis (Eileiterentzündung)).
  • Neugeborenen Blenorrhoe (Ophthalmia neonatorum): Augenentzündung bei Neugeborenen durch Neisseria gonorrhoeae nach Infektion während der Geburt.

Ursachen

  • Primäre Ursache: Infektion mit Neisseria gonorrhoeae, meist durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen.
  • Co-Infektionen: Häufige gleichzeitige Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Erregern wie Chlamydien.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind in Europa etwa dreimal häufiger betroffen als Frauen, was teilweise auf eine hohe Prävalenz bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), zurückzuführen ist.

Häufigkeitsgipfel
: Vorwiegend bei jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren, wobei Frauen tendenziell jünger und Männer eher im mittleren Lebensalter (25-50 Jahre) betroffen sind.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Gonorrhoe ist weltweit die zweithäufigste sexuell übertragbare Infektion (STI).

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): In Europa liegt die Inzidenz bei etwa 12,6 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Die Anzahl bestätigter Fälle nimmt seit Jahren zu, insbesondere bei MSM.

Saisonale Häufung der Erkrankung
: Keine spezifischen saisonalen Unterschiede bekannt.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Neisseria gonorrhoeae (Gonokokken).

Erregerreservoir
: Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir für Neisseria gonorrhoeae.

Vorkommen
: Weltweit verbreitet, mit besonderer Häufung in Entwicklungsländern.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Ja, fast ausschließlich durch Geschlechtsverkehr.

Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers)
: Sehr hoch.

Übertragungsweg
: Primär genital, kann aber auch über den Pharynx (Rachen), das Rektum (Mastdarm) und die Konjunktiva (Bindehaut des Auges) übertragen werden.

Eintrittspforte
: Parenteral (Erreger dringen nicht über den Darm ein, sondern über die Geschlechtsorgane, den Rachen, das Rektum oder die Augen).

Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung)
: In der Regel 1-3 Tage, möglich sind auch 10-14 Tage.

Krankheitsdauer
: Variabel, abhängig von der Behandlung.

Dauer der Infektiosität
: Solange die Infektion unbehandelt bleibt, können Betroffene andere infizieren. Auch asymptomatische Infizierte sind ansteckend.

Erregerspezifische Immunität
: Die Erkrankung hinterlässt keine Immunität, eine erneute Infektion ist möglich.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Symptomloser Verlauf: Besonders bei Frauen bleibt die Erkrankung oft symptomlos, was die unbewusste Weiterverbreitung begünstigt.
  • Akute Symptome: Bei Männern äußert sich die Infektion häufig durch schmerzhafte Urethritis. Bei Frauen kann sie zu einer unteren Genitalinfektion führen.
  • Komplikationen: Unbehandelt kann die Gonorrhoe zu schwerwiegenden Komplikationen wie chronischer Beckenentzündung, Unfruchtbarkeit, ektopen Schwangerschaften (Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutterhöhle) und bei Männern zu Prostatitis (Prostataentzündung) oder Epididymitis (Nebenhodenentzündung) führen.
  • Langzeitfolgen: Eine chronische Infektion kann zu dauerhaften Schäden der Fortpflanzungsorgane führen.

Prognose

  • Therapie: Eine rechtzeitige und adäquate antibiotische Therapie führt in der Regel zu einer vollständigen Heilung. Aufgrund zunehmender Antibiotikaresistenzen (besonders gegen Azithromycin, Cefixim und Ceftriaxon) sind jedoch engmaschige Kontrollen und ggf. angepasste Therapien notwendig.
  • Immunität: Die Erkrankung hinterlässt keine Immunität; eine erneute Infektion ist möglich.
  • Partnertherapie: Zur Vermeidung von Rückfällen und weiterer Verbreitung sollte eine Diagnostik und Therapie der Sexualpartner und -partnerinnen erfolgen.

Eine Schutzimpfung gegen Gonorrhoe steht bislang nicht zur Verfügung.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig.

Seit 01.03.2020 ist der Nachweis von Infektionen mit Neisseria gonorrhoeae mit verminderter Empfindlichkeit und Resistenz gegenüber Azithromycin, Cefixim oder Ceftriaxon gemäß §7 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) meldepflichtig (www.rki.de/gonorrhoe).

Leitlinien

  1. Tiplica GS et al.: 2015 European guidelines for the management of partners of persons with sexually transmitted infections. JEADV 2015; online 7. Mai 2015
  2. WHO Guidelines for the Treatment of Neisseria gonorrhoeae. ISBN 978 92 4 154969 1 (NLM classification: WC 150) © World Health Organization 2016
  3. S2k-Leitlinie: Sexuell übertragbare Infektionen (STI) - Beratung, Diagnostik, Therapie. (AWMF-Registernummer: 059 - 006), August 2018 Langfassung
  4. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Gonorrhoe. (AWMF-Registernummer: 059-004), Dezember 2018 Langfassung
  5. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung