Giardiasis – Einleitung
Die Giardiasis ist eine Infektion des Dünndarms, die durch den einzelligen Parasiten Giardia lamblia (auch bekannt als Giardia duodenalis oder Giardia intestinalis) verursacht wird. Die Infektion kann sowohl akut als auch chronisch verlaufen und führt häufig zu Durchfällen (Diarrhoe), die unbehandelt über Monate bis Jahre andauern können.
Synonyme und ICD-10: Lambliasis; Synonyme: Diarrhoe durch Giardia intestinalis; Diarrhoe durch Giardia lamblia; Diarrhoe durch Lamblia intestinalis; Infektion durch Giardia lamblia; Infektion durch Lamblia intestinalis; Lambliasis; Lamblien-Enteritis; Lambliose; Lamblienruhr; ICD-10-GM A07.1: Giardiasis [Lambliasis]
Giardia lamblia ist ein Protozoon (Einzeller).
Die Erkrankung zählt zu den parasitären Zoonosen (Tierseuchen).
Charakteristische Laborbefunde
- Mikroskopischer Nachweis: Direkter Nachweis von Giardia lamblia-Zysten oder Trophozoiten (aktive Stadien des Parasiten) im Stuhl.
- Antigen-Nachweis: Stuhltest zum Nachweis von Giardia-Antigenen, die durch den Parasiten produziert werden.
- PCR-Test: Molekulare Diagnostik zur Identifizierung von Giardia lamblia-DNA im Stuhl.
Formen der Erkrankung
- Akute Giardiasis: Gekennzeichnet durch plötzliche wässrige Diarrhoe, Übelkeit, Bauchschmerzen und gelegentlich Fieber.
- Chronische Giardiasis: Lang andauernde, rezidivierende Durchfälle, begleitet von Oberbauchschmerzen, Blähungen (Meteorismus) und Gewichtsverlust. Kann zu Malabsorptionssyndromen (gestörte Aufnahme von Substraten aus dem Darm) führen.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen, insbesondere bei Kindern im ersten Lebensjahr.
Häufigkeitsgipfel: Ein Altersgipfel liegt im Kindes- und Jugendalter, insbesondere bei Kindern im Alter von 1 bis 4 Jahren. Ein zweiter Häufigkeitsgipfel tritt bei Erwachsenen zwischen 20 und 49 Jahren auf.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Weltweit verbreitet, besonders häufig in tropischen und subtropischen Regionen sowie in Ländern mit niedrigeren Hygienestandards.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): In Deutschland beträgt die Inzidenz etwa 5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
Saisonale Häufung der Erkrankung: Keine spezifischen saisonalen Schwankungen beobachtet.
Infektionsepidemiologie
Erreger: Giardia lamblia (auch Giardia duodenalis, Giardia intestinalis).
Erregerreservoir: Mensch, Rinder und Haustiere (Hunde).
Vorkommen: Weltweit verbreitet, besonders häufig in südlichen Ländern. In Deutschland tritt die Erkrankung häufig bei Urlaubsrückkehrern auf.
Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Ja, insbesondere in Haushalten und Gemeinschaftseinrichtungen.
Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Moderat bis hoch, besonders bei unzureichender Hygiene.
Übertragungsweg: Fäkal-oral, durch kontaminiertes Wasser, Lebensmittel oder direkten Kontakt.
Eintrittspforte: Oral, durch Aufnahme kontaminierter Nahrung oder Wasser.
Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): In der Regel 7-10 Tage.
Krankheitsdauer: Unbehandelt kann die Erkrankung mehrere Monate bis Jahre andauern, oft mit Übergang in eine chronische Form.
Dauer der Infektiosität: Solange Zysten ausgeschieden werden, besteht Ansteckungsgefahr. Besonders in den ersten Wochen der Infektion ist die Infektiosität hoch.
Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): In endemischen Gebieten häufig, in Deutschland weniger verbreitet.
Erregerspezifische Immunität: Teilweise Immunität nach Infektion, jedoch sind Reinfektionen möglich.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Akuter Verlauf: Häufig plötzlicher Beginn mit wässrigen Durchfällen, Übelkeit und Bauchschmerzen. Ohne Behandlung kann die Infektion chronisch werden.
- Chronischer Verlauf: Wiederkehrende, lang andauernde Durchfälle, begleitet von Gewichtsverlust und Blähungen. Malabsorption und Nährstoffmängel können auftreten.
Prognose
- Spontanverlauf: In einigen Fällen kann die Infektion asymptomatisch verlaufen oder spontan abklingen.
- Therapie: Bei adäquater antiparasitärer Therapie (z. B. Metronidazol) ist die Prognose gut, und die meisten Patienten erholen sich vollständig.
- Komplikationen: Ohne Behandlung kann es zu einer chronischen Diarrhoe und Malabsorptionssyndromen kommen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen.
- Rezidivrisiko: Besteht insbesondere bei unzureichender Therapie oder Reexposition zu kontaminierten Quellen.
In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) bei Erregernachweis in Kombination mit einer akuten Infektion meldepflichtig.
Erkrankte Personen dürfen nicht in Betrieben arbeiten, die mit Lebensmitteln oder Trinkwasser arbeiten.
Infizierte Kinder, die jünger als sechs Jahre alt sind, dürfen erst wieder Gemeinschaftseinrichtungen besuchen, wenn eine Weiterverbreitung ausgeschlossen ist.